Köln – Am 1. September 2022 übernimmt Hein Mulders die Intendanz der Oper Köln. Der Hauptausschuss folgte damit dem Vorschlag von Oberbürgermeisterin Henriette Reker als Leiterin der Findungskommission. Reker sah bei der Pressekonferenz an diesem Dienstag „in dieser guten Entscheidung enorme Auswirkungen für Köln als Stadt im Herzen Europas“, genauer: „auf die Strahlkraft der Kulturszene in Köln“.
Die OB lobte den Niederländer als „klugen Kulturmanager mit viel Führungserfahrung“, einen „gut vernetzten, international geschulten und weltoffenen Geist“. Letzterer erklärte in souveräner Selbstdarstellung: „Ich kann nur rot werden, nach all diesem Lob“ und äußerte sich dann zu diversen Themen.
Die Anfänge
„Ich bin als Opernmensch groß geworden, nachdem ich mein Studium der Kunstgeschichte in Paris und Amsterdam beendet hatte.“ Schon während des Studiums habe er bemerkt, „dass Herz und Seele eher für die Musik schlagen“. Erster Job war eine Agentur, wo er die Sängerbesetzungen vornahm, „schließlich aber wollte ich dort sein, wo das Produkt gemacht wird und nicht in der Vermittlung“. Und nach elf Jahren als Casting-Chef der Flämischen Oper Antwerpen „ist dies meine Leidenschaft und Expertise – die Suche nach den richtigen Sängern“.
Der Essener Job
„Vor zehn Jahren, ich war gerade als Direktor der Oper Amsterdam in einer Jury in Barcelona, wurde ich gefragt, ob ich in Essen drei Sparten leiten wollte. Ich dachte: Wow, ein Angebot, das man nicht ablehnen kann: Ein Opernhaus, ein Orchester und ein Weltklasse-Konzerthaus zu führen.“ Er habe diese drei Jobs mit großer Leidenschaft ausgeübt, „doch vor einigen Monaten stand ich dann auf der Shortlist in Köln“.
Motiv des Wechsels
„Ich hatte in Essen mit diesen Aufgaben schon das Gefühl, ständig zwischen großen Institutionen hin- und herzurennen. Und mein Ding ist Oper.“ Er rühmt die Ausstrahlung Kölns – und „die Chance, mich wieder in der Tiefe meiner großen Leidenschaft zu widmen“.
Sportlicher Schritt
Er habe in Essen für die kommenden zwei Spielzeiten alles pandemiegerecht geplant. „Aber in Köln muss noch viel passieren für 2022/23. Es ist also ein sportlicher Schritt.“ Mulders erklärt, in der Findungskommission hätten „Kollegen und Freunde von mir“ gesessen, „die mir aber Feuer an die Füße gelegt haben, um herauszukriegen, ob ich dieses Postens würdig bin“.
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Er folge nun wieder einem Angebot, „das man nicht ablehnen kann“. Natürlich werde er sich eine Wohnung in Köln suchen, um die Stadt kennenzulernen. Dies, so lautete eine Frage, habe François-Xavier Roth ja nicht getan... Dazu Mulders: „Für mich ist nicht so interessant, wie oft er da ist, sondern, dass er wirklich da ist, wenn er in Köln ist. Das ist bei ihm der Fall.“
Leichte Muse?
„Musical ist nicht so mein Ding, wir haben 400 Jahre Operngeschichte mit einem sehr breiten Spektrum. Bei Operetten bin ich nicht der große Crack, habe dies aber in Essen gelegentlich gemacht.“
Eigene Handschrift
„Ich bin sehr breit aufgestellt, mag es, starke Regietheaterkonzepte zu bringen, aber auch klassische Formen, wenn sie gut gemacht sind.“ Er sieht im französischen Repertoire „durchaus noch Luft nach oben“. Er wolle „zuerst möglichst viele Regienamen bringen, sowohl Newcomer wie Altmeister“. Als er nach Essen kam, hatte Dietrich Hilsdorf dort 19 Produktionen inszeniert, „und ich habe dann erst mal sieben Jahre Pause gemacht, bevor ich ihm die 20. Arbeit gegeben habe. Diversität ist mir auch bei den Gastdirigenten wichtig.“
Kompetenzen
Über Gastdirigenten entscheidet aber laut Vertrag der Generalmusikdirektor. „Ich habe mich mit François-Xavier Roth schon ausgetauscht. Es klickt zwischen uns, und diese Frage ist eigentlich kein Thema. Wir haben beide unsere Kompetenzen. Der autokratische Intendant ist längst Vergangenheit, und ich habe mich in Amsterdam und Essen immer mit den Partnern abgestimmt.“ Natürlich gebe es Beispiele für große Kräche zwischen Dirigenten und Intendanten, aber die habe er in 30 Jahren vermieden, „weil man eben wissen muss, wie ein Dirigent tickt. Man kann im Vorfeld als Intendant viel dafür tun, damit die Ehe zwischen Szenischem und Musikalischem funktioniert.“
Die Baustelle
„Das ist eine Herausforderung, die ich annehme, um das Staatenhaus hoffentlich nur noch zwei Jahre zu bespielen. Da bieten sich viele Möglichkeiten. Aber dann reizt mich natürlich die Aufgabe, dem neuen Haus Strahlkraft zu geben“ und das womöglich im überlangen Interim verlorene Publikum zurückzugewinnen. Auch mit Schauspiel und Divertissementchen wolle er zusammenarbeiten, „damit es wieder ein pochendes Herz am Offenbachplatz gibt“.
Die Belegschaft
„Es ist nicht meine Absicht, hier einen personellen Kahlschlag zu machen. In Essen habe ich im Ensemble moderate Änderungen vorgenommen, aber für die Menschen hinter der Bühne gilt: Wer bin ich, um da die Hälfte der Belegschaft wegzuschicken?“