Köln – Wo Björn Heuser singt, fließt das Kölsch meist in Strömen. Das Gaffel am Dom ist so etwas wie sein zweites Wohnzimmer geworden, seit 14 Jahren zupft er hier jeden Freitag die kölschen Gassenhauer – und Touristen wie Einheimische versuchen mitzusingen. In der Arena hält er den Zuschauerrekord, sein Mitsingkonzert ist inzwischen eine feste Institution im Veranstaltungskalender von Deutschlands größter Halle. Das ist die populäre, die volksnahe Facette des kölschen Musikers.Mit seinem zehnten Studioalbum entführt Björn Heuser seine Zuhörer ins „Cafè Schmitz“, einer Institution am Eigelstein.
Zehntes Studioalbum von Björn Heuser kommt als Schallplatte
Koffeinhaltige Heißgetränke statt kühles Obergäriges. Das Album ist in diesem Fall eine richtige Schallplatte, also etwas für musikalische Feinschmecker und Freunde haptischer Erlebnisse. Einen „Traum“ habe er sich damit erfüllt, sagt er. Das Klappcover führt ins Innere des Cafés, Heuser sitzt als Fotomontage an vier Tischen, mal hält er im blütenweißen Hemd ein Glas Rotwein in der Hand, mal sitzt er vor einem Buch, mal trinkt er Espresso – nur die Boulevardzeitung in seiner Hand ist zwar echter Stilbruch, wohl aber auch Zeichen der kölschen Eigenart, die Heuser nie ablegen wird. Weil er es nicht will.
Nach „Zeit es Jlöck“ (2017) präsentiert Björn Heuser erneut ein sehr persönliches Werk, elf Stücke, die allesamt während der Pandemie entstanden sind. Im Februar hat Heuser seinen 40. Geburtstag gefeiert, nun zieht er ein wenig Bilanz und stellt fest „och em nächste Levve will ich keine andre sin“. Er spricht von musikalischem „Gesamtkunstwerk“, bei dem die aktuelle Platte eine wichtige Rolle spielt.
Im Grunde ist das Album ein weiterer Mosaikstein im Gesamtbild des Künstlers Björn Heuser. Des nachdenklichen Liedermachers. „Mir ist es wichtig, stärker als Liedermacher wahrgenommen zu werden“, stellt er fest. Heuser findet es „schade“, von vielen Menschen als kölscher Covermusiker wahrgenommen zu werden, der sein Geld mit den Liedern anderer Leute verdient.
Dass ihm das nicht gerecht wird, beweist er durch Lieder wie „Kölle singt“ oder dem Liebeslied „Diamante“, dem letzten Song vor seiner Stimmband-Operation, die je nach Verlauf auch sein Karriereende hätte bedeuten können, wie er rückblickend feststellt. Die Nummer „Do un ich“ hat er auf einer Bank vor der Uniklinik geschrieben – ein letzter Gruß an seinen vor zwei Jahren an Krebs gestorbenen Vater, „ein Lied, das ich für die Aufnahme nur ein einziges Mal gesungen habe“, erzählt er.
Falsche Prioritäten: Pandemie hat Björn Heuser nachdenklich gemacht
Nicht nur der runde Geburtstag hat Heusers Nachdenklichkeits-Maschinerie angeworfen, auch die Pandemie. „Erst durch die gewonnene Zeit habe ich gemerkt, wie ich vorher jahrelang Prioritäten gesetzt habe, ohne darüber nachzudenken“, sagt er. „Erfüllung und Zufriedenheit“ sollen die neuen Leitplanken seines Handelns sein. „Will ich als der in Erinnerung bleiben, der nie Zeit für Freunde hatte?“, fragt er rhetorisch.
Das Lied „Sunnesching“ symbolisiert die musikalische Tiefgründigkeit, „wer em Rään nit met dir danz, weed och em Sturm nit bei dir sin“, singt er bildgewaltig. Nicht alle Songs können da mithalten, mitunter verirren sich auch klassische Postkartensprüche in seinen Texten. „Wenn et Levve dir Zitrone jitt, dann mach doruss en Limo“ singt er in „Loss et erus“.
Bei „Spökes“ darf ganz zum Schluss sogar sein Sohn Benjamin mitsingen. Sehnsuchtsvoll wünscht er sich in „Veezich Winter“, „ich däät jään durch ding Aure luure, mit dinge Häng ens föhle, op dinger Fööss ens jonn – also einmal in die Haut seines Sohnes zu schlüpfen und die Welt mit Kinderaugen zu sehen. Melancholie gehört zur Grundausstattung mehrerer Nummern.
„Ausflüge für die Seele“ sollen seine Lieder sein. Vor allem sind sie authentisch, und es wirkt durchaus sympathisch, wenn sich Heuser selbst als „kleine Leuchte“ am musikalischen Himmel bezeichnet.
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Musikalisch ist die Platte stringent, obwohl die Lieder pandemiebedingt nicht kompakt im Studio aufgenommen werden konnten, sondern häppchenweise eingespielt wurden – einen Streichersatz ließ Heuser von Orchestermusikern aus Los Angeles einspielen. Die Affinität zu Countryklängen wird wie schon beim Album „Kopp voll Dräum“ hörbar, damals hatte sich Heuser mit einer Studioaufnahme in Nashville ebenfalls einen musikalischen Traum erfüllt.