Köln – 1985 wird Michail Gorbatschow Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. In Wimbledon gewinnt Boris Becker als jüngster Tennisspieler aller Zeiten das Grand-Slam-Turnier. Und eine norwegische Band veröffentlicht bei der Plattenfirma WEA ihr erstes Album. „Hunting High and Low“ begründete den Weltruhm von a-ha und hat sich, als erfolgreichstes Album der Synthiepopper, bis heute mehr als 10 Millionen Mal verkauft.
„Wir dachten, dass wir hier sein würden – das ist jetzt fast zwei Jahre her“, sagt Sänger Morten Harket nun in der Lanxess Arena. Auch den Norwegern machte Corona, wie so vielen Künstlern, einen Strich durch die Rechnung. Die Tour zum 35. Jubiläum der Superscheibe musste zweimal verschoben werden. Aber jetzt sind a-ha endlich hier.
Opulente Bilderwelten
Das temporäre Problem, einen Geburtstag zu feiern, der eigentlich längst vorbei ist, löst sich angesichts der Begeisterung von 10 000 Fans in Luft auf. Viele von ihnen sind mit Harket, Gitarrist Pal-Waaktaar-Savoy und Keyboarder Magne Furuholmen gereift. Es ist der Zeitgeist der 1980er den sie beschwören wollen und eine Jugend, die sich damals nicht vorstellen konnte, jemals irgendwann 62, 60 oder 59 Jahre alt zu sein.
Album im Herbst
Mit „Forest fort he Trees“ und „You Have What It Takes“ stellen a-ha zwei neue Stücke vom Album “True North“ vor, das für Herbst geplant ist. Teil des Projekts, bei dem es um das Zusammenspiel von Mensch und Natur geht, ist ein Film, der in Nordnorwegen gedreht wurde und eine Hommage an die Heimat der Band ist. Auch ihre schneebedeckten Gipfel sind vom Klimawandel bedroht.
Aber auch Jüngere, und noch viel Jüngere, gibt es im Publikum. Für sie sind „Scoundrel Days“ oder „The Living Daylights“ vom ersten Teil der Setliste stehen, kultiger Retro – oder einfach nur wohl vertraute Klangkosmen, weil sie immer auf den CD-Playern ihrer Eltern liefen. Die Licht- und Bildregie schafft opulente Bilderwelten, lavarot glüht die narbige Oberfläche eines Planeten, eine Blätterflut bildet einen Korridor mit Sogwirkung, zwischen den Miniaturen von Schaufensterpuppen und filigranen Kapitellen öffnet sich ein geheimnisvolles grünes Portal. Unterstützt von drei weiteren
Geschichten aus Londoner Zeit fehlten
Musikern präsentiert das Trio ein professionell gemachtes Programm in umarrangierter, fülligerer Form. Dem man allenfalls vorwerfen kann, dass Geschichten, die mit „Damals, als wir…“ anfangen, komplett fehlen. Etwas von der Zeit zu erfahren, als a-ha nach London gingen, dort ihre ersten Demos aufnahmen und schließlich mit „Hunting High and Low“ ins Studio gingen, wäre schön gewesen.
Aber Harket war nie ein Mann der vielen Worte. Lieber lässt er seine Stimme strahlen (was sie immer noch kann, partiell nicht ganz auf alter Höhe) und überprüft, ob die Monitore auch richtig in den Ohrmuscheln sitzen.
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Während die Fans im bestuhlten Innenraum gleich zu Beginn von ihren Plätzen aufspringen, braucht es auf den Rängen länger. Aber nach der Pause, im zweiten Teil des Abends, der dem Geburtstagsalbum gewidmet ist, das in Gänze gespielt wird, gibt es auch hier kein Halten mehr.
„Take On Me“ als Konzert-Höhepunkt
Aus dramaturgischen Gründen, und insofern nachvollziehbar, wird auf die Original-Reihenfolge verzichtet. Mit „Hunting High and Low“und „The Sun Always Shines On TV“ strebt das Jubiläumskonzert seinem Höhepunkt entgegen: „Take On Me“.
Das Stück, das den Sound von a-ha so auf den Punkt bringt, wie kein anderes: mit seinem markanten Synthie-Ding-Ding-Ding, dem sirrenden Tempo und einem Timbre, in dem sich Sehnsucht mit Verletzlichkeit mischt.
Dazu gibt es Ausschnitte aus dem Original-Video, das als Mischung aus Cartoons und Realbildern bis heute Furore macht: bei YouTube sprengte es letztes Jahr die Milliardenmarke. Womit sich der Kreis zum Film schließt, der gezeigt wird: sein Schöpfer Michael Patterson war einer der Illustratoren für die „Take On Me“-Animation.