Köln –
Das obere Foyer des Senftöpfchens hat sich in eine Gedenkstätte verwandelt. Fotos von Fred und Alexandra Kassen mit „ihren“ Künstlern dokumentieren 60 Jahre Theatergeschichte, zarte Hütchen schweben an Schnüren von der Decke – sie waren das Markenzeichen der 2017 verstorbenen Prinzipalin.
Seit 2011 leitet ihre Tochter Alexandra Franziska die Kleinkunstbühne. Und richtet mit vielen Weggefährten vom 9. bis 16. September eine Jubiläums-Festwoche aus. Dazu gehören Robert Kreis, Konrad Beikircher, Sissi Perlinger und Georgette Dee ebenso wie Erika Pluhar (siehe Infokasten).
Im Theater aufgewachsen
„Sie sollte eigentlich mit Werner Schneyder zusammen auftreten, doch der ist leider am 2. März 2019 gestorben – zwei Tage nach Erikas 80. Geburtstag“, bedauert Kassen. „Ich wollte gern noch mal die Leute zusammen bringen, die unserem Haus seit Jahrzehnten verbunden sind.“
Jubelwoche
Zum Auftakt der Jubiläumswoche spielt am 9.9., 19 Uhr die Swingband The Cool Cats. Die folgenden Abende werden bestritten von Robert Kreis (10.9.), Konrad Beikircher (11.9.) , den Bläck Fööss (12.9.), Sissi Perlinger (13.9.), Georgette Dee (14.9.), Christine Westermann (15.9.) und last but not least, Erika Pluhar (16.9.). Der Vorverkauf hat begonnen, Karten-Tel. 0221/2581058. Mehr Infos unter www.senftoepfchen-theater.de. (eb)
Dass sie mal die Leitung übernehmen würde, wurde ihr in ihrem Geburtsjahr 1956 nicht an der Wiege gesungen. Sie kann sich noch gut an die Anfangsjahre des Theaters in der Pipinstraße erinnern: „Ich fuhr immer mit meinem Dreirädchen über den langen Flur bis zur Bühne“. Der Tod ihres Vaters, des Senftöpfchen-Gründers Fred Kassen, traf das „Papakind“ 1972 tief. Und am Beispiel ihrer Mutter sah sie in der Folgezeit, wie viel Kraft und Energie für den Fortbestand der Kleinkunstbühne erforderlich war. „Et Hötje“ wurde darüber zur Legende...
Nur beruflich immer einer Meinung
Alexandra Franziska studierte also erst mal Germanistik in Bonn, ließ sich zur Archivarin ausbilden, arbeitete als solche bei der Zeitung „Welt“. Und dann ab 1990 auch mit im Theater, das 1986 in die Große Neugasse 2-4 umgezogen war. „Künstlerisch gingen meine Mutter und ich immer konform; privat war es nicht ganz einfach “, sagt sie ehrlich.
Alexandra Franziska Kassen ist sich klar darüber, dass „die fetten Jahre der 1980er, 1990er vorbei sind, als prominente Solokünstler das Haus an fünf Abenden in Folge füllen konnten. Heute haben wir etwa 27 000 Besucher pro Jahr. Ohne den Förderverein könnten wir nicht existieren!“ Die rund 530 Mitglieder bringen sich nicht nur mit ihren Spenden, sondern auch als „menschliche Werbeträger“ ein, indem sie die Veranstaltungen bekannt machen.
Neben bekannten Künstlern auch neue Talente
Darüber hinaus kann sich die Hausherrin auf kompetente Mitarbeiter stützen: Die Programmleitung liegt in den Händen der jungen Nadine Cherubini; Martina Bublitz-Schulz (Verwaltung) und der charmante Italiener Franco Pierri (Service) sind seit Jahrzehnten mit an Bord. „Ich würde gern die Gastronomie stärker ausbauen, aber dafür fehlt der Platz“, bedauert Kassen.
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Natürlich muss sie neben den bekannten Künstlern immer wieder neue Talente präsentieren, um auch ein jüngeres Publikum anzusprechen. Dazu gehören etwa die Comedians Lisa Eckhart, Christine Eixenberger und Quichotte, der kölsche Krätzjessänger Philipp nebel und der Liedermacher Matthias ningel.
„Wir sind ,retro' mit Herz und Leidenschaft!“
Der Musik-Literat Oliver Steller (am 17.8. Mit einem Robert-Gernhardt-Abend im Senftöpfchen) hat auch Kinderprogramme im Gepäck – „diesen Bereich wollen wir weiter ausbauen“, sagt Kassen. Außerdem tauscht sie sich gern mit ihren Bonner Kollegen vom „Pantheon“ und der „Springmaus“ aus, schaut sich Gastspiele von ihr noch unbekannten Künstlern an.
Und jeder, der die kleine Kölner Bühne zum ersten Mal betritt, ist begeistert. „Alle lieben die intime Atmosphäre des Senftöpfchens, das wir ,unsere Insel' nennen“, sagt Kassen. „Bei uns sind sich Künstler und Publikum unglaublich nah. Diese Besonderheit transportiert Wärme, Emotion, Individualität – wir sind ,retro' mit Herz und Leidenschaft!“
Seit kurzem wird die Chefin im Bereich Social Media (das Senftöpfchen ist auf Instagram und bei Facebook) von ihrer 20-jährigen Tochter Antonia unterstützt. Wächst hier die nächste Direktorin heran? „Da dränge ich sie nicht hinein!“ lacht die Mutter. „Zumal sie ja das halbe Jahr über auf den Philippinen bei einem Öko-Projekt mitarbeitet. Wir können ja in zehn Jahren noch mal darüber sprechen ...“