Zwei Kölner Brüder und ihre ProduktionsfirmaFilmemachen als idealer Mannschaftssport
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Köln – In Köln fällt ständig die Klappe. Unzählige Firmen produzieren Filme für Kino und Fernsehen. In der heutigen Folge unserer neuen Serie „Abgedreht“ stellt Susanne Schramm die Brüder Lutz und Peter Heineking mit ihrer Firma „eitelsonnenschein“ vor.
Früher roch es hier nach gebranntem Zucker. Nach Eukalyptus, Pfefferminze, Schokolade und Mandeln. Bis Anfang der 1970er stellte am Niehler Kirchweg 128 Zuckerwarenfabrikant Richard Edel Drops, Dragees und Toffees her. Das Firmenlogo zeigte, klassisch Rot-Weiß, ein Heinzelmännchen. Heute riecht es hier – nach Kreativität. Wobei die Enkel des Bonbonherstellers, Lutz und Peter Heineking, in ihrem Stadtteil genauso stark verwurzelt sind, wie es ihr Opa war. Auch wenn sie statt Kamelle hier Filme produzieren.
2005 haben die Brüder ihre Filmproduktionsfirma „eitelsonnenschein“ gegründet. Als GmbH, in der der Ältere, der heute 44-jährige Lutz, den kreativen Part übernimmt. Und der Jüngere, der heute 40-jährige Peter, fürs Kaufmännische zuständig ist. „Ich glaube, dass der eine das Künstlerische und der andere das vermeintlich Seriöse macht, sind Rollen, in die wir uns selbst rein gefrachtet haben“, sagt Lutz Heineking jr..
Während er bereits mit 15 wusste, dass er Regisseur werden wollte, an Filmhochschulen in New York und in London studierte und später noch an der Kunsthochschule für Medien Köln, spielte sein Bruder lieber Fußball und schrieb sich für ein Betriebswirtschaftsstudium an der Kölner FH ein.
Grimme-Preis-Nominierung, Web-Serie und Musikvideos
Den Namen „eitelsonnenschein“ hatte sich der ältere Heineking bereits 2003 gesichert: „für ein Künstlerkollektiv, das Liebeslyrik mit klassischen Medien verband“. Aufhorchen lässt die „ironisch-harmonische“ Wortkombination bis heute. Wobei sie nun für eine Firma mit 15 festen und zeitweise bis zu 80 freien Mitarbeitern steht. Mit Lutz (Regisseur und Creative Director) und Peter (Geschäftsführer und Head of Commercial) Heineking als Doppelspitze. Ihr Motto: „Wir finanzieren mit Werbung Kunst“.
So drehen sie beispielsweise Spots für „Das Erste“, Musikvideos für Fortuna Ehrenfeld oder rücken die Deutsche Fussball Liga (DFL) ins rechte Licht, um dadurch Doku-Serien mit fiktiven Elemente zu ermöglichen. Wie „Endlich deutsch“, in Koproduktion mit dem WDR, wo es um Menschen ging, die einen Einbürgerungskurs besuchen. Was so hintergründig gelang, dass es dafür eine Grimme-Preis-Nominierung gab.
Die Web-Serie „World of Wolfram“, die die virtuelle Fantasy-Spiel-Ebene mit dem Alltag eines Jungen vermischt. Oder die realsatirische Serie „Andere Eltern“ (siehe Kasten).
Die Scheibe des Konferenzraums von „eitelsonnenschein“ ziert ein Zitat des US-amerikanischen Schauspielers Michael Keaton: „Filmmaking ist the ultimative Team Sport“ (Filmemachen ist der ultimative Mannschaftssport). Der für die Heinekings am besten läuft, wenn alle im Team frei denken können (und dürfen): „Nur so wird Kreativität möglich.“
Der Serienerfolg „Andere Eltern“
Zurzeit dreht Lutz Heineking jr. die zweite Staffel von „Andere Eltern“. Die erste Staffel mit sieben Folgen lief ab 19. März auf dem Bezahlsender TNT Comedy. In der fiktiven Doku geht es um vier Paare, die eine eigene KiTa gründen. Einig sind sich Yoga-Lehrerin Nina (Lavinia Wilson), Hausmann Björn (Serkan Kaya) und ihre Mitstreiter nur in einem: Das Schlimmste für Eltern sind „Andere Eltern“. Den Schauspielern gibt der Regisseur lediglich so genannte „Character Sheets“ an die Hand, in denen die Figuren umrissen werden. Ansonsten ist Improvisation gefragt, was reichlich Chancen für Situationskomik bietet. „Andere Eltern“ spielt im Heimat-Veedel der Heinekings, in Nippes. Songs von den Bläck Fööss oder Kasalla sowie die Schauplätze garantieren Lokalkolorit. Die zweite Staffel läuft im ersten Halbjahr 2020. (sus)
Viel Unterstützung von der Familie
Etwas, das sie früh gelernt haben: „Obwohl wir einem eher konservativen Haushalt entstammen, hatten unsere Eltern einen total freien Kopf. Wir sind nie zu etwas gezwungen und bei allem, was wir machen wollten, gefördert und unterstützt worden.“ So stand ihnen der inzwischen verstorbene Vater Lutz Heineking sen. zur Seite, als es daran ging, eine GmbH zu gründen. Und Mutter Ingrid nimmt bis heute an allem regen Anteil, was ihre Söhne filmisch auf die Beine stellen: „Unsere Mutter ist die Supermutter. Ihre unendliche Liebe hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind.“ Klingt ganz nach einem Familienbetrieb wie dem von Opa Richard. Aber herrscht unter den Brüdern auch immer nur „eitelsonnenschein“?
„Wir sind uns sehr vertraut, und wir haben auch großes Vertrauen zueinander – Blut ist dicker als Wasser“, sagt Peter Heineking, „das hat uns viel geholfen, besonders in unseren Anfangsjahren. Aber gerade weil man sich so gut kennt, wird man auch schneller emotional.“ „Ja. Man ist schneller genervt voneinander“, stimmt Bruder Lutz zu, „aber das Vertrauen ist wirklich sehr groß. Der Peter legt mir was vor – und ich unterschreib' das blind.“
Sie fühlen sich als gleichberechtigte Partner in der Firma. Die sich, unabhängig von ihren arbeitsteiligen Rollen, auch gut ergänzen: „Oftmals hat der Peter die besseren Ideen, und ich bin besser mit Zahlen – und umgekehrt.“
Während der Ältere tagsüber dreht und abends, oft bis in die Nacht herein, schneidet, hat der Jüngere, inzwischen verheiratet und Vater, geregeltere Arbeitszeiten: „Ich verschwinde mit dem Beiboot, Peter sorgt dafür, dass das große Schiff weiterfährt.“ Trotz allem Stress und aller Hektik: Zeit für zwei Dinge muss sein. Einmal im Jahr verreisen die Heinekings mit Mutter Ingrid. Und ein zweites Mal miteinander. Kein Sonnenschein ohne Muße.