Köln – Es sieht so aus, als hätten sich die Rolling Stones angekündigt und Corona gehöre der Vergangenheit an. Eine lange Autoschlange windet sich hin zur Lanxess-Arena. Dicht an dicht. Blech an Blech. Jedoch, die Stones treten nicht auf. Und Corona ist beileibe noch nicht vorbei. Darum ist das Ziel der zahlreichen Autofahrer auch nicht eigentlich die Arena, sondern das davor stehende Zelt des Impfzentrums. Am Montag hat es seinen Betrieb aufgenommen. Und die Impfenden können sich über mangelnde Nachfrage nicht beschweren. Spritzen wie am Fließband.
Wüst und Reker kommen zur Eröffnung nach Deutz
Zwei der ersten Besucher des Impfzentrums brauchten sich nicht hinten anstellen: Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. In Zeiten, in denen die Inzidenzzahl wieder in ungeahnte Höhen schießt, soll medienwirksame Unterstützung fürs Impfen werben. Doch ein Blick über die Rampe hinter der Constantinstraße hoch zur Arena lässt vermuten, es benötigt keine Werbung.
„Wir brauchen dort noch mehr Leute“, ruft ein Koordinator über die Köpfe der Helfer hinweg. „Die Autos stauen sich zu weit zurück.“ Am ersten Tag des neuen Impfenzentrums sind noch nicht alle Abläufe sattelfest.
6 Monate sollen bei einer Impfung mit dem Vakzin von Biontech bis zur dritten Impfung vergehen. Auf den Tag festgelegt ist das jedoch nicht, eine klare Richtlinie der Ständigen Impfkommission (Stiko) gibt es nicht. Bei den Impfstellen der Stadt entscheiden daher jedes Mal die diensthabenden Ärzte, die von der Kassenärztlichen Vereinigung geschickt werden. Die Stadt vermeidet daher eine eigene klare Regelung. Auf Aushängen wird bei einigen mobilen Impfstationen ein Datum angeschlagen, vor dem die Zweitimpfung liegen muss. Vor allem bei Menschen mit Vorerkrankung dürfen Ärzte die sechs Monate auch unterschreiten.
Für Radfahrer richtet die Stadt am Freitag bei der „Critical Mass Cologne“ eine Impfaktion aus. Damit reagiert die Stadt auf Kritik, weil an der Arena bislang nur Autofahrer Impftermine vereinbaren können.
331,3 beträgt Inzidenz in Köln, innerhalb eines Tages stieg der Wert um 30 Punkte an und hat den nächsten Höchststand erreicht. Am Montag wurden 558 neue Infektionen gemeldet.
In Kitas hat sich die Lage verschärft. 198 Kita-Kinder sind infiziert, bei den Schulen stagniert der Wert, betroffen sind 1018 Schüler. (tho)
Dennoch läuft es schon wie am Schnürchen. Noch auf der Rampe stehend scannen Mitarbeiter im städtischen Auftrag die Anmeldungsunterlagen der zu Impfenden. Es wird ihnen schon einmal die Nummer ihrer Kabine gesagt, in der sie die Spritze erhalten sollen. Oben, an der Südwestseite der Arena angekommen, sind provisorisch rund 40 Parkplätze eingezeichnet. Alle paar Meter steht ein Koordinator und Einweiser. Die Ankommenden werden direkt auf einen Stellplatz gelotst. Wagentür auf. Ran ans Zelt. Ist die vorab genannte Kabine noch nicht frei, dafür aber schon eine andere der insgesamt elf Kabinen, leiten die davor stehenden Koordinatoren die Impfanwärter sogleich um. An anderer Stelle fliegen Kabinentüren wieder auf. Ein frisch geimpfter tritt ins Freie. Ab ins Auto. Und weg. Es geht zu wie im Taubenschlag.
Nicht alle kommen aus Köln zum Impftermin
Längst nicht jedes Auto trägt ein Kölner Nummernschild. Immer wieder reihen sich Bergisch Gladbacher oder auch andere „Umländer“ in die Schlange ein. Und wer sitzt drin in den Autos? Überwiegend sind es Jahrgänge, die vermuten lassen, das Gros kommt für die Booster-Impfung. „Das bestätigt unsere Erfahrung aus den mobilen Impfangeboten und den Impfungen im Gesundheitsamt in den vergangenen Tagen“, sagt eine Stadtsprecher. Auch dabei habe es sich zumeist um den Booster-Piks gehandelt.
Eine ältere Dame bestätigt: „Ja, ich bin für die Auffrischung gekommen.“ Die Tochter habe ihr den Termin gebucht und sie gefahren. „Meine zweite Impfung ist jetzt ziemlich genau sechs Monate her. Ich bin froh, dass ich den Schutz erneuern kann.“ Die wenigen jüngeren Menschen winken zumeist ab, wollen „mit der Presse“ nicht sprechen. Ein junge Frau bekennt jedoch frei: „Ich lasse mich heute erstmals impfen.“ Sie habe einfach abwarten wollen. Die niedrigen Inzidenzzahlen im Sommer hätten sie darin bestätigt. Doch jetzt ... Sie springt ins Auto und braust frisch geimpft von dannen. Ohne Auto wäre zumindest an der Lanxess-Arena der Sinneswandel schwer geworden. Impfen geht dort derzeit nur mit Pkw. Noch.
Denn dass es nicht so gut ist, ein Konzept für die Impfkampagne allein aufs Auto zu stützen, hat die Stadt mittlerweile eingesehen. „Voraussichtlich in der kommenden Woche wird es möglich sein, auch mit dem Rad oder zu Fuß zur Impfung zu kommen“, sagt ein Stadtsprecher.