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Sorge um den StandortDas sagen Kölner Ford-Mitarbeiter zur Entscheidung aus den USA

Lesezeit 4 Minuten
Was wird aus dem Produktionsstandort von Ford Köln?

Was wird aus dem Produktionsstandort von Ford Köln?

Nach der Ankündigung von Ford USA, künftig nicht mehr für die Schulden des Kölner Werks zu bürgen, sorgen sich viele Ford-Mitarbeiter um die Zukunft des Standorts. Wir haben mit einigen gesprochen.

Wochenbeginn, früher Nachmittag, 14.30 Uhr. Schichtwechsel bei Ford am Tor 3 bei strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel und Temperaturen wie im Frühling – eigentlich ein Tag, der auch bei der Arbeit gute Laune verspricht. Dazu gibt es aber für die Ford-Mitarbeiter an diesem Montag erneut keinen Anlass: Die Nachrichten aus der Konzern-Zentrale in Dearborn im US-Staat Michigan am Vormittag haben die Stimmung bei den meisten Ford-Angestellten in den Keller sinken lassen. Für das schöne Wetter hat niemand an der Henry-Ford-Straße wirklich Sinn.

„Die Politik hat nicht für die nötige Lade-Infrastruktur für E-Autos gesorgt, hat die Förderungen eingestellt und uns nicht ausreichend unterstützt. Ich arbeite fast 40 Jahre bei Ford, ich bin einfach nur wütend“, schimpft Nihat Guelbat (59) vor seinem Schichtbeginn.

Kölner Ford-Mitarbeiter machen sich Sorgen um den Standort

So wütend wie Guelbat äußern sich die meisten Fordmitarbeiter nicht. Allerdings: Viele seiner Kollegen wissen noch gar nichts von den Nachrichten und fragen nach, was denn schon wieder passiert sei. Dann gehen sie abwinkend weiter Richtung Werkseingang. Sie wirken dabei eher frustriert oder auch bedrückt und in sich gekehrt.

Jennifer Maikath ist erst 30 Jahre alt, aber seit ihrem 16. Lebensjahr bei Ford – also bereits ihr gesamtes berufliches Leben. Sie habe die E-Mail der Konzernleitung gegen 11 Uhr gelesen. „Das erste Gefühl war große Unsicherheit. Zunächst hatte ich gehofft, dass Ford Deutschland in Zukunft mehr selbst entscheiden kann. Aber das ist ja wohl leider nicht so.“ Vor allem aber sei die Meldung unerwartet plötzlich gekommen, so Maikath.

Wir bauen gute Autos. Aber wir sind zu teuer. Die Politik muss uns helfen.
Ridha Guizani (56), Ford-Mitarbeiter
Ridha Guizani (56) vor seinem Schichtbeginn am Ford-Werkstor 3.

Ridha Guizani (56) vor seinem Schichtbeginn am Ford-Werkstor 3.

Ridha Guizani (56) hingegen hat noch Hoffnung. Auch er mache sich natürlich Sorgen, aber er sehe auch eine Chance darin, weitestgehend ohne die Amerikaner weiterzumachen. „Wir bauen gute Autos, sind aber zu teuer. Die Politik muss uns helfen“, so Guizani. E-Autos müssten wieder gefördert werden. Die Lade-Infrastruktur müsse endlich richtig ausgebaut werden und die Energie-Kosten müssen runter. „So können wir es vielleicht schaffen.“

Auch Ralf Schlösser (61) sieht die Lage nicht völlig hoffnungslos. Der Ford-Arbeiter ist in der Gehäusefertigung tätig und seit 45 Jahren im Konzern. „Ich glaube noch dran, vor allem wegen der jungen Kollegen. Es wäre sehr schade, wenn das ganze Know-how und die qualifizierten Mitarbeiter nicht mehr gebraucht würden“, so Schlösser. Für ihn hätte das Management an dem Fiesta-Modell festhalten müssen – auch an dem Verbrenner. Der neue E-Modelle Explorer und Capri seien einfach zu teuer für die meisten. Das hätte man sehen müssen. „Im Betrieb wird viel über die aktuell miese Lage gesprochen – fast jeden Tag. Mir tun vor allem die jungen Leute bei uns leid“, sagt der 61-Jährige. Ihn selbst betreffe das ja gar nicht mehr wirklich.

Im Betrieb wird viel über die aktuell miese Lage gesprochen – fast jeden Tag. Mit tun vor allem die jungen Leute bei uns leid.
Ralf Schlösser (61), Ford-Mitarbeiter in der Gehäusefertigung
Ralf Schlösser (61) nach seiner Schicht am Ford-Werkstor 3.

Ralf Schlösser (61) nach seiner Schicht am Ford-Werkstor 3.

Hoffnung ist unter den Mitarbeitern an diesem Tag erwartungsgemäß nicht sehr verbreitet. Viele wollen nicht reden oder winken einfach genervt und sichtlich frustriert ab. Gokhan Bohut (59) arbeitet seit 37 Jahren bei Ford. Auch er macht sich vor allem um die jungen Kollegen Sorgen. „In meinem Alter bin ich einigermaßen entspannt.“ Auch er kritisiert die Entscheidung des Managements, nur noch auf E-Autos zu setzen: „Zu teuer, keine ausreichende Infrastruktur. Und was ist, wenn die Batterien nach zehn Jahren kaputtgehen? Weiß man ja heute nicht“, so Bohut.

„Möchte gerne bis zum 65. Lebensjahr hier weiterarbeiten“

„Das war heute ein Schlag mitten ins Gesicht. Die Patronatserklärung war unsere Lebensversicherung. Deswegen gehe ich davon aus, dass Ford in Köln bald nicht mehr da ist“, sagt Ewald Westphal (59). Er arbeite seit 2001 in der Ford-Druckerei und sei wütend darüber, wie die Amerikaner mit ihnen umgingen. Warum habe man die Produktion des Fiestas ohne Not eingestellt? Man hätte doch dieses bewährte Modell als E-, Hybrid- und Verbrenner-Auto weiterführen können. „Es ist frustrierend. Ich möchte gerne bis zum 65. Lebensjahr hier weiterarbeiten. Ob das klappt, ist nun mehr als fraglich“, befürchtet Westphal.

Ein 23 Jahre alter Ford-Mitarbeiter, der seinen Namen nicht nennen möchte, macht hingegen aus seinen Vorstellungen keinen Hehl: „Ich habe keinerlei Hoffnung mehr, dass das hier noch lange weitergeht. Ich setze jetzt auf einen massiven Arbeitskampf, damit wir möglichst viel Geld für uns rausbekommen.“