Skepsis im NordenKommt nach vielen Jahrzehnten der Stadtteil Kreuzfeld?
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Köln – Oberbürgermeisterin Henriette Reker forciert angesichts der dramatischen Wohnungsnot den neuen Stadtteil Kreuzfeld im Kölner Norden – doch ihre Verwaltung geht das Thema deutlich gemächlicher an.
Der Stadtrat hatte schon im Dezember 2016 eine sozial-räumliche Analyse der benachbarten Stadtteile wie Blumenberg oder Chorweiler als Grundlage gefordert, zudem sollen Verkehrserschließung und Infrastruktur analysiert werden. Ende des ersten Halbjahres 2018, also eineinhalb Jahre später, sollte sie vorliegen. Eigentlich. Aktuell laufen aber nur die Vorarbeiten für die Studie, sie muss laut der städtischen Planungsamtsleiterin Anne Luise Müller sogar noch ausgeschrieben werden.
Reker hatte der Rundschau zuletzt gesagt: „Ich bin dafür, dass man den Stadtteil Kreuzfeld im Norden endlich angeht, diesen konsequent plant, auch mit der Anbindung an den Personennahverkehr, mit Schulen und Kindergärten.“ Möglichst noch 2018 wolle sie das Thema in den Stadtrat bringen. Müller sagt: „Wir strengen uns an, eine Lösung zu finden. Wir wollen dann zumindest die Richtung sagen, in die es geht.“ Der neue Stadtteil habe Priorität, es geht um bis zu 3500 Wohnungen. Im Jahr 2023 könnte die Planung laut Müller beendet sein, die Erschließung beginnen.
Kreuzfeld also – mal wieder. Schon in den 70er-Jahren lagen erste Pläne vor, immer wieder tauchten sie auf: 1993 beispielsweise gab es einen städtebaulichen Wettbewerb, eine fast beendete Bauleitplanung, doch dann ruhten die Pläne, ploppten in den 2000er-Jahren wieder auf, um erneut zu verschwinden. Laut Müller muss komplett neu geplant werden, es geht also bei null los. Der Auftrag aus der Politik: Die Stadt soll eine „neu interpretierte Gartenstadt“ prüfen.
Bislang liegen westlich von Blumenberg viele Äcker, das neue Wohngebiet wäre so groß wie 65 Fußball-Felder, zu etwa zwei Dritteln gehören die Flächen der Stadt, das andere Drittel müsste sie kaufen. Der Vorteil: Bauen auf der sogenannten „Grünen Wiese“ ist oft einfacher als die Nachverdichtung mitten in der Innenstadt.
Anbindung and S-Bahn-Netz in Blumenberg
Ein weiterer Vorteil: Die S 11 hat in Blumenberg eine Haltestation, es besteht also eine Anbindung ans S-Bahn-Netz, tagsüber fährt die Bahn alle 20 Minuten. Doch so einfach ist es laut Reinhard Zöllner nicht. Zöllner (CDU) ist Bezirksbürgermeister von Chorweiler, dazu zählt der Stadtteil Blumenberg. Laut seiner Aussage holt die Bahn Verspätungen auf der Strecke häufig dadurch auf, dass sie hinter der Haltestelle Longerich auf den Bogen durch Chorweiler und Blumenberg verzichtet und den direkten Weg nimmt.
Zöllner sagt: „Ich habe nichts gegen einen neuen Stadtteil, aber zuerst müssen wir die Probleme vor Ort lösen, die werden dadurch ja sogar noch größer.“ Zöllner spricht von fehlenden Kitas und Schulen, zunehmenden Verkehr, dem geplanten Hochwasser-Rückzugsraum Worringen direkt neben Kreuzfeld und recht mauen Einkaufsmöglichkeiten, zudem hat in Blumenberg 2016 ein Supermarkt zugemacht.
Insgesamt 5511 Einwohner hat der Stadtteil, eine der Fragen lautet: Wenn durch das Kreuzfeld weitere 5000 Menschen dort hinziehen, lohnen sich neue Geschäfte? Und: Entwickelt das Kreuzfeld mit Blumenberg eine gewisse Attraktivität? Wer baut: Ein privater Projektentwickler oder eine städtische Gesellschaft wie die „Moderne Stadt“?
Die Kölner Ratsfraktionen stützen Rekers Vorschlag, FDP-Fraktionschef Ralph Sterck etwa hofft auf eine schelle Umsetzung, „um in den kommenden Wachstumsjahren einen Entlastungseffekt zu erzielen“. Michael Weisenstein (Linke) sagt: „Wir müssen neue Siedlungen bauen, es kann nicht alles innerstädtisch passieren.“ Michael Frenzel von der SPD fordert ein „gemischtes Quartier“. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Jörg Frank will eine städtische Entwicklungsgesellschaft mit der Umsetzung beauftragen. Sein CDU-Amtskollege Niklas Kienitz möchte keine „reine Schlafstätte“, begrüßt Wachstum an den Stadträndern.