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„Reker in die Bredouille bringen“Thor Zimmermann will OB in Stichwahl zwingen

Lesezeit 5 Minuten
ThorZimmermann

In Ehrenfeld zu Hause: Thor Zimmermann tritt als OB-Kandidat für die Wählergruppe „Gut Köln“ an.

  1. 2015 hat Thor Zimmermann noch Henriette Reker unterstützt.
  2. Für die Wählergruppe „Gut Köln“ bewirbt er sich nun selbst um das Amt des Oberbürgermeisters.
  3. Michael Fuchs sprach mit ihm über seine Ziele.

Köln – Seit 2009 ist Thor Zimmermann (54) Mitglied des Stadtrats. Für die Wählergruppe „Gut Köln“ bewirbt er sich um das Amt des Oberbürgermeisters. Michael Fuchs sprach mit ihm über seine Ziele und die Rolle von „Gut“ im Stadtrat.

2015 haben Sie Henriette Reker unterstützt. Warum fordern Sie die OB jetzt mit einer eigenen Kandidatur heraus?

Zimmermann: Als Wählergruppe möchten wir in Köln Themen voranbringen, die uns wichtig sind. Wir möchten, dass Klimaschutz höchste Priorität bekommt, dass Mobilität und Stadtentwicklung nachhaltig wird. Wir wollen eine lebenswerte und soziale Stadt für alle. Mit meiner Kandidatur als Oberbürgermeister untermauern wir unseren Anspruch, diese Stadt mitzugestalten. Die wichtigste Motivation dabei ist, unsere inhaltlichen Positionen bekannter zu machen. Dafür soll meine Kandidatur die Aufmerksamkeit erhöhen.

Damit schaden Sie möglicherweise OB Reker, mit der Sie bisher zusammengearbeitet haben.

Wir haben das schwarz-grüne Minderheitsbündnis im Rat in dieser Wahlperiode unterstützt und werden das bis zum 13. September weiterhin loyal tun. Das ist für mich eine Frage der Verlässlichkeit, die wir auch von anderen erwarten. Aber danach werden die Karten neu gemischt. Wir sind nicht Teil des schwarz-grünen Kooperationsvertrags, haben aber CDU und Grünen im Rat oft eine Mehrheit verschafft. Bei wichtigen Themen, wie Ost-West-Achse oder Kreuzfeld, waren wir mit unseren zwei Sitzen entscheidend dafür, dass die Beschlüsse zustande kamen. Wir haben gelernt, dass wir relevant sind. Jetzt möchten wir unser politisches Gewicht erhöhen, damit wir unsere Inhalte besser umsetzen können.

Welches Wahlergebnis strebt „Gut“ an?

Unser Ziel ist, Fraktionsstärke zu erreichen, also mindestens drei Sitze im Stadtrat. Dann können wir auch sachkundige Bürger in die Ausschüsse entsenden.

Zur Person

Thor-Geir Zimmermann wurde 1966 in Oslo geboren. Seine Mutter ist Norwegerin, sein Vater Deutscher. Er wuchs in Essen und Sindelfingen auf, lebt seit 1987 in Köln. Sein Studium (Germanistik, Politik, Spanisch) brach er ab, danach arbeitete er 20 Jahre lang als Monteur in einer Werkstatt für Bilderrahmen, führte eine Galerie und einen Gemischtwarenladen.

Inzwischen arbeitet er halbtags als Referent für Öffentlichkeitsarbeit der Ratsgruppe Gut. Seinen Wahlkampf finanziere er aus Spenden und eigenen Mitteln, so Zimmermann, investiert werde ein niedriger vierstelliger Betrag. Er wohnt mit seiner Lebensgefährtin und seinen zwei Kindern in Ehrenfeld. In den Stadtrat kam er 2009 als Vertreter der Wählergruppe „Deine Freunde“. Nach internen Debatten verließen er und Ratsherr Tobias Scholz 2016 die Gruppe. Beide behielten ihr Ratsmandat und gründeten die neue Ratsgruppe Gut, die 2020 erstmals mit Kandidaten in allen 45 Kölner Wahlbezirken antritt.

Die Gruppe „Deine Freunde“ bewirbt sich jetzt unter dem neuen Namen „Klima-Freunde“ um Mandate für den Stadtrat und hat mit Nicolin Gabrysch eine eigene OB-Bewerberin aufgestellt. (fu)

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Ich traue mir das Amt durchaus zu, bin aber nicht so vermessen zu glauben, dass ich die OB-Wahl gewinne. Es geht darum, „Gut“ zu stärken und Frau Reker in die Bredouille zu bringen. 94,1 Prozent der CDU haben sie nominiert, aber nur 77,2 Prozent der Grünen. Viele Wähler aus dem ökologisch-progressiven Lager sind enttäuscht von Reker. Denen möchte ich ein Angebot machen.

Wie sieht das aus?

Für uns ist Nachhaltigkeit der Schlüssel für die Zukunft. Ob Bauen, Wohnen, Verkehr oder Industrie – bei allen Themen muss eine Umstellung auf nachhaltiges Wirtschaften erfolgen. Damit muss man sofort anfangen, nicht irgendwann. Aber alle wurschteln weiter wie bisher, auch Frau Reker. Ich kann nicht erkennen, was ihre Agenda ist – außer Oberbürgermeisterin dieser Stadt zu sein. Ich dagegen habe eine Agenda, für mich hat Klimaschutz höchste Priorität. Und ich glaube, dass 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung das ähnlich sehen.

Kritiker werfen Ihnen vor, dass Sie Verkehrspolitik auf Kosten von Menschen machen wollen, die auf das Auto angewiesen sind.

Wir möchten mehr Verkehrsberuhigung , um die Lebensqualität in den Veedeln weiter zu erhöhen. Wir wollen, dass Köln über eine City-Maut nachdenkt und sich beim Land dafür einsetzt. Die Gelder, die man damit einnehmen kann, sollen in umweltfreundliche Verkehrsmittel investiert werden. Wie so eine Maut am Ende aussieht, muss man sehen. Es geht nicht darum, Berufspendler mit ihrem Kleinwagen aus der Stadt zu vertreiben. Man kann das flexibel gestalten und Ausnahmen machen, auch für Handwerker. Aber Menschen, die mit einem großen SUV in die City fahren, sollen dann auch einen Beitrag für nachhaltige Mobilität leisten.

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Was ist Ihr Ziel für die OB-Wahl?

Frau Reker in die Stichwahl zu zwingen. Dann könnte es noch einmal spannend werden. Dann besteht vielleicht die Gelegenheit zu einem Politikwechsel – hin zu einer stärkeren ökologisch-progressiven Ausrichtung.

Was meinen Sie konkret?

Wir sind offen für Bündnisse mit allen demokratischen Kräften. Am Abend des 13. September stehen die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat fest. Es könnte sein, dass wir ein grün-schwarzes Bündnis unter Frau Reker weiter unterstützen. Es kann aber auch eine Mehrheit eines „progressiven“ Lagers geben. In der OB-Stichwahl zwei Wochen später kann es dann ratsam sein den OB-Kandidaten zu unterstützen, der mit einer solchen Mehrheit umgehen kann. Falls ich nicht selbst in die Stichwahl komme, möchte ich nicht ausschließen, dass wir einen OB-Kandidaten Andreas Kossiski unterstützen würden, wenn er sich inhaltlich entsprechend positioniert. Vielleicht geht mit einer neu aufgestellten, geläuterten SPD nach der Wahl mehr als mit einer CDU, die ihre konservative Kernwählerschaft wieder entdeckt hat.