- Wir haben kurz vor der Wahl ein Kurzinterview und einen Kölsch-Kompass der Kandidatin Henriette Reker erstellt.
Was war Ihr Berufswunsch als Kind?Astronautin. Mein Vater hat mir viel vom Weltall erzählt, wir hatten einen Mondglobus. Das Bild der Erde aus dem All gesehen, der leuchtend-blaue Planet, der wie ein Juwel schimmert, das hat mich begeistert.
Jetzt sind Sie Oberbürgermeisterin geworden, auch nicht schlecht. Was ist das Schöne an diesem Amt?
Ich kann die Stadt, die meine Heimatstadt ist, steuern, das ist für eine Lokalpatriotin das Größte. Und ich lerne dabei unheimlich viele Menschen kennen, die ich sonst nicht treffen würde.
Ihr politisches Vorbild?
Willy Brandt. Ich komme aus einem sozialdemokratischen Haushalt. Brandt hat einmal gesagt: ,Der Respekt vor dem mündigen Bürger gebietet es, ihm Schwierigkeiten nicht vorzuenthalten.’ Transparenz macht Dinge nachvollziehbar, das führt zu Akzeptanz.
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Zur Person
Henriette Reker (63) kommt aus Bickendorf und ging in Lindenthal aufs Gymnasium. Sie ist Juristin und arbeitete bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall in Bielefeld. Reker war Beigeordnete für Soziales in Gelsenkirchen, ab 2010 in Köln. 2015 gewann sie als Parteilose die OB-Wahl. Einen Tag vor der Abstimmung wurde sie von einem Attentäter mit einem Messer angegriffen und überlebte mit Glück. Reker war zunächst verheiratet mit dem Banker Wolfgang Reker, das Paar trennte sich 1997. Heute ist sie verheiratet mit dem australischen Golf-Trainer Perry Somers.
Meine Top-3-Themen
1 Schulbau
Noch mehr Tempo, um zusätzliche Plätze zu schaffen und Gebäude zu sanieren. Wir haben viel geschafft, aber noch viel Arbeit vor uns, damit alle Schüler wohnortnah angemessen lernen können.
2 Wohnen
Der Bau muss Fahrt aufnehmen, die Digitalisierung der Bauakte wird helfen, bei den Genehmigungen besser zu werden. Die im Bau befindlichen Wohnungen müssen schneller fertig werden.
3 Verkehrswende
Ausbau von öffentlichem Nahverkehr, Lückenschluss bei den Radwegen und eine bessere Ladeinfrastruktur von E-Mobilität. Es gibt keine Alternative zur Verkehrswende für Metropolen.
Was war Ihr größter Fehler in den vergangenen fünf Jahren?
Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit unterschätzt, wie viel Zeit Veränderungsprozesse in dieser Stadt brauchen. Damals habe ich gedacht, ich wäre schon nah an allem dran. Ich konnte das Handwerk der Verwaltung. Ich dachte, ich kenne Köln und die Verwaltung gut. Aber es war doch anders, als ich es mir vorgestellt hatte.
Vor fünf Jahren sind Sie auf dem Braunsfelder Marktplatz von einem Attentäter angegriffen worden. Er ist später verurteilt worden. Was empfinden Sie ihm gegenüber?
(überlegt) Ich verstehe sein Motiv nach wie vor nicht. Ich hätte nie gedacht, dass mein Leben bedroht werden könnte. Weil ich nur meine Aufgabe erledigt habe, Flüchtlinge unterzubringen. Das alles ist sehr traurig, auch für ihn. Aber er ist mir als Mensch fremd geblieben, es fühlt sich metallisch an. Ich konnte im Gericht seine Entschuldigung nicht akzeptieren, weil er sie nur durch den Anwalt hat vorlesen lassen und nicht selbst darum gebeten hat.
Können Sie auf Marktplätze gehen?
Ja, ich war sehr früh im Wahlkampf in Longerich. Die Polizei ist in der Nähe, Personenschutz wollte ich nicht. Mit zwei Männern mit Knopf im Ohr neben sich kann man keine Nähe zu den Bürgern herstellen.
Was bringt Sie auf die Palme?
Wenn Menschen ihre ideologische Haltung der Entwicklung der Stadt vorziehen. Es kann passieren, dass ich dann die Achtung vor ihnen verliere.
Sie sind die einzige OB in NRW. Sind Männer in der Politik beratungsresistent oder bewusst widerwillig?
Beides nicht. Sie brauchen nur viel Zeit für ihre Eitelkeiten und ihre Egos.
Wie oft kochen Sie?
Selten ein Risotto oder Spaghetti. Mein Mann übernimmt das, er macht mir auch jeden Morgen hingebungsvoll einen Obstsalat. Ich kaufe einmal im Jahr ein, an Heiligabend.
Die spannendste Reise Ihres Lebens?
Das war die Rückreise aus Australien mit einer Notlandung in Jakarta. Ich hatte mich gewundert, weil wir so tief über dem Meer flogen. Ich habe die Nacht mit einer Familie aus Griechenland verbracht, die kein Wort Englisch sprach.
Wo verbringen Sie den Wahltag?
Den verbringe ich zu Hause mit meinem Mann, später dann kommt mein engster Mitarbeiterkreis dazu. Ich habe keine Ahnung, wie ich mich fühlen werde an diesem Tag, ich kenne es nicht. Beim letzten Mal habe ich im künstlichen Koma gelegen.
Ist der Sekt schon kalt gestellt?
Nein. Warum sollte ich? Es gibt 13 Bewerber, ich freue mich dass so noch ein paar Frauen dabei sind.
Henriette Reker im Kölsch-Kompass der Redaktion
Was zeigen Sie Besuchern?
Das Rheinufer und der Blick vom LVR-Turm. Wenn Zeit für ein Museum ist, das „Ludwig“. Und den Dom, da zeige ich die Madonna, an die meine Großmutter eine Perlenkette gehängt hat, damit der Sohn aus dem Krieg kam.
Blootwosch oder Halver Hahn?
Blootwosch.
Bläck Fööss oder Höhner?
Bläck Fööss.
Ehrenfeld oder Rodenkirchen?
Ehrenfeld, auch wenn ich im Bezirk Rodenkirchen wohne. Ich komme aus Bickendorf. In Ehrenfeld war die Einkaufsmeile, als Jugendliche haben wir uns auf dem Alpenerplatz getroffen.
Der kölsche Schnäuzer ist ...
.. verzichtbar.
Ihr liebstes Kostüm?
Der Schusterjunge.
Wann wird die Oper fertig?
In meiner zweiten Amtszeit werde ich sie fulminant eröffnen.
Ihr Lieblingswort?
Miljö.
Der Lieblingsort?
Der Innenhof des Museums für Angewandte Kunst.