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Tod auf Kölns Feiermeile17-Jähriger wegen Mordes auf Zülpicher Straße vor Gericht

Lesezeit 3 Minuten

In Gedenken an den Getöteten legten Angehörige und Freunde auf der Zülpicher Straße Blumen nieder und legten Fotos dazu.

Köln – Feiern, Spaß haben, Freunde treffen, ein bisschen ausgelassen sein: Im zweiten Corona-Sommer in Folge bezahlte ein 18-Jähriger einen solchen Augenblick vermeintlicher Unbeschwertheit am 31. Juli 2021 auf der Zülpicher Straße mit dem Leben. Ein 17-Jähriger soll ihn erstochen haben — seit Freitag steht der Jugendliche nun wegen Mordes vor der 4. Großen Strafkammer am Landgericht. Doch der Saal bleibt für Prozessbeobachter geschlossen. „Nicht öffentliche Sitzung“ leuchtet ein Schriftzug an Saal 210.

Anklage geht von „Heimtücke-Mord“ aus

Dennoch sind viele Journalisten ins Justizzentrum an der Luxemburger Straße gekommen. Im Foyer fasst Landgerichtssprecher Prof. Jan F. Orth die Anklage zusammen, sagt, dass die Staatsanwaltschaft in dem Fall von einem „Heimtücke-Mord“ ausgehe. Das würde bedeuten, dass das Opfer arg- und wehrlos war, sich keines Angriffs versah, als es von dem tödlichen Stich getroffen wurde. Ermittler hatten gegenüber der Rundschau von einem Stich im Bereich der Herzgegend gesprochen.

Dennoch soll es zuvor einen Streit gegeben haben. Inwiefern das spätere Opfer daran beteiligt gewesen sein könnte, bleibt zunächst unklar. Von einem Flaschenwurf ist jedenfalls die Rede. Aus Justizkreisen heißt es, der 17-Jährige habe eine Wunde gehabt, sein Kopf sei blutüberströmt gewesen, als er die Tat begangen haben soll.

Verteidigung und Angeklagter wollen sich noch nicht äußern

Verteidiger Dr. Mario Geuenich erklärt vor dem Prozessauftakt an diesem den Umständen entsprechenden grauen und tristen Kölner Morgen: „Mein Mandant wird sich die Vorwürfe heute erstmal anhören. Wir werden nichts zu der Sache sagen.“ Also eine schweigende Verteidigung? Nein, winkt Geuenich ab. Mit einer Einlassung – ob geständig oder bestreitend, dazu macht der erfahrene Verteidiger keine Angaben – sei nicht vor dem zweiten Verhandlungstag am 15. Februar zu rechnen. Zuvor, so Geuenich, gebe es noch Gesprächsbedarf mit dem Mandanten. Auf die Frage, warum man sich noch nicht ausreichend besprochen habe, antwortete Geuenich nicht. Hintergrund könnte sein, wie die Rundschau erfuhr, dass die JVA Heinsberg, wo der Angeklagte in Untersuchungshaft sitzt, dem Angeklagten die digitale Ermittlungsakte nicht zur Verfügung gestellt hat. Somit hätte der 17-Jährige nicht die Möglichkeit gehabt, sich angemessen auf die Verhandlung vorzubereiten.

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Der zweite Verteidiger im Bunde, Gottfried Reims, kommt zunächst auf die Konsequenzen zu sprechen, die die Stadt aus der Bluttat von der Zülpicher Straße sowie einer Messerstecherei auf den Ringen wenige Wochen zuvor, gezogen hat. „Ich begrüße die Einrichtung einer Waffenverbotszone ausdrücklich“, sagt Reims dieser Zeitung.

Ende Dezember 2021 hatte die Stadt auf die anhaltende Gewalt in den Vergnügungsvierteln reagiert und im Verbund mit Düsseldorf Bereiche und Zeiten ausgewiesen, in denen das Mitführen von Messern, Schlagwaffen und Reizstoffsprays untersagt ist. Seither ist die Polizei zu anlasslosen Kontrollen berechtigt. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 10 000 Euro. „Man kann auch in die Innenstadt gehen, ohne ein Messer bei sich zu haben“, meint Verteidiger Reims noch und begibt sich auf Saal 210.

Für die juristische Aufarbeitung sind bisher elf Verhandlungstage vorgesehen, teilte das Gericht mit.