Die Gaststätte auf der Zülpicher Straße feiert nach zwei Jahren Pause an den Karnevalstagen ihr Comeback im Fastelovend.
Karneval in KölnWarum bei „Oma Kleinmann“ wieder gefeiert wird
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Maureen Wolf und ihr Bruder Thore Küther betreiben mit ihren Partnern die Gaststätte „Bei Oma Kleinmann“ auf der Zülpicher Straße.
Copyright: Costa Belibasakis
Die ganze Zülpicher Straße ist von jungen Feiernden besetzt. Die ganze Zülpicher? Nein! Eine von unbeugsamen kölschen Jecken bevölkerte Kneipe hört nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten. - Kenner lesen diesen Einstieg mit der typischen Asterix-und-Obelix-Betonung. Eigentlich hat die Gaststätte „Bei Oma Kleinmann“ nur wenig mit den sich widersetzenden Galliern gemeinsam. Schnitzel statt Wildschwein. Kein Flügelhelm, kein schief singender Barde. Und auch der Zaubertrank in Fässern, die sich kurz vor den Karnevalstagen wie Hinkelsteine im Bierkeller stapeln, entpuppt sich als handelsübliches Kölsch.
Doch ihrer besonderen Lage - mitten im Epizentrum der Feiermeile zwischen Zülpicher Platz und dem Bahnhof Süd - sind sich Maureen Wolf und ihr Bruder Thore Küther durchaus bewusst. So bewusst, dass sie im Herbst 2022 die Reißleine zogen: „Eingekesselt von Menschenmassen, Absperrungen, Polizei, Ordnungsamt, Dosenbier und Wahnsinn müssen wir unsere kleine Oase des Frohsinns geschlossen halten, denn es ist einfach nicht mehr machbar“, sagten die Betreiber Maureen und Olaf Wolf damals. Die Sicherheit der Gäste sei nicht mehr gegeben, die Stadt habe versäumt, eine andere Lösung als die Uniwiese zu suchen. Aggressive Feiernde und Schlägereien werden immer häufiger. Oder anders: Die spinnen, die Chaoten!
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Kölscher Karneval bei Oma Kleinmann, hier im Jahr 2018
Copyright: Markus Wilwerscheid/Domrauschen
2023 und 2024 blieb die „Oma“ an den Karnevalstagen geschlossen. Man zog mit den Stammgästen auf das „Achterdeck“ in Rodenkirchen um. Die Feier auf dem Boot wurde zur liebgewonnenen Alternative, die auch weiter bleibt. In diesem Jahr öffnet nun auch „Oma Kleinmann“ wieder ihre Türen auf der Zülpicher Straße. Bis auf Rosenmontag wird dort täglich gefeiert. „Wir können uns es finanziell nicht leisten, auch im dritten Jahr über Karneval komplett zu schließen“, erklärt Maureen Wolf, die das Lokal zusammen mit ihrem Mann Olaf, ihrem Bruder Thore und dessen Frau Ivana im 22. Jahr führt.
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Es sei aber nicht nur der fehlende Umsatz gewesen. „Wir laden uns an Karneval hier emotional auf, wir schunkeln und singen gemeinsam. Das hat uns wirklich sehr gefehlt“, sagt die 52-Jährige, die auch Vorstandsmitglied der IG Gastro ist. „Aber wir hatten auch Sorge, dass es daran liegt, dass wir einfach selber alt geworden sind. Man wird bequemer. Jetzt müssen wir es einfach noch mal riskieren.“ In kürzester Zeit waren alle Karten für Karneval verkauft, für 20 Euro das Stück. Damit werden die zusätzlichen Kosten abgedeckt: zwei professionelle Security, mehr Personal, ein DJ, Reinigung, digitaler Kartenvorverkauf, die Einlagerung der Möbel und die Deko.
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Blick auf dem Fenster: Karneval in der Oma Kleinmann 2022
Copyright: Charlie Niesser
„Viele Stammgäste haben sich sehr gefreut, dass wir wieder öffnen an Karneval“, sagt Wolf. Die Gäste kommen mit ihrem Ticket an den Absperrungen vorbei - zumindest in der Theorie. „Bei manchen hat das in der Vergangenheit nicht geklappt, die hatten dann schon Angst in dem Gedränge“, sagt Küther. „Nach Corona war die Stimmung im Veedel aggressiv. Da waren schon mehr Schlägereien als sonst. Aber mittlerweile sind es wieder einfach nur noch junge Leute, die feiern wollen. Da hat die Stadt doch mehr Ordnung reingebracht.“
Wir sagen immer, hier drin ist Karneval und draußen ist das Zombie-Land.
In der „Oase des Frohsinns“ bleibt man unter sich: Die Gäste in der Kneipe und die Feiernden draußen vermischen sich normalerweise nicht. „Es ist eher wie eine geschlossene Gesellschaft“, sagt Wolf. Wer eine Karte gekauft hat, bleibt meist den ganzen Abend. 95 Prozent sind kölsche Lieder, man kennt sich, fühlt sich heimelig. Damit die Gäste nicht zu früh gehen, gibt es eine kostenlose Wasser-Flatrate. Wer von draußen noch reinkommt, wird erst mal unter die Lupe genommen: Stark Betrunkene oder Minderjährige werden nicht eingelassen.
Das, was im Viertel an Karneval passiert, kann Maureen Wolf nach wie vor nicht unterstützen. „Wir sagen immer, hier drin ist Karneval und draußen ist das Zombie-Land“, sagt Wolf scherzhaft, um gleich wieder ernst zu werden. „Ich konnte das lange nicht akzeptieren, wie sich der Karneval hier entwickelt hat, aber ich habe begonnen, es zu tun. Ich kann es ja nicht ändern.“ Manchmal sei es dennoch unglaublich frustrierend zu sehen, wie scheinbar die ganze Stadt ihren normalen Geschäften nachgehe, und sie selbst an Karneval total eingeschränkt seien.
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Karneval in der Oma Kleinmann 2022
Copyright: Charlie Niesser
In der Heinsbergstraße, in der in diesen Tagen der Eingang zur „Oma“ ist, spielten sich in der Vergangenheit apokalyptische Szenen ab, wie Thore Küther sagt. „Man sieht viel, was man nicht sehen will. Leute, die pinkeln und kotzen gleichzeitig.“ Viele sähen total verloren aus. „Die haben alles getan, um hier anzukommen, sind unglaublich früh aufgestanden. Dann sind sie hier und denken: Ja, und jetzt?“, sagt Küther. Seine Schwester bemängelt die fehlenden Angebote für die jungen Menschen seitens der Stadt. „Wenn sie Glück haben, klettert einer die Ampel hoch und lässt die Hose runter. Das ist dann das Highlight des Tages.“
Spätestens am Ende eines jeden „Asterix und Obelix“-Heftes wird ein Festmahl angerichtet, weil wieder ein Abenteuer zu einem glücklichen Ende gekommen ist. Das ist tatsächlich in der „Oma Kleinmann“ auch so: Wenn der Nubbel verbrannt ist, findet am Aschermittwoch in dem Schnitzel-Restaurant das traditionelle Fischessen statt.