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StraßenkarnevalWie die Umzüge in Köln und der Region geschützt werden

Lesezeit 8 Minuten
Blick auf die Zülpicher Straße in Köln. Ordnungskräfte sichern den Zugang zur Feiermeile.(Archivfoto)

Blick auf die Zülpicher Straße in Köln. Ordnungskräfte sichern den Zugang zur Feiermeile. (Archivfoto)

Bei den Sicherheits- und Ordnungsbehörden im Rheinland gibt es die Sorge vor möglichen Anschlägen. Hier eine Übersicht, wie sich Polizei und Veranstalter auf große Umzüge vorbereiten.

Mit Beginn der Tollen Tage finden die meisten Karnevalsumzüge in der Region statt. Was Anlass zu purer Freude für die Jecken ist, wird überschattet von Sicherheitsbedenken. Wir haben nachgefragt, wie sich Kommunen und Sicherheitsbehörden auf den Schutz der Züge und des Straßenkarnevals vorbereitet haben.

Köln

Die gute Nachricht: Zum Start des Straßenkarnevals an Weiberfastnacht rechnet die Kölner Polizei mit deutlich weniger Besuchern als am Elften im Elften. Doch die Herausforderung für die Stadt bleibt. Zehntausende, vornehmlich junge Feiernde werden Teile Kölns erneut in den Ausnahmezustand versetzen. Beim Sicherheitskonzept bleibt vieles beim Alten.

Die Stadt setzt wie bereits an Weiberfastnacht 2023 und dem Elften Elften auf ein Sperrkonzept rund um die hochfrequentierte Zülpicher Straße. Die einzigen Zugänge zu dieser befinden sich an der Unimensa und der Roonstraße. Sobald die Zülpicher Straße vollläuft, öffnen Stadt und Polizei die 33.000 Quadratmeter große Entlastungsfläche auf der Uniwiese. Zudem soll eine neue Bühne auf dem Hohenstaufenring mit Musikprogramm junge Leute anlocken – in der Hoffnung, die Massen etwas zu verteilen.

In der Spitze ist die Kölner Polizei mit über 1400 Einsatzkräften vertreten. Besonders geschützt wird wie am Elften Elften die Synagoge auf der Roonstraße am Rande der Feierzone. „Die abstrakte Gefahrenlage in Deutschland ist weithin bekannt. Man kann nie etwas völlig ausschließen“, sagt Einsatzleiter Martin Lotz. Um „Überfahrtaten“ wie in Magdeburg zu verhindern, richtet die Stadt an bestimmten Stellen Überfahrsperren ein. Zudem sei das Mitführen von Messern überall verboten, wo Karneval gefeiert werde.

Das Ordnungsamt ist an Weiberfastnacht und an Rosenmontag in der Spitze mit rund 190 Einsatzkräften auf den Straßen unterwegs. Bis zu 1200 externe Sicherheitskräfte unterstützen den Ordnungsdienst an den jecken Tagen.

Rhein-Sieg

In Siegburg zieht der große Rosenmontagszug ab 13 Uhr durch die Kreisstadt. Im letzten Jahr standen rund 20.000 Zuschauer am Rand des prominentesten Zugs im Rhein-Sieg-Kreis Spalier, darunter auch immer viele Familien. Mit der Polizei hat die Stadt erneut ein Sicherheitskonzept ausgearbeitet. Einsatzkräfte von Polizei und Ordnungsbehörden werden zudem in der Öffentlichkeit sehr präsent sein.

In Troisdorf startet ebenfalls ab 13 Uhr am Tulpensonntag einer der schönsten Züge. Besonders die Fußgruppen fallen durch ihre aufwendig gestalteten Kostüme auf. Etwa 2000 Teilnehmer sind angemeldet. Unter ihnen wird auch Sicherheitspersonal sein, das der Festausschuss stellt. Sämtliche Zufahrtsstraßen zum Zugweg werden mit Lastwagen zugestellt, etwa 25 Straßen werden nun auf diese Weise blockiert. Die Stadt hätte gerne auch eine Modifikation des 3,6 Kilometer langen Zugwegs zwischen Blücherstraße/Moselstraße und der Stadthalle gesehen. „Nicht machbar“, wie der Vorsitzende des Festausschusses Troisdorfer Karneval Hans Josef Tannenbaum sagte. Da kämen die Gespanne nicht um die Ecke.

Im ländlichen Much, wo der bunte Zug am Rosenmontag um 14 Uhr startet, schützen Betonsperren an den Hauptzufahrten den Zugweg, an dem auch stets viele Familien mit Kindern stehen. Damit Rettungswege im Bedarfsfalle genutzt werden können, werden Fahrzeuge unter anderem der Johanniter dort abgestellt. Auch Ordnungsamt und Polizei wollen verstärkt Präsenz zeigen.

Ähnliche Maßnahmen werden auch im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis durchgeführt. Auf Anfrage erklärte ein Sprecher der Stadt Bornheim: „Es gibt natürlich wie üblich Straßensperrungen. Zuwege werden beispielsweise auch durch die Glasverbotszonen gesperrt und kontrolliert. Zudem sei die Polizei zur Sicherung der Zugwege bei den Zügen vor Ort. Im Bornheimer Ortsteil Roisdorf sucht man laut Angaben der Kommune noch nach Barrieren-Lösungen, Kreuzungen entlang des Zugwegs zu sichern. Konkreter ist die Planung in Rheinbach: Im Rahmen der Möglichkeiten werden zur Sicherung auch städtische Fahrzeuge eingesetzt.

Rhein-Berg

Der größte Karnevalszug in Rhein-Berg, zu dem wieder an die 100.000 Besucher erwartet werden, zieht an Karnevalssonntagszug, 2. März, ab 13.11 Uhr durch Bergisch Gladbach. Diesmal sind mehr als 3300 Zugteilnehmern, 66 Festwagen, 41 Fußgruppen und Bagagewagen dabei. „Wir haben derzeit überall in Deutschland eine abstrakte Gefährdungslage auf hohem Niveau“, sagt Polizeisprecherin Tanja Höller nach einem Sicherheitstreffen von Polizei, Karnevalisten und Stadtverwaltung. „Eine konkrete Gefährdungslage gibt es nicht“, betont Stadtsprecher Patrick Ortmanns. Bereits seit 2017 gehören quer stehende Last- oder Einsatzwagen von Feuerwehr oder Technischem Hilfswerk als „Straßensperren“ vor Einmündungen auf die Karnevalszugstrecke zum Sicherheitsstandard.

Alle Großfahrzeuge, mit denen die Straßen gesperrt werden, sind mit Fahrern besetzt. So solle sichergestellt sein, dass sie bei einem Rettungseinsatz sofort zur Seite gefahren werden können. Bei den großen Umzügen im Bergisch Gladbacher Stadtgebiet gilt außerdem ein Verbot, Glasflaschen und Trinkgläser mit zum Zugweg zu bringen.

Oberberg

Im Vorfeld war die Anspannung bei den Ehrenamtlern der Waldbröler Karnevalsgesellschaft groß. „Der Terror ist im Kopf“, sagte die Vorsitzende Alexandra Noiron, als die zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen abgestimmt wurden. Rund 20.000 Jecke erwartet Eric Schneider, Zugleiter der KG Rot-Weiß Denklingen, bei gutem Wetter am Karnevalssonntag. Dort startet der Umzug um 14.11 Uhr in der Ortsmitte. Terrorsperren sollen den Zug und die rund 600 Teilnehmer schützen.

„Wir mussten aufrüsten“, berichtet dagegen Michael Röser, seit 18 Jahren Zugleiter des Bielsteiner Umzugs, der Rosenmontag um 14.11 Uhr startet. „Bisher waren wir immer ein sehr ruhiger Ort ohne Krawalle. Jetzt mussten wir lernen, dass sogar Kleinwagen eine Gefahr darstellen können. Nun haben wir sechs Lastwagen-Sperren, zwei sind nach dem Münchener Anschlag noch hinzugekommen.“ Der Sanitätsdienst werde aufgestockt, mehr als 40 Ordner seien unterwegs.

„Wo das wohl mal enden soll“, fragt sich auch Zugleiter Florian Stausberg von der KG Morsbach. Zusätzliche Sperren, auch an kleinen Straßen und Parkplätzen, ein aufgestockter Sicherheitsdienst. Rund 1600 jecke Teilnehmer und 45 Gruppen ziehen am Rosenmontag ab 13.11 Uhr vorbei an bis zu 10.000 Zuschauerinnen und Zuschauern.

Der Wipperfürther Bauhof hat eine weitere „schwere“ Aufgabe: In der Hansestadt werden an Weiberfastnacht – auch für den Zug – neben großen Steinen und Traktoren zur Sicherung der Zufahrten sechs riesige Kunststoffbehälter aufgestellt. Rund 100 Gruppen und viele tausend Teilnehmer, werden erwartet.

Rhein-Erft

Einer der größten und populärsten Karnevalszüge ist der „Närrische Elias“ am Sonntag in Brühl. Er gehört neben den Zügen in Frechen und Wesseling sowie Bergheim zu den größten in der Region. Meist hat der Brühler Zug zwischen 1800 und 2200 Zugteilnehmer. Am Wegesrand stehen immer – je nach Wetterlage – mehrere Zehntausend Jecke. Erwartet werden wieder mehr als 30.000 Zuschauern.

In Brühl lässt sich die Polizei nicht richtig in die Karten gucken, was die Sicherheit am Zugweg angeht. Man stehe im engen Austausch mit den Ordnungsbehörden und werde entsprechend reagieren. In der Vergangenheit war es so, dass neben der „normalen Absicherung“ an der Spitze des Umzugs und örtlichen Polizeikräften auch mal Züge einer Hundertschaft zu sehen waren.

Tiefere Einblicke lässt hingegen die Stadt Bergheim zu. Nach eigenen Angaben hat sie bereits vor zwei Jahren ihre Sicherheitsstandards deutlich erhöht. „Nicht zuletzt aufgrund der Vorfälle in Berlin, Straßburg, Hanau, Solingen oder Magdeburg wurde unser Sicherheitskonzept für Großveranstaltungen auf den Prüfstand gestellt, angepasst und erweitert“, sagt Sprecherin Christina Conen-Gemmel. Zu den Maßnahmen gehörten auch die Aufstockung des Sicherheitspersonals, die Verstärkung von Polizei- und Ordnungsamtspersonal, Einlasskontrollen sowie stichprobenartige Taschen- und Personenkontrollen. „Zudem werden Rammsperren und weitere mobile Barrieren auf Veranstaltungsflächen installiert, um ein höheres Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Die Züge werden außerdem mit Polizei- und Feuerwehrfahrzeugen am Anfang und am Ende des Zuges abgesichert.“

Eifel

Mehr als 90 Züge gehen an den Karnevalstagen im Kreis Euskirchen. Der Rosenmontagszug in Euskirchen Stadt (Start: 12.11 Uhr) lockt alljährlich mehrere zehntausend Besucher an. Der historische Geisterzug in Blankenheim (Karnevalssamstagabend ab 19.11 Uhr) ist weit über die Kreisgrenzen hinaus bekannt und der Lichterzug in Mechernich-Eiserfey am Karnevalsfreitagabend (ab 19 Uhr) ist zu einem funkelnden Publikumsmagneten mit mehreren tausend Besuchern geworden. Diese Züge haben Veranstalter und Polizei besonders im Fokus, wenn es um das Thema Sicherheit geht. Die Beamten werden dort verstärkt im Einsatz sein, sagt Polizeisprecher Franz Küpper.

Aber auch der Rosenmontagszug in Zülpich (ab 13 Uhr) – mit mehr als 100 Gruppen der größte Zug im Kreis – hat ein neues Sicherheitskonzept erhalten. Die Verantwortlichen in Zülpich setzen auf mobile Sperren, um den Zugweg zu sichern. Wenn es sein muss auch mithilfe von Landwirten. In Euskirchen werden an neuralgischen Stellen und Zufahrten auch Lastwagen der Technischen Dienste eingesetzt.

Auch über Zahl der „Wagenengel“ (Wagenbegleiter) ist vielerorts noch einmal diskutiert worden, um die Sicherheit der Jecke zu erhöhen – so muss es in Euskirchen pro Festwagen mindestens sechs Wagenengel geben. In der Kreisstadt ist zudem der Zugweg geändert worden, um die Sicherheit der Zugteilnehmer, aber auch der Anwohner im Bereich des Zugwegs, zu erhöhen.

Teilnehmer beim Umzug in Mechernich

Teilnehmer beim Umzug in Mechernich

Gedanken über die Sicherheit der Zugteilnehmer und -besucher hat man sich auch bei der Stadt Mechernich gemacht: „Wir werden die Karnevalsgesellschaften bei den besonders publikumswirksamen Zügen im Stadtgebiet mit mobilen Barrieren unterstützen“, sagt Ordnungsamtschefin Silvia Jambor.

Bonn

Mit dem Rathaussturm an der Beueler Weiberfastnacht beginnt die „heiße Phase“ des Straßenkarnevals in Bonn. Die eigens eingerichtete Vorbereitungsgruppe der Bonner Polizei hat bereits im Dezember mit den Einsatzplanungen begonnen. Zu den Höhepunkten des Straßenkarnevals wird die Polizei am Donnerstag sowie beim Rosenmontagszug, zu dem wieder mehrere hunderttausend Jecken erwartet werden, mit einem Großaufgebot im Einsatz sein. „Es liegen derzeit keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung der Karnevalsfeierlichkeiten vor“, sagt Polizeipräsident Frank Hoever. Die Einsatzkräfte werden entlang der Zugwege und an stark frequentierten Bereichen des Straßenkarnevals deutlich sichtbar sein.

Wegen der steigenden Zahlen bei Messerattacken wird die Polizei in diesem Jahr erneut Personen- und Taschenkontrollen durchführen. Gemäß dem Waffengesetz ist das Mitführen von Messern aller Art bei öffentlichen Veranstaltungen verboten. (EB)