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Museum am Kölner DomWie das Römisch-Germanische Museum zum Dauerproblem wurde

Lesezeit 4 Minuten
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Das RGM in Köln in einer Visualisierung 

Köln – Das Römisch-Germanische Museum (RGM) am Kölner Dom soll nach der Sanierung Stand jetzt erst am 29. Juli 2026 wieder eröffnen – das ist 2769 Tage nach der Schließung Ende 2018. Oder anders: Sieben Jahre und sieben Monate soll die Sanierung dauern und damit nochmal knapp eineinhalb Jahre länger als 2017 geplant – und die Risiken sind noch nicht mal alle ermittelt, die siebeneinhalb Jahre sind also sogar die optimistische Variante.

Der neue Terminplan geht aus dem Bericht der städtischen Gebäudewirtschaft hervor, den sie erstmals zu dem Großprojekt RGM-Sanierung vorgelegt hat. In dem alten Haus muss die Technik erneuert werden, vor allem der Brandschutz, auch die Ausstellung wirkte aus der Zeit gefallen in den alten Räumen. Direktor Marcus Trier sagte 2017: „Das Gebäude pfeift auf dem letzten Loch.“ Aktuell erarbeiten die Planer mit der Museumsleitung das Konzept, interimsmäßig präsentiert das RGM sich im Belgischen Haus, des früheren Generalkonsulats Belgiens (siehe Info-Text auf Seite 2).

Baudezernent Markus Greitemann verteidigt den Zeitplan: „Das ist eine absolut realistische Einschätzung und kein Wolkenkuckucksheim.“ Zuletzt geisterte das Jahr 2025 als Bauende umher, Trier sprach 2019 von fünf bis sechs Jahren, also 2025.

Baustelle mitten in Köln: Einige Politiker fordern mehr Tempo

Dabei hatte schon der 2017 präsentierte Zeitplan von sechs Jahren und vier Monaten einem großen Teil des Stadtrats den Puls steigen lassen. Zum einen, weil die Verwaltung den Plan mehr oder minder nebenbei vorlegte. Und zum anderen, weil sie die mehr als sechsjährige Sanierungsdauer nicht klar benannte, sondern die Bauabschnitte und ihre Dauer in dem Informationspapier einzeln auflistete. Das wirkte zunächst recht harmlos, doch addiert ergab es 76 Monate.

RGM innen

Das RGM in Köln in einer Visualisierung 

Das RGM liegt am Dom, mitten in der Stadt, der Einflugschneise für Touristen und hat die zweitmeisten Besucher der Museen in Köln – und da sollte mehr als sechs Jahre nix gehen? Undenkbar für einige Politiker, sie forderten mehr Tempo. Trier sagte zu den Planungen: „Aber da ist eine Menge Potenzial, um Dinge parallel zu entwickeln.“

Das wiederum wunderte einige Mitarbeiter im Rathaus, sie nannten das Beispiel der verkorksten Bühnen-Sanierung, das doch bewiesen habe, wohin Husch, Husch bei der Planung führe. Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) versuchte 2017 im Rat, die Politiker zu beruhigen: „Letztlich wollen wir alle, dass dieses Museum so schnell wie möglich und so berechenbar wie möglich saniert wird und währenddessen so kurz wie möglich geschlossen bleibt.“

Auch die Kosten machen Sorgen

Der erste Bericht der Gebäudewirtschaft lässt Schlimmes ahnen: Denn er ist er nur eine Zwischenanalyse, gerade ermitteln die Experten die Risiken. Die voraussichtlichen Kosten geben sie mit 41,7 Millionen Euro an, doch die Prognose stammt von 2015 und ist heute überholt. Zumal wie so oft weitere Probleme aufgetreten sind: Die Decke zur angrenzenden Dombauhütte samt einer Trafostation ist feucht, muss schon im nächsten Sommer saniert werden. Die Planer rechnen mit einer „deutlichen Kostenfortschreibung“.

Ohnehin ist die RGM-Sanierung eng verwoben mit einem Kulturbauprojekt, das in den nächsten Jahren viel Aufmerksamkeit erhält: die „Historische Mitte“. Mit der Kirche will die Stadt neben dem RGM ein neues Kölnisches Stadtmuseum bauen, weil das Zeughaus ein Sanierungsfall ist. Zusätzlich wollen Stadt und Kirche ein Bürogebäude für Mitarbeiter der Kirche, des RGM und des Stadtmuseums bauen. Es ersetzt das Kurienhaus der Kirche und das kleine RGM-Studiohaus daneben. Aktuell sind 146,8 Millionen Euro für die „Historische Mitte“ vorgesehen, doch das wird nicht reichen.

Noch hat der Stadtrat nur die Pläne für die „Mitte“ abgenickt, der Baubeschluss soll 2022 fallen. Er gilt als wahrscheinlich, weil Grüne, CDU und Volt eine Mehrheit haben und sich zum Bau bekennen. 2028 könnte das Projekt fertig sein. Das neue Stadtmuseum und das RGM sollen über einen unterirdischen Durchgang verbunden sein, römische Hafenstraße und Hafentor sollen beide Museen inhaltlich verbinden. Aktuell untersuchen die Planer aber erstmal, ob der Tunnel machbar ist – es bleiben viele Unwägbarkeiten.

Hintergrund: Das Römisch-Germanische Museum

1974 ist das Haus des Römisch-Germanischen Museums (RGM) am Roncalliplatz eröffnet worden, seit 2017 steht es unter Denkmalschutz. Laut eigener Aussage zeigt es darin „das archäologische Erbe der Stadt und ihres Umlandes von der Altsteinzeit bis ins frühe Mittelalter“. Zudem kümmern sich die Mitarbeiter um die Archäologische Bodendenkmalpflege, sie sichten also unter anderem, ob bei Baustellen archäologisch relevante Stücke gefunden wurden.

193 164 Gäste haben das RGM im Jahr 2018 besucht. Es ist nach dem Museum Ludwig in der Regel das Museum mit den zweitmeisten Besuchern in Köln. Zum Vergleich: Im Ludwig waren es 2018 insgesamt 313 450 Gäste. Seit 1974 haben mehr als 20 Millionen Gäste das RGM besucht, darunter viele Schulklassen.

2018 schloss das RGM und zog in das Belgische Haus an der Cäcilienstraße, dort eröffnete es am 15. November und präsentiert dort rund 600 seiner zehn bis zwölf Millionen Objekte. Die Besucherzahlen brachen dort 2019 auf 46 352 ein. Das RGM ist unter anderem berühmt für das Dionysosmosaik aus dem 3. Jahrhundert nach Christus. Nach der Sanierung sollen die angestaubten Räume des RGM frischer daherkommen (siehe kleine Visualisierung). (mhe)