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„Müssen Reißlinie ziehen“E-Scooter sollen in Köln bis zur Bergung nicht mehr fahren

Lesezeit 4 Minuten
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E-Scooter in Köln

Köln – Das Thema E-Scooter nimmt weiter Fahrt auf: Aus der Politik gibt es deutliche Stimmen, die flinken Geräte zunächst komplett abzuschalten. In einem Dringlichkeitsantrag an den Rat fordert die Bezirksvertretung Innenstadt, dass die Roller bis zur Bergung aus dem Rhein nicht mehr fahren dürfen. „Die Verwaltung wird beauftragt, den Betrieb in der City mit sofortiger Wirkung zu untersagen“, heißt es in dem Schreiben.

Erst wenn die Betreiber ihre Bereitschaft erklären, die Bergung durchzuführen und die Kosten zu übernehmen, könne wieder grünes Licht für die Weiterfahrt gegeben werden. Außerdem fordert die Bezirksvertretung ein generelles Verbot der E-Scooter auf Gehwegen und ein Betriebsverbot von 21 bis 6 Uhr.

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Mit dem nächtlichen Stopp soll auch verhindert werden, dass immer wieder Betrunkene auf die Geräte steigen und dann schwer verunglücken. Laut Polizei gehen 88 Prozent aller Unfälle auf Alkohol- oder Drogenkonsum zurück. „Wir müssen die Reißlinie ziehen“, betont Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke und sprach von „Arroganz der Verleiherfirmen“. Mit der Bergung müsse es endlich losgehen.

So läuft es in Karlsruhe

Die Stadt Karlsruhe hat nach negativen Erfahrungen das Ausleihen von E-Scootern zumindest am Wochenende schon länger beschränkt. Demnach können die E-Scooter zwischen 23 und 6 Uhr am Freitag- und Samstagabend nicht ausgeliehen werden.

Laut Stadt war „insbesondere die ’Spaßfraktion’ mit Alkoholfahrten und anderer missbräuchlicher Nutzung aufgefallen“. Ein Sprecher sagte der Rundschau, das ist das Ergebnis eines Runden Tisches. Es handelt sich demnach aber um eine freiwillige Selbstbeschränkung.

Auf der Internet-Seite der Stadt Karlsruhe steht aber: „Von der Stadt Karlsruhe wurde darüber hinaus festgelegt, dass in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag zwischen 23 und 6 Uhr ein Ausleihvorgang nicht möglich ist.“ Ob es nun freiwillig geschah oder eine Festlegung ist, war am Mittwochabend nicht mehr zu klären.

Ein Sprecher des Anbieters Voi ließ eine Anfrage dazu unbeantwortet. (mhe)

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte sich ebenfalls für ein nächtliches Fahrverbot stark gemacht. Nach den Vorstellungen der OB sollen Verleiher die Scooter zwischen 22 und 6 Uhr überall dort abschalten, wo es zuletzt schwere Unfälle und Klagen über rücksichtsloses Verhalten der Fahrer gab, vor allem in der Innenstadt. Reker setzt auf eine freiwillige Selbstverpflichtung. Denn rechtlich zwingen könne die Stadt die Verleiher dazu nicht. Theoretisch könne die Stadt ihre Sondernutzungsregel zurückziehen.

Doch das will die OB nicht. „E-Scooter können durchaus einen Beitrag zur Mobilitätswende leisten“, sagte Reker. Erste Gespräche mit den Verleihern sollen nun auf Arbeitsebene Ende Juli stattfinden. Reker wird laut Stadt nicht an dem Treffen teilnehmen. Außerdem will die OB die Bergung der Geräte voranbringen. „Wenn die Verleiher, in deren Verantwortung das liegt, weiterhin untätig bleiben, erwarte ich, dass das Wasser- und Schifffahrtsamt die Bergung übernimmt und die Kosten den Vermietfirmen in Rechnung stellt“.

Bergung würde bis zu 100.000 Euro kosten

Das Wasser- und Schifffahrtsamt sieht sich aber nicht in den Pflicht. „Es ist die klare Aufgabe der Verleiher. Sie sollen sich Gedanken machen“, betont der Sprecher der Behörde, Rolf Nagelschmidt. Die Aufgabe des Amtes sei es, die Schifffahrt aus dem Rhein zu gewährleisten. Die E-Scooter auf dem Grund würden die Schifffahrt nicht gefährden. Nagelschmidt ist skeptisch, dass es in Kürze zu einer Bergung kommt – auch wegen der Kostenfrage. „Die Bergung mit einem geeigneten Schiff würde zwischen 50 000 Euro und 100 000 Euro kosten“, so Nagelschmidt. Geeignet wäre das moderne Tauchglockenschiff. Doch dieses Gefährt sei für den gesamten Rhein zuständig und könne nicht für zwei Wochen in Köln Halt machen.

Beim Verband der Verleihfirmen stößt das angedachte Fahrverbot der OB auf wenig Gegenlieb.: „Ein Nachtfahrverbot ist keine Lösung, da man alle Nutzer*innen für das Fehlverhalten von wenigen bestraft. Uns ist es wichtig, mit der Politik und Verwaltung einen Dialog zu führen, der dazu beiträgt, die Verkehrssicherheit in Köln zu erhöhen, ohne dabei den Wandel hin zu nachhaltiger Mobilität zu konterkarieren“, sagte der Sprecher der Facharbeitsgruppe Mikromobilität der Plattform Shared Mobility Christoph Egels. Es gehe darum, konstruktive Lösungen zu finden. Zur Frage der Bergung machte die Plattform keine Angaben.