Köln – Die E-Scooter erhitzen weiter heftig die Gemüter: Die Polizeigewerkschaft fordert wegen der Kopfverletzungen der Nutzer eine Helmpflicht, der Fachverband Fußverkehr Deutschland spricht von „chaotischen Szenen“ auf Kölner Straßen, die Polizei ist offen für ein Verbot der flinken Flitzer in der Domstadt und eine Bergung der Geräte aus dem Rhein ist in weiter Ferne.
E-Scooter auf dem Bürgersteig an der Burgmauer, auf dem Radweg am Rheinufer oder am Aufgang zur Hohenzollernbrücke – die Ortsgruppe Köln des Fachverbandes hat Bilder veröffentlicht, die die Kölner jeden Tag beim Gang durch die Stadt sehen. Die beliebten Flitzer werden einfach mitten auf Gehwegen abgestellt, besonders ältere Menschen kommen nur schwer an den Hindernissen vorbei.
Stadt soll Zahl der Roller begrenzen
Der Verband hat ein „Kölner Forderungspapier“ veröffentlicht und strengere Maßnahmen gefordert. Die Stadt Köln habe mit den Anbietern zwar Regelungen zu den Abstellflächen getroffen, sie seien aber effektlos. Die Verleiher sollten verpflichtet werden, auf den E-Scootern eine Beschwerdenummer anzugeben und nach einem Anruf innerhalb von vier Stunden abgeholt werden.
Das Bußgeld sollte, besonders beim Fahren auf dem Bürgersteig, angehoben werden (derzeit 15 bis 30 Euro).
Rücksichtslos abgelegt: Scooter sind in Köln auch weiterhin ein Ärgernis.
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Die Stadt Köln soll außerdem prüfen, wie viele Tretroller sinnvollerweise zugelassen werden – und das nicht dem Markt überlassen. In der Innenstadt sei es zu einer „Überlastung und Verschlechterung des Stadtbildes“ gekommen. Eine Obergrenze für die City sei wünschenswert. Wenn ein Teil der Flotte in die Außenbezirke verlagert würde, könnten die Geräte zur Stärkung und Verknüpfung des ÖPNV genutzt werden. In der Innenstadt würden die Geräte häufig nur Touristen benutzen.
Kein Bergungskonzept für E-Scooter
Die Bergung der massenhaft in den Rhein geworfenen E-Scootern ist weiter nicht in Sicht. Laut Wasser- und Schifffahrtsamt gibt es keinen neuen Termin. „Ein Bergungskonzept liegt uns weiter nicht vor“, sagte der Sprecher des Amtes, Rolf Nagelschmidt der Kölnischen Rundschau.
Ursprünglich sollte eine Untersuchung am 28. und 29. Juni 2021 beginnen. Doch dazu kam es nicht, weil die Verleiher der zuständigen Wasserbehörde keinen konkreten Plan vorlegen konnte.
Das Amt hatte der Stadt, Bezirksregierung und den Verleihern nach einer Videokonferenz am 25. Mail einen umfangreichen Maßnahmenkatalog auf den Weg gegeben.
Wie viele E-Scooter in Köln auf dem Grund des Flusses schlummern, ist noch unklar. Die Initiative „Krake“, die regelmäßig Aufräumaktionen in und am Rhein organisiert, schätzt die Zahl auf etwa 500. „Im vergangenen Sommer haben wir auf einer Strecke von rund 200 Metern 39 S-Scooter herausgeholt“, sagte ein Sprecher. (ta)
Kölner Polizei offen für ein Verbot
Die Kölner Polizei veröffentlicht seit dem Ende des Lockdowns fast täglich Meldungen über Unfälle mit E-Scootern und spricht von einer schockierenden Einsatzbilanz. Kölns Polizeichef Martin Lotz stellte dazu klar: „Wenn wir uns die schweren Folgen der Unfälle für die Nutzer und die Belastung der Gesellschaft sowie des Gesundheitssystems vor Augen führen, ist die Forderung eines auf kritische Zonen und die kritischen Zeiten beschränktes Nutzungsverbots als letzte Möglichkeit, schwere Unfälle zu verhindern, aus polizeilicher Sicht nachvollziehbar“. Heißt: Die Kölner Polizei ist offen für ein Verbot der Scooter in der Stadt.
Seit Einführung der E-Scooter am 15. Juni 2019 bis Ende Mai 2021 verunglückten in Köln und Leverkusen 351 Menschen bei 329 Verkehrsunfällen mit E-Scootern. 61 Menschen wurden dabei schwer verletzt. In 88 Fällen (etwa ein Viertel aller Unfälle) ist die Unfallursache auf den Konsum von Alkohol oder Drogen zurückzuführen.
Eine Helmpflicht und weitere Schutzkleidung, etwa wie beim Ski-Fahrern, würde die Polizei begrüßen. „Die Verletzungen im Gesicht sind oft so heftig, dass die Menschen keinen Alkoholtest mehr durchführen können“, sagte ein Polizeisprecher.