Kölns Innenstadtpfarrer Meiering spricht im Rundschau-Interview über Vandalismus, Diebstahl und Drogenkonsum in seinen Gotteshäusern.
Kirchen in Köln„Dass uns vor die Tür gekackt wird, passiert täglich“

Reihenweise werden in Kirchen auch Kerzen gestohlen.
Copyright: Nabil Hanano
Zerstörungen und Verwahrlosung in der Stadt werden breit diskutiert. Auch in den Kirchen gibt es gravierende Probleme. Mit Dominik Meiering sprach Ingo Schmitz.
Wie groß ist das Problem des Vandalismus in den Kirchen der Kölner Innenstadt?
Es ist ein stetiges und häufiges Problem. Es fängt damit an, dass wir ständig Graffiti an den Kirchenwänden haben, die wir dann entfernen müssen. Mir ist das wichtig, dass das unmittelbar geschieht, damit es keine Nachahmer anlockt.
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Betrifft das nur die Fassaden?

Schmierereien sind gleich an mehreren Wänden der Kirche St.Maria in der Kupfergasse angebracht worden.
Copyright: Dominik Meiering
Wir haben auch hin und wieder Beschmierungen mit Filzstiften im Kirchraum. Beispielsweise in St. Maria in der Kupfergasse rund um das Kerzenopfer und in der dortigen Gnadenkapelle.
Was sind das für Beschmierungen?
Das sind oftmals die Kürzel der Sprayer, die sogenannten Tags. Aber es gibt auch ganz Sätze und Sprüche. Ich will gar nicht auf die Inhalte eingehen. Vielleicht nur so weit: Ich wurde schon von einer internationalen Organisation gefragt, ob ich auf eine Liste der bedrohten und verfolgten Christen aufgenommen werden will.
Im Stadtbild sind auch Aufkleber jeglicher Art weit verbreitet. Wahrscheinlich macht auch diese Form des Vandalismus nicht vor Kirchen halt?
Wir kämpfen regelrecht gegen einen Aufkleber-Vandalismus. Sie werden mit Vorliebe an die Türen, Schilder und Eingänge geklebt, aber nicht nur dort hin. In diesem Fall kann man allerdings die Hauptverursacher klar benennen: Das sind vor allem die extremen FC-Fans, die sogenannten Ultras und die Antifa. Dazu kommen auch immer wieder Aufkleber aus der LGBTQ-Szene.
In vielen Ecken der Kirchenbauten in der Innenstadt riecht es nach Urin. Wie stellt sich für sie das Problem des Wildpinkels dar?
Es wird permanent an unsere Kirchenfassaden uriniert – beileibe nicht nur zu Karneval. Und leider betrifft das auch nicht nur die Fassaden. Ich kann Ihnen auch Fälle nennen, bei denen in die Heizungsgitter im Innenraum gepinkelt wurde. Oder Fälle, in denen hinter dem Altar ein großes Geschäft erledigt wurde. Und ich rede hier nicht von Einzelfällen. Ich sage es mal frei heraus: Dass uns vor die Tür gekackt wird, passiert täglich.
Sie sagten, „wir“ entfernen die Graffiti so schnell wie möglich. Wer ist wir?
Die Kirchengemeinden. Bei den Grafitti müssen wir Spezialfirmen beauftragen. Den Unrat beseitigen wird, die Aufkleber piddeln wir vorsichtig ab.
Also vorrangig Ehrenamtler?
Wir haben im Bereich der Innenstadt rund 180 ehrenamtliche Unterstützer, die sich dafür einbringen, die Kirchen offen zu halten. Sie sind „das freundliche Gesicht“ unserer Kirchorte und leben eine Willkommenskultur. Sie wünschen einen guten Tag, beantworten Fragen und reichen Flyer mit Informationen. Aber wir müssen sie auch darin schulen, mit etwas schwierigen Besuchern umzugehen.

Ein Mann (Hintergrund) besprüht die Minoritenkirche.
Copyright: Dominik Meiering
Schwierig heißt in letzter Konsequenz, sie können bedroht werden?
Ja, sie stoßen auch auf aggressive Menschen, die sich nicht an Regeln halten wollen, die nicht einsehen, dass man in einer Kirche nicht isst oder telefoniert - oder auch einfach Kerzen mittnimmt. In St. Aposteln wurden kürzlich von allen Kerzenständern die Kerzen eingesammelt und mitgenommen.
Werden auch sakrale Gegenstände gestohlen oder Kunstwerke beschädigt?
In St. Agnes wurde das Kreuz am Hochaltar gestohlen. In St. Andreas ist das Kreuz in der Vorhalle von der Wand gerissen und auf den Boden geworfen worden. Es werden Kerzenleuchter gestohlen und umgeworfen – und vieles mehr.
Ein ersichtliches Problem in der Kölner Innenstadt ist der offene Drogenkonsum. Wahrscheinlich macht auch das nicht an ihren Pforten Halt?
Auch das ist für uns ein Thema. Das betrifft nicht nur das Schlafen nach dem Konsum. Immer wieder kommt es auch dazu, dass sich ein Süchtiger in einer Kirche einen Schuss setzen möchte. Wenn wir das sehen, versuchen wir, mit dem Suchtkranken zu reden. Manchmal erreichen wir so auch Drogenabhängige. Sie suchen sich dann Plätze an irgendwelchen Ecken um dort zu konsumieren – aber immer noch an unseren Kirchen. Einige von ihnen hinterlassen dann dort ihren Unrat. Aber mir ist wichtig, zu differenzieren. Es sind nicht pauschal Drogensüchtige oder Obdachlose, die für Probleme sorgen. Es sind auch viele psychisch Kranke unterwegs. Und als Christen betrachten wir all diese Menschen nicht als Problem.
Aber was wäre ein Lösungsansatz?
Es braucht einfach mehr Hilfeeinrichtungen der Stadt. Es braucht auch mehr öffentliche Ordnung und Sauberkeit. Und gegen Gruppen, die ihre Aufkleber oder Tags überall hinterlassen, müssen Polizei und Staatsanwaltschaft härter durchgreifen. Wir haben es hier oftmals mit den immer selben Tätern zu tun, die kurz identifiziert, befragt und festgehalten werden. Nach einer Stunde machen die wieder weiter mit dem Bekleben und Beschmieren – das ist mir völlig unbegreiflich. Es gilt als Kavaliersdelikt, wenn die Ultras ihre Aufkleber verteilen. Ich sehe das anders. Aber ich möchte auch die Gesellschaft in die Pflicht nehmen. Wenn hier jemand über das Aposteln-Klostergelände läuft und schmeißt ein Kaugummipapier weg, wird das vollkommen unwidersprochen hingenommen. Ich spreche die Betreffenden direkt an und weise daraufhin, dass hier alle paar Meter Mülltonnen stehen.
Sie sagten, Spezialfirmen werden damit beauftragt, Graffiti und Tags zu entfernen. Das ist wahrscheinlich nicht billig?
Das Entfernen von einem Graffito kostet schnell mal 2000 bis 3000 Euro. Da kommen erhebliche Beträge zusammen. Das muss von den Kirchengemeinden getragen werden – am Ende finanziert durch die Kirchensteuer.