Köln – Bis zum Montagabend haben acht der rund 35 Kölner Moscheegemeinden Interesse geäußert, öffentlich zum Gebet aufzurufen. Dabei handele es sich weiterhin nicht um formelle Anträge, sondern um bloße Interessensbekundungen, sagte eine Stadtsprecherin. Die Zentralmoschee der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) in Ehrenfeld gehöre nicht dazu.
Wie berichtet, hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 7. Oktober überraschend erklärt, dass Kölner Moscheen im Rahmen eines zweijährigen Modellprojekts künftig freitags zwischen 12 und 15 Uhr fünf Minuten lang öffentlich zum Gebet aufrufen dürfen. Bedingung ist, dass sie dies vorher bei der Stadt beantragen und bestimmte Auflagen erfüllen, etwa einen Ansprechpartner für mögliche Beschwerden benennen. Die erlaubte Lautstärke der Muezzinrufe will die Stadt in Abhängigkeit von der Lage der jeweiligen Moschee festlegen anhand der Grenzwerte des Bundesimmissionsschutzgesetzes.
Debatte im Stadtrat-Ausschuss
Am Montag war das Modellprojekt erstmals Thema in den politischen Gremien der Stadt, der Verwaltungsausschuss des Stadtrats diskutierte darüber. Grünen-Ratsherr Manfred Richter begrüßte die Initiative: Es gehe hier um „eine neue religiöse Handlung im öffentlichen Raum“, das sei für manche „ein tiefer Grund zur Freude“, bei anderen wecke es jedoch Sorgen. In der kontroversen Debatte darüber hätten einige „die Fakten bewusst falsch dargestellt, um diesen Vorgang zu instrumentalisieren“. Gerrit Krupp (SPD) sagte, Religionsfreiheit gelte „selbstverständlich für alle Religionen, auch den Islam“, und der Muezzinruf sei durch das Grundgesetz gedeckt. Er kritisierte aber, das von der OB gewählte Verfahren sei „politisch nicht klug“. Man hätte die Stadtgesellschaft mitnehmen und das Thema „auf ein breites Fundament“ stellen sollen. „Das kritisieren wir, nicht die Sache an sich“, so Krupp.
CDU-Ratsherr Felix Spehl erklärte, es sei „ziemlich enttäuschend, dass im Vorfeld die Politik nicht eingebunden worden ist. Ich war persönlich sehr überrascht.“ Er halte den Vorstoß auch für „inhaltlich nicht richtig“. Das sei seine persönliche Meinung, so Spehl, der auf die Nähe der Ditib zu Präsident Erdogan verwies. „Jetzt ist es, wie es ist, und wir nehmen es zur Kenntnis." Auch Güldane Tokyürek (Linke) zeigte sich von Rekers Vorstoß überrascht.
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Volker Görzel (FDP) sagte, die OB habe „unserer Stadt keinen Gefallen getan. Frau Reker hat hier einen völlig falschen Weg eingeschlagen, das hat desaströse Konturen angenommen.“ Die Debatte sei „komplett aus dem Ruder gelaufen“, die OB habe „viel Porzellan zerschlagen und Vertrauen zerstört“. Es sei „gut gemeint“ gewesen, „aber grottenschlecht angefangen“.
Christer Cremer (AfD) bekräftigte das strikte Nein seiner Fraktion zum Muezzinruf. Auch er betonte: „Man hätte das in der Politik diskutieren sollen.“ Dagegen lobte Lars Müller (Volt) die Entscheidung der Verwaltung als „fortschrittlich". Die evangelische Kirche habe festgestellt, dass der muslimische Gebetsruf als Einladung zum Gebet mit dem christlichen Glockengeläut vergleichbar sei. „Da wahrscheinlich keine von den Fraktionen, die hier die stärkste Kritik üben, für ein Verbot von Glockengeläut ist, ist eine Gleichstellung der Gebetsrufe nur folgerichtig."
Ratsherr Michael Hock von der Satirepartei „Die Partei" gab der Debatte noch eine humoristische Note. Vielleicht mache es ja Sinn, so Hock, „den Muezzin-Ruf zu modifizieren und nur 'Kölle Allah' zu erlauben um 11.11 Uhr, damit wir das hier auch kulturell einbinden können".