AboAbonnieren

Maue Bilanz für 2022In Köln wurden deutlich weniger Wohnungen gebaut

Lesezeit 4 Minuten
Kräne auf einer Baustelle (Symbolbild)

Kräne auf einer Baustelle (Symbolbild)

In Köln wurden 2022 weniger Wohnungen gebaut als im Vorjahr. Die Zahl der neu erteilten Baugenehmigungen ging stark zurück.

Der Wohnungsbau in Köln ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. 2022 wurden im Stadtgebiet insgesamt 2327 neue Wohnungen fertiggestellt. Das waren 193 weniger als im Vorjahr – ein Minus von 7,7 Prozent. Damit hat Köln das angestrebte Ziel von jährlich rund 6000 neuen Wohnungen erneut nicht ansatzweise erreicht (siehe Grafik). Weil außerdem noch 651 Wohnungen wegfielen, etwa durch Abriss, wuchs der Bestand in Köln tatsächlich nur um 1676 neue Wohnungen auf aktuell 568.746 Wohnungen.

Vorige Woche hatte die städtische Wohnungsgesellschaft GAG noch erfreuliche Zahlen für 2022 präsentiert. Wie berichtet, stellte sie 1043 Wohnungen fertig, darunter 371 neu gebaute, 635 kernsanierte und 37 angekaufte. Das waren 231 Wohneinheiten mehr als 2021 – eine Steigerung um 28,4 Prozent. Doch nun kommt raus, dass dieses Plus das Schwächeln der anderen Akteure auf dem Wohnungsbaumarkt nicht kompensieren kann. Die Effekte des Kriegs in der Ukraine, wie steigende Baukosten und hohe Zinsen, haben in der Baukonjunktur bereits starke Bremsspuren hinterlassen, große Wohnungsunternehmen wie Vonovia legten Neubauprojekte vorerst auf Eis.

Zahl der Fertigstellungen seit 2019 auf niedrigem Niveau

Das zeigt sich etwa am sogenannten Bauüberhang: Die Zahl der genehmigten, aber nicht fertiggestellten Wohnungen in Köln stieg im vergangenen Jahr auf den Rekordwert von 9463. Gleichzeitig ging die Zahl der neu erteilten Baugenehmigungen erheblich zurück. Sie fiel voriges Jahr um 734 auf 2596 (minus 22,0 Prozent).

Laut einer Auswertung des Amts für Stadtentwicklung und Statistik wurden in den Jahren 2010 bis 2015 in Köln im Schnitt rund 3500 Wohnungen pro Jahr genehmigt. Von 2016 bis 2022 waren es durchschnittlich etwa 3100 Wohnungen. Der Wert des Jahres 2022 liegt um rund 500 unter dem Mittel.

Zahlen zum Wohnungsbau in Köln 2010 bis 2022

Zahlen zum Wohnungsbau in Köln 2010 bis 2022

Während 2015 und 2018 in Köln noch jeweils knapp 4000 Wohnungen gebaut werden konnten, verharrt die Zahl der Fertigstellungen seit 2019 auf niedrigem Niveau. Die 2327 neuen Wohnungen des Jahres 2022 sind laut Stadt knapp 550 weniger als der Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2021. Die Hälfte von ihnen sind Zwei- und Dreizimmerwohnungen.

Wie die Stadt darlegt, vergeht heutzutage immer mehr Zeit zwischen dem Erteilen der Baugenehmigung und der Fertigstellung der Gebäude. Nur 20 Prozent der 2022 fertiggestellten Wohnungen seien in weniger als zwei Jahren gebaut worden, teilte Stadtentwicklungsdezernent Andree Haack mit. Bei 38 Prozent habe die Baugenehmigung länger als zwei Jahre zurückgelegen und bei 43 Prozent mehr als drei Jahre. Dagegen seien im Jahr 2015 noch 61 Prozent aller Wohnungen innerhalb von einem Jahr nach Genehmigung fertiggestellt worden.

Köln rast ungebremst auf eine Wohnkatastrophe zu. Das ist der wohnungspolitische Offenbarungseid von Grünen, CDU und Oberbürgermeisterin Reker.
Christian Joisten, SPD-Fraktionsvorsitzender

Ein weiteres Problem: Der Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen mit gedeckelten Mieten schrumpfte 2022 weiter – um 2,2 Prozent auf 37 088. Anspruchsberechtigt für eine solche Wohnung sind   jedoch mehr als 200 000 Kölner Haushalte.

Angesichts der bescheidenen Zahlen übt die SPD scharfe Kritik am Ratsbündnis. Fraktionschef Christian Joisten sagte der Rundschau: „Köln rast ungebremst auf eine Wohnkatastrophe zu. Jedes Jahr müssen 6000 neue Wohnungen gebaut werden, und die Stadt schafft gerade einmal rund ein Drittel davon. Das ist der wohnungspolitische Offenbarungseid von Grünen, CDU und Oberbürgermeisterin Reker. Es müssen jetzt dringend alle verfügbaren Kräfte innerhalb der Stadtverwaltung mobilisiert werden, um den Wohnungsbau endlich wieder anzukurbeln.“

FDP: Bauaufsichtsamt arbeitet ineffizient

Auch die FDP kritisierte Oberbürgermeisterin Henriette Reker und das Ratsbündnis scharf. Eine „unheilige Allianz aus OB, Grünen, SPD, CDU, Linken und Volt bringt den Kölner Wohnungsbau Schritt für Schritt zum Erliegen“, sagte FDP-Fraktionschef Ralph Sterck. Immer neue bürokratische Hürden würden Investoren abschrecken. „Kooperatives Baulandmodell, Milieuschutzsatzungen, städtisches Vorkaufsrecht für Grundstücke, Konzeptvergaben, Erbbaurecht und so weiter heißen die hausgemachten Probleme. Sie sind Gift für den Bau neuer Wohnungen.“

Eine Anfrage der FDP habe ergeben, dass im für Baugenehmigungen zuständigen Bauaufsichtsamt 30 Prozent der Stellen unbesetzt waren. Gleichzeitig hätten sieben Kräfte ein Jahr lang 4000 Grundstücksverkäufe durchforstet, um nur in einem Fall für Bauerwartungsland ein Vorkaufsrecht anzumelden, gegen das dann noch geklagt worden sei. 2020 habe die Gemeindeprüfungsanstalt NRW festgestellt, dass Köln bei der Bearbeitungsdauer von Baugenehmigungen im gesamten Land an letzter Stelle liege. „Von allen 496 Kommunen in NRW hält Köln die rote Laterne. Eine Ohrfeige. Genehmigen darf zukünftig in Köln nicht mehr länger dauern als bauen“, so Sterck.