- Das geplante Fahrverbot für Lkw mit einem Gewicht von mehr als 7,5 Tonnen soll noch im August in Köln in Kraft treten.
- Den Speditionen schmeckt das überhaupt nicht. Sie sprechen von 1,8 Millionen Zusatzkilometern.
- Es droht eine Klage. Die Fronten auf beiden Seiten sind verhärtet.
Kölm – Noch in diesem Monat sollen sie „enthüllt“ werden. Dann kommen die Tüten runter von den bereits aufgestellten Schildern, die Lkw ab 7,5 Tonnen die Durchfahrt durch Köln verbieten. Einzig Lieferverkehr innerhalb der erweiterten Innenstadt (siehe Grafik) darf noch durch. So hat es die Stadt vor wenigen Tagen angekündigt. So sieht es der Luftreinhalteplan vor. Doch der Stadt bläst Gegenwind ins Gesicht. Nicht zuletzt Speditionen aus dem Niehler Hafen gehen auf die Barrikaden und halten der Verwaltung eine Unmenge von Zusatzkilometern entgegen, die sie ab dann werden fahren müssen. Und es kommt noch dicker.
Wie die Rundschau erfuhr, hat der Verband Spedition und Logistik Nordrhein-Westfalen hat einen Brief an Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und an Regierungspräsidentin Gisela Walsken geschrieben: Er droht mit Klage.
Lastenrad statt Sattelschlepper
Oliver Haas hat die Zahlen griffbereit. Er ist Projektmanager der CTS Container Terminal GmbH am Niehler Hafen. Zu seinen wichtigsten Kunden zählen die Chemieriesen in Wesseling. Seine wichtigste Verbindungsstrecke dorthin ist die Rheinuferstraße, über die seine 40-Tonner schon bald nicht mehr fahren dürfen. Haas zückt seine erste Zahl: „25 Kilometer.“ Solang sei der Umweg, den er ab der Sperrung über den westlichen Autobahnring nehmen muss.
Eigentlich weist die Stadt die Innere Kanalstraße als Ausweichstrecke aus. Doch Haas winkt ab: „Da gibt es Brücken, die kann ich mit 40-Tonnern nicht passieren.“ In Arbeitskreisen bei der Verwaltung habe er das auch schon mehrfach gesagt. Aber es habe keiner zugehört. „Stattdessen wurde mir geraten, mal drüber nachzudenken, ob ich nicht auch Frachten mit dem Lastenrad transportieren könnte.“
1,8 Millionen Kilometer mehr im Jahr
Welch Blüten die Sperrung treiben kann, zeigt der Projektmanager an einer Tour nach Olpe auf. „Übers Niehler Ei fährt der Lkw auf das Autobahnkreuz (AK) Köln Nord über das AK West zum AK Süd, über die Rodenkirchener Brücke, um auf die A3 über das AK Ost auf die A4 nach Olpe zu kommen.“ Haas holt die zweite Zahl hervor: „1,8 Millionen Kilometer im Jahr.“ Mit dieser zusätzlichen Fahrleistung rechnet er durch die Sperrung. Was das für die Umwelt bedeutet, hat die neska-Gruppe, eine Tochter der Häfen und Güterverkehr Köln AG, ausgerechnet: Bis zu zwei Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2 ) im Jahr.
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Eine große Sorge bei CTS ist, dass durch die Umwege das Umfrachten am Niehler Hafen zu teuer werden könnte. Dann bestünde die Gefahr, dass die Auftraggeber auf den Schienen- und Wasserweg verzichten und von den Häfen in den Niederlanden und Belgien aus gleich auf den Lkw setzen. Dann wäre die Umweltbilanz noch verheerender.
Umweltaspekte „völlig egal“
Angesichts solcher Szenarien bezweifelt Dr. Rüdiger Ostrowski, dass es der Stadt Köln wirklich um Umweltaspekte geht. „Das ist der Verwaltung völlig egal“, sagt der Vorstand des Verbandes Spedition und Logistik Nordrhein-Westfalen. „Das ist blinder Aktionismus.“ Ostrowski ist überzeugt, dass die Stadt gar nicht das Recht hat, eine Bundesstraße wie die Rheinuferstraße im „Handstreichverfahren“ für durchfahrende Lkw zu sperren. „Wir loten alle juristischen Möglichkeiten aus. Es kann sein, dass wir gegen die Sperrung klagen“, sagt der Vorstand. Das hat der Verband auch Reker und Walsken schriftlich mitgeteilt.
Einen Nutzen für die Umwelt durch das Durchfahrtsverbot für Lkw bezweifelt auch Ulrich Soénius, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Köln. „Wer die Lkw schnell aus der Stadt heraus haben will, der muss die Rheinuferstraße frei machen“, sagt er. Auf allen anderen Routen würden sie nur in den Stau geschickt. „Und der CO2 -Ausstoß wird noch größer.“
Das Argument der Stadt, sie wolle vor allem die Transit-Lkw von einer Abkürzung durch die Stadt abbringen, wischt Soénius vom Tisch. „Kein Fahrer wählt freiwillig eine Route durch die Großstadt, das kostet Zeit und birgt die Gefahr des Steckenbleibens. Die Sperrung trifft alleine die Logistiker im Kölner Raum.“ Und das sind rund 150 Firmen.