Aus den 60ernAlte „Knüppelwagen“ der KVB bilden Rückgrat des ÖPNV in Sarajevo
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Die Wagen vom Typ „GT8“ fuhren vor 13 Jahren noch durch Köln.
Ein Exemplar steht im Straßenbahnmuseum Thielenbruch und kehrt ab und zu für Sonderfahrten in den Verkehr zurück.
Doch in Sarajevo, der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina, nehmen die alten Fahrzeuge eine ganz andere Rolle ein.
Köln/Sarajevo – Einst bildeten sie das Rückgrat des Kölner Nahverkehrs, beförderten pro Zug bis zu 600 Fahrgäste und sorgten jahrelang für zuverlässige Verbindungen zwischen den Veedeln. Die Rede ist vom Straßenbahnwagen Duewag Typ „GT8“ – aufgrund seines knüppelähnlichen Fahrhebels auch Knüppelwagen genannt. In den 1960er-Jahren erhielten die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) insgesamt 150 der modernen Großraumwagen. Zudem wurden einige ältere Sechsachser ähnlicher Bauart sogar zu Achtachsern umgebaut.
Doch im Laufe der Jahre wurden von der KVB immer mehr Streckenäste und letztendlich ganze Linien auf Hochbahnsteige umgebaut. Die GT8 konnten diese Haltestellen nicht anfahren und es wurden die heutigen Stadtbahnwagen beschafft. Außerdem konnten die platzaufwendigen Wendeschleifen der Straßenbahn zurückgebaut werden, denn die neuen Fahrzeuge verkehren im Zweirichtungsbetrieb. Daher wurde ab den 1980er-Jahren der Bestand an Achtachsern nach und nach reduziert.
2006 fuhr die GT8 planmäßig durch Köln
Zuletzt fuhr am 22. Juli 2006 ein GT8 planmäßig über das Kölner Schienennetz, seitdem befindet sich ein Exemplar im Straßenbahnmuseum Thielenbruch und kehrt nur für sporadische Sonderfahrten ins KVB-Netz zurück.
Doch mit der Ausmusterung sollte das Leben vieler Straßenbahnen noch nicht vorbei sein. Der Verkehrsbetrieb im türkischen Konya erwarb insgesamt 60 Exemplare und setzte diese nach einer Modernisierung in dem erst 1992 in Betrieb genommenen Straßenbahnnetz ein. Bis 2015 wurden schließlich fabrikneue Niederflurbahnen ausgeliefert, sodass die ehemaligen Kölner Knüppelwagen nicht mehr benötigt wurden. Weil aber zwischen Konya und der Stadt Sarajevo eine langjährige freundschaftliche Beziehung besteht und in der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina massiver Fahrzeugbedarf gegeben war, gelangten schließlich 20 Achtachser als Geschenk auf den Balkan. Seitdem kommen 16 dieser Fahrzeuge tagtäglich in der Stadt mit nur rund 290.000 Einwohnern zum Einsatz und drehen unentwegt ihre Runden in dem 22,9 Kilometer langen Liniennetz. Vier der Bahnen mussten, ohne auch nur einen Meter gefahren zu sein, zur Begleichung von Verbindlichkeiten am 1. März dieses Jahres verkauft werden und wurden nach der Entnahme noch vorhandener Ersatzteile verschrottet.
Gleisnetz in desolatem Zustand
Die ehemaligen Kölner Bahnen bilden dank ihres Fassungsvermögens und der langlebigen Technik bis heute auch in Sarajevo das Rückgrat des Straßenbahnbetriebs. So befinden sich neben den GT8 auch Fahrzeuge aus Wien, Amsterdam, Brünn, Košice und Bratislava im Bestand des Verkehrsbetriebs „GRAS“ – alle in einem für westeuropäische Verhältnisse grenzwertigen Zustand mit rostigen Wagenkästen sowie klappernden und nicht ganz schließenden Türen. Auch das Gleisnetz selbst ist in desolatem Zustand. Insbesondere zwischen der Universität und dem westlichen Endpunkt in Ilidža gibt es Bruchstellen und nicht eingeschotterte Gleisstränge, sodass sich die Gleise bei der Benutzung leicht bewegen können. Entsprechend langsam und schaukelnd verläuft eine Fahrt auf dieser Linie.
Doch dem Betrieb stehen seit Ende des Bosnienkriegs 1995 nur sehr begrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung. Unklare Zuständigkeiten in der Kantonsregierung, nicht nachvollziehbare Finanztransaktionen und nicht zuletzt Schmiergelder sorgen für immer wiederkehrende finanzielle Engpässe. Doch in den vergangenen Jahren hat sich die Situation leicht verbessert. Während noch vor vier Jahren die Mitarbeiter bis zu drei Monate auf ihr Gehalt warten mussten, sind es jetzt nur noch knapp zwei Monate. Stromausfälle und damit liegengebliebene Straßenbahnen wegen nicht bezahlter Rechnungen sind seit zwei Jahren ebenso passé.
Es winken weitere Kölner Knüppelwagen
Besonders große Hoffnung haben die GRAS-Mitarbeiter nach dem Anfang Mai 2019 in Sarajevo stattgefundenen Jahrestreffen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Demnach soll dem Kanton Sarajevo sowie dem Verkehrsbetrieb ein Millionenbetrag zur Verfügung gestellt werden, um die rund acht Kilometer lange desolate Gleisanlage zwischen Universität und Ilidža grundlegend zu sanieren sowie um 20 neue Niederflurstraßenbahnen nach neuestem Standard anzuschaffen. Und nicht zuletzt hat die Stadt Konya durchblicken lassen, dem bosnischen Verkehrsbetrieb 20 weitere ehemalige Kölner Knüppelwagen schenken zu wollen.