Die Blicke waren vor allem auf die Neuzugänge gerichtet. Manche Fans nahmen mehrere Stunden Zugfahrt auf sich, um dabei zu sein.
Trainingsauftakt des 1. FC KölnRund 1000 FC-Fans auf der Jagd nach Selfies und Autogrammen
Die einen mussten nur die Flussseite wechseln, um ans Geißbockheim zu kommen. Andere trieb es über 150 Kilometer aus dem Sauerland an den Trainingsplatz. Und wieder andere radelten gemütlich auf ihren Drahteseln in den Sülzer Grüngürtel. „Das wird hier immer mehr, die Entwicklung ist schon gigantisch“, beschreibt Benjamin Belgrath die Szenerie mit etwa 1000 Fans beim Start der Sommervorbereitung des 1. FC Köln.
Zusammen mit seinem Sohn Freddy und dessen Kumpel Bosse ist er aus Deutz gekommen, um einer „guten Tradition“ zu frönen und die Bundesliga-Profis hautnah zu erleben. „Wenn Zeit ist, kommt man natürlich hier vorbei“, erklärt der Familienvater. Urlaub sei in diesem Jahr sowieso „nur in Heimatanien“ geplant, sodass er das volksfestartige Event gerne mitnimmt.
Trainingsauftakt des 1. FC Köln: Fotos mit Plüsch-Hennes
Da werden die Bratwürste vom Stand auch Stunden vor der Zeit zum Mittagessen angenommen, Fotos mit Plüsch-Maskottchen „Hennes“ gemacht, Eis geschleckt oder gleich ein paar Mitgliedsanträge ausgefüllt. „Wir wollen uns vor allem Autogramme holen“, verrät der achtjährige Sohn Freddy. „Am liebsten von Marvin Schwäbe oder von Kainz oder von Hübers“, ergänzt der gleichaltrige Bosse.
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Die Jungs müssen also noch eine Weile warten, bis ihre Idole das Lauf- und Athletiktraining genauso abgeschlossen haben, wie die fußballspezifischen Übungen. Vater Benjamin erklärt, dass die Sommerpause für ihn wegen der Transfers ebenso fesselnd ist, wie der Bundesliga-Endspurt.
Deswegen wandern seine Blicke vor allem zu den Neu-Kölnern Luca Waldschmidt vom VfL Wolfsburg oder dem neuen Keeper Philipp Pentke aus Hoffenheim. Dass auch sein Herzensverein das Kommerz-Spiel mitspielen muss, um finanziell handlungsfähig zu bleiben, betrachtet Vater Belgrath als notwendiges Übel. Er erinnert an das Zitat von Trainer Steffen Baumgart, der in Köln auch einen großen Verein sieht, der nach schwierigen Jahren und Jahrzehnten aber noch geweckt werden müsse.
Hector-Trikots weiter hoch im Kurs
Geht es nach den Fans, stehen die Geißböcke sowieso schon in einer Riege mit den Münchnern oder den Dortmundern. Zu Beginn der dritten Ferienwoche gibt es rund um den Trainingsplatz schon kurz vor 11 Uhr nur noch Plätze in zweiter oder dritter Reihe. Aber auch hier können Mann und natürlich auch Frau über das Design des neuen Heim- und Auswärtstrikots diskutieren und zum Ergebnis „Geschmackssache“ kommen.
Das Jersey mit der Rückennummer 14 und dessen Träger seien ja trauriger Weise nicht mehr auf dem grünen Rasen zu bestaunen, gibt Belgrath die Abstinenz von Jonas Hector zu bedenken. Auch wenn dieser seine Karriere beendet hat, tragen seine Anhängerinnen und Anhänger das Trikot stolz weiter.
Das leuchtet auch Norbert Nuss ein. Der 73-Jährige hat seit Hennes Weisweiler viele Stars kommen und gehen gesehen und ließ es sich auch an diesem Montag nicht nehmen, aus Meschede im Sauerland anzureisen. „Das sind zwei Stunden mit dem Zug, aber das hier ist einfach mein Verein“, stellt der Rentner klar. Obwohl in seiner Heimat gerade Schützenfest ist, ziehe er die kölschen Kicker selbstverständlich vor. „Ich komme immer hier her, auch wenn aus Meschede sonst niemand mitkommt“, erklärt er, bevor er sich zum Essen ins Geißbockheim verabschiedet.
Dort wird er auf andere Mitglieder der großen Effzeh-Familie treffen und über die aktuelle Situation seines Herzensvereins fachsimpeln. Somit führen Russ, aber auch Benjamin Belgrath und alle anderen Anwesenden einen Beweis vor. Nämlich den, dass in Köln die Spieler oder der Trainer noch so wichtig erscheinen können. Seine ganz spezielle Kraft erlangt der Traditionsverein aber durch seine begeisterungsfähigen Fans.