Deportationslager Köln-Müngersdorf20 Tonnen schwere Skulptur als Gedenkort
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Müngersdorf – Zwei Schwerlastkräne blockierten den Walter-Binder-Weg mitten im Äußeren Grüngürtel. Die waren auch zwingend nötig. Galt es doch, 20 Tonnen Cortenstahl in die Höhe zu hieven und kurze Zeit später zentimetergenau abzusenken. Gleich vorweg: Das durchaus ambitionierte Vorhaben gelang meisterhaft.
Vier Meter hoch und 19 Meter lang ist die Skulptur, die am zukünftigen „Gedenkort Deportationslager Köln-Müngersdorf 1941-1945“ am Walter-Binder-Weg stehen wird. Gedacht wird der 5000 Inhaftierten, die das Nazi-Regime in dem Müngersdorfer Fort untergebracht hat.
Der international bekannte Künstler Simon Ungers hat die Skulptur erschaffen. Ungers starb 2006. Seine Schwester Sophia verwaltet seinen Nachlass.
Die übereinander geschweißten Doppel-T-Träger formen eine große Wand mit mehreren Öffnungen. Das Kunstwerk steht zum einen stellvertretend für die Wände des Forts. Es symbolisiert aber auch die Eisenbahnschienen, auf denen das Regime Juden deportierte.
„Wir freuen uns, dass wir dank Spenden von rund 132 000 Euro aus unserer Stadtgesellschaft und der Schenkung des künstlerischen Entwurfs von Sophia Ungers nun in der Lage sind, mit der zugesagten öffentlichen Förderung hier einen würdevollen Gedenkort zu schaffen“ sagte Hildegard Jahn-Schnelle, Vorsitzende des Bürgervereins Müngersdorf. Ihr besonderer Dank galt den Großspendern, darunter der Bank-Verlag, die Bethe-Stiftung, der Evangelische Kirchenkreis Köln-Nord, Nachlass Simon Ungers, Rewe-Zentralfinanz, Sparkasse KölnBonn, Stiftungszentrum Erzbistum Köln, Friedrich Wassermann GmbH und die WvM Immobilien- und Projektentwicklung GmbH. Die Stadt Köln unterstützt den Gedenkort mit 150 000 Euro, das Land Nordrhein-Westfalen mit 70 000 und die Bezirksvertretung Lindenthal mit 5000 Euro. „Ein solcher Gedenkort ist einfach wichtig. Gerade in diesen Zeiten“ erklärte Pfarrer Markus Zimmermann, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord, stellvertretend für alle Spender.
Sophia Ungers und der Müngersdorfer Designer und Künstler Bernd Grimm planen einen sogenannten „Weg des Gedenkens“. Der soll im öffentlichen Raum auf die historischen Stätten des Deportationslagers hinweisen. Der Weg aus roten Ziegelsteinen, die an das längst abgerissene Fort erinnern, wird eine rote Linie ziehen zwischen dem Barackenlager und dem Fort V. Am Anfang, am Ende und an der Abbiegung zum ehemaligen Barackenlager werden rechteckige Quader mit eingelegten Edelstahlplatten stehen, auf denen über die Geschichte der Örtlichkeit informiert wird. Mittels eines QR-Codes gelangt man auf die Internetseite des Kölner NS-Dokumentationszentrums. Dort findet man Texte zum Deportationslager im Kölner Westen.
Ein Zeitzeuge, der kurz vor Ort war:
„Ich erinnere mich genau, unter feuchten, mächtigen Betongewölben gestanden zu haben, von denen es unbarmherzig auf Möbel, Bettgestelle, Hausrat ganz allgemein tropfte. Dazwischen unglückliche Menschen, voller Furcht vor dem Kommenden, doch in der Hoffnung, in Theresienstadt demnächst eine Bleibe mit dem Rest ihres Mobiliars zu finden.“
Das Fort V stammte aus den 1870er Jahren, wurde aber 1918 nach dem Versailler Vertrag geschleift. Es hatte auch als Militärgefängnis gedient. Im Gebäude lagen 32 für Wohnzwecke völlig ungeeignete Räume an den 110 Meter langen Korridoren. 1942 wurde in der Nähe des Forts ein Barackenlager errichtet. Es gab weder Strom noch fließend Wasser. Geheizt werden konnte auch nicht. Primitive Aborte standen im Freien.
Laut Kurt Schlechtriemen, der intensiv über das Deportationslager geforscht hat, verfolgten die Nazis mit dem Lager in Müngersdorf zwei Ziele. Zum einen die Deportation der Juden in Vernichtungslager. Zum anderen wollte man dem Wohnungsmangel in Köln entgegenwirken, der nach den Bombenangriffen der Alliierten entstanden war. Etwa 3500 Juden aus dem Rheinland wurden aus dem Lager in Müngersdorf in den Tod deportiert. Die Transporte starteten vom Bahnhof Deutz-Tief. Dorthin wurden die Opfer mit Lastwagen gebracht oder sie liefen zu Fuß von Müngersdorf in die Innenstadt.
„Wir liegen bestens im Zeitplan“, sagte Hildegard Jahn-Schnelle am Rande der Veranstaltung: „Wir werden in Anwesenheit von Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 15. März den Gedenkort im Rahmen einer Feier eröffnen können.“