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Krieg in der UkraineWie Kölns Messe zur Notunterkunft für Flüchtlinge wird

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Nach oben offen sind sowohl die Unterbringungs-Einheiten. 

Köln – „Stand with Ukraine“ steht auf gelb-blauem Untergrund auf einem Info-Kubus nahe dem Eingang zur Halle 3. Die Hinweisschilder in den Gängen sind kyrillisch beschriftet, ebenso die Türen zu den etwa 25 Quadratmeter großen Einheiten, die in den Tagen nach der Ankunft in der Kölnmesse zunächst als Notunterbringung für geflüchtete Menschen aus der Ukraine dienen sollen. „Wir hoffen sehr“, erklärt Kölns Sozialdezernent Harald Rau, „dass die Menschen diese Notunterkunft nach ein paar Tagen wieder verlassen können. Dies kann nur eine erste Auffangstation sein, bevor die Zielstrukturen erreicht werden“.

Dauerhafte Unterbringung dringend gefordert

Gemeint sind dauerhafte Unterbringungsmöglichkeiten, die – das forderten Rau, Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Feuerwehr-Chef Christian Miller unisono ein – über einen Verteilungsschlüssel von Bund und Ländern schleunigst geschaffen werden müssen.

Die Unterbringung

1100 Plätze bietet die Messehalle 3 den Menschen aus der Ukraine. Die Unterbringung in Sporthallen wie vor sechs Jahren wolle man auf jeden Fall verhindern, erklärte Kölns OB Henriette Reker. Die Messe ist ausdrücklich nur als Notunterkunft geplant und nicht als Einrichtung, in der sich die Geflüchteten länger aufhalten sollen. Rund 25 Quadratmeter umfassen die Einheiten mit vier bis sechs Betten. Für weitere Engpässe steht auch die Halle 4 zur Verfügung, dort allerdings sind lediglich Feldbetten und keine Unterkünfte vorhanden. (two)

In der Messe geht es zunächst einmal um Grundbedürfnisse. Sicherheit, ein festes Dach über dem Kopf, ein klein wenig Privatsphäre, medizinische Versorgung, sanitäre Einrichtungen und eine Mahlzeit. 1100 Plätze sind hier eingerichtet, in Einheiten zu vier bis sechs Personen, auf zwei Ebenen verteilt. Feldbetten, ein alter Schrank und eine Biergarten-Garnitur – besser als nichts auf jeden Fall. Die Duschen sind in Containern auf dem Außengelände eingerichtet, die Einheiten stammen aus dem System-Messebau des Hausherren und sind nach oben offen. Es gibt W-Lan, um den Kontakt zur Heimat soweit wie möglich aufrechtzuerhalten. Auch auf Corona-Ausbrüche ist man vorbereitet, es gibt Isolationsmöglichkeiten. Zudem wird man den Menschen Impfangebote machen, die Impfquote in der Ukraine liegt noch deutlich unter der in Westeuropa.

Vor wenigen Tagen noch im eigenen Zuhause

Diejenigen, die hierher kommen, sind in der Regel in der Anlaufstation am Breslauer Platz gelandet. Oft genug mit einem Koffer für vier, Menschen, die vor ein paar Tagen noch ihr eigenes Dach über dem Kopf hatten. Am Bahnhof wird geklärt, ob im Umland oder bei privaten Unterkünften noch Kapazitäten frei sind. 2123 Menschen aus der Ukraine, viele von ihnen Frauen mit Kindern, sind Stand Dienstag bereits anderweitig in städtischen Unterkünften untergebracht. „Unsere Reserven sind erschöpft“, sagt Reker.

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In der oberen Ebene wird noch  gearbeitet. 

Auch wenn man nicht mit den Menschenmassen wie in Berlin oder Hamburg umgehen muss, Städte wie Bochum, Düsseldorf und Köln sind von der Zureise stärker betroffen als ländliche Regionen. „Eine Mammutaufgabe“, bestätigt Rau und weist darauf hin, dass Köln bereits über 5000 Menschen aus Afghanistan, Syrien und anderen Krisenherden der Welt beherberge.

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Harald Rau, Henriette Reker und Christian Miller (v.l.). 

Wenn nichts mehr geht, greift die Unterkunft in der Messe. Hier werden die Menschen von ukrainisch oder russisch sprechenden Helfern verschiedener Organisationen in Empfang genommen, getestet und auf den ersten Wegen begleitet. Die Menschen werden registriert, allerdings nicht im Sinne des Ausländerrechts – zunächst geht es einfach darum, zu wissen, wie viele in Köln angekommen sind und wie sie heißen.

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Die Zimmer sind durchnummeriert. 

Die Einheiten wurden von der Feuerwehr und dem THW aufgebaut, das Material stammt von der Messe. „Die Kölnmesse hat uns sofort unterstützt“, sagt Reker. Dankbar sei sie aber nicht nur deshalb, sondern vor allem wegen der vielen freiwilligen Helfer und Hilfsorganisationen, ohne die wir das nicht leisten könnten“. Sie geht aber auch davon aus, dass dies erst der Beginn ist: „Ich gehe davon aus, dass noch viele Menschen kommen werden. Alleine schaffen wir das nicht.“

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Von einer „extrem hohen Herausforderung“ spricht Feuerwehr-Chef Miller: „Wir versuchen, eine krisenhafte Situation nicht zur Katastrophe werden zu lassen.“ Die Feuerwehr befinde sich wie andere Institutionen auch längs in einem Krisenmodus. Eine Prognose über die Dauer der Unterbringung konnte und wollte er wie die Stadtoberen auch nicht abgeben: Nachdem Putin nun auch Ziele in der Westukraine angreife, verschärfe sich die Situation zunehmend. „Wir müssen mit allem rechnen“, sagt Miller. Auch damit, dass die Unterkünfte in der Halle 3 nicht ausreichen werden. Die nebenan liegende Halle 4 ist für den schlimmsten Fall auch schon belegt. Ausschließlich mit Feldbetten.