„Warum ist Putin eigentlich so gemein?“Wie Kölner Grundschüler über den Krieg denken
Warum Krieg? „Putin hat doch schon das größte Land auf der Welt und die Krim, wieso will er dann immer noch mehr?“ Nicht nur diese Frage stellen sich Mira und Lia, Elyas, Liam, Leonard, Luca, Su, Nia, Parkha, Didi und Fin aus der Känguruklasse 2b der Gemeinschaftsgrundschule Antwerpener Straße zum Krieg in der Ukraine. „Und wenn die sich streiten, gehen sie besser in eine Gruppe, wo sie zu Streitschlichtern ausgebildet werden. Wir haben so eine!“, sagt Lia und erntet Beifall für den diplomatischen Vorschlag.
Warum ist Putin eigentlich so gemein?
Das wäre vielleicht eine Möglichkeit auch für Putin, beratschlagen die elf Zweitklässler in der lebhaften Gesprächsrunde mit der Rundschau, alle melden sich zu Wort beim Zusammensitzen in der gemütlichen Bibliothek, wollen über Krieg und Frieden, Sorgen und Wünsche spreche.
„Eigentlich hat ja jeder Mensch auch gute Seiten, aber wieso ist Putin nur so gemein?“, sagt Mira. „Russland und die Ukraine, die sind doch eigentlich wie Cousins und Cousinen, die Länder waren doch mal Freunde!“, findet Parkha. Wer soll das verstehen? Kurzes Schweigen. „Ich weiß was: Putin hat Angst, weil sein Land kleiner wird“, gibt einer zu bedenken. Parkhas Familie stammt aus Afghanistan, so hat sie selbst „ein bisschen erlebt“, was Krieg für Folgen haben kann. „Zum Glück ist hier kein Krieg.“
Pädagogen raten: Kindgerecht über Ängste reden
Krieg in der Ukraine - das Thema bewegt auch die Schulen und Familien. Wie erklärt man Kindern den Krieg? Ein schwieriges Thema, oft verbunden mit verstörenden Bildern und Informationen. Es kann Unterrichtsthema sein oder in Projekten und Unterstützungsaktionen aufgegriffen werden. Ein Rat von Pädagogen und Psychologen: Sorgen und Ängste ernst nehmen und kindgerecht, ehrlich darüber reden, ohne eigene Ängste zu übertragen – und auch mal Pause machen von schlechten Nachrichten und Spaß haben.
Das Portal logineo NRW oder die GEW zum Beispiel stellen pädagogisches Material für Lehrkräfte bereit. Warum gibt es diesen Krieg? Wie kann man den Betroffenen helfen? Muss man auch in Deutschland jetzt Angst haben? Um Kindern Fragen zu beantworten, macht etwa der WDR kindgerechte Informationsangebote bei der Maus, dem Magazin „neuneinhalb“ und auf der Kinderwebsite des WDR KiRaKa , darüber hinaus die ZDF logo-Nachrichtensendung.(MW)
„Die Kinder unserer Schule gehen ganz unterschiedlich mit dem Thema um“, sagt Klassenlehrerin Birke Deissler. „Teils möchten sie gar nicht darüber sprechen, haben mit Corona und nun dem Krieg Belastungen genug. Wir warten, ob etwas von ihnen aus kommt und gehen individuell darauf ein. Es ist sehr wichtig, ihre Fragen und Sorgen ernst zu nehmen und sie kindgerecht in ihrer vertrauten Umgebung zu besprechen.“ Wichtig sei, „dass sie jemanden haben, wo sie sich sicher fühlen“. Die GGS im Belgischen Viertel ist so ein sicherer Ort für rund 160 Kinder aus vielen Nationen.
Die Klasse 2b sucht gemeinsam die Ukraine auf einer großen Weltkarte, andere beschäftigen sich auch zuhause mit Fragen dazu: Wer ist Putin? Was ist Krieg? Wie hat er angefangen und warum? „Das ist nicht nur in der Ukraine passiert, sondern Putin hat auch Georgien attackiert“, berichtet Luca, dessen Familie aus Georgien nach Köln gezogen ist. Flucht und Vertreibung, das sind für die erst sieben und acht Jahre alten Kinder keine Fremdworte.
Viel Wissen über die Nachrichten
Auch über den Zweiten Weltkrieg, Nato und Atomwaffen wissen einige schon eine Menge, zum Beispiel aus den Kindernachrichten. Liam findet „krass, dass eine Atombombe ganz Köln und noch mehr zerstören könnte, ein Atomkrieg die ganze Welt. Am besten haben alle keine Waffen, dann gibt es auch keinen Krieg.“ Punkt. Die Nato sei dabei eine wichtige Einrichtung zur Verteidigung, führt er aus und erklärt das Bündnis der Gruppe wie ein Reporter aus der Sendung mit der Maus, so dass es jeder versteht. Auch Mira hofft, „dass nicht noch Schlimmeres passiert wie zum Beispiel Atombomben.“ Sie wünschen, „dass alle sich in ihren Ländern wohl fühlen“ und „Putin kapiert, dass Krieg nichts bringt“. Aber wieso wehren sich nicht mehr Menschen in Russland dagegen? Einer sagt: „Sie haben Angst.“
Die Elf tragen viele kluge Gedanken und Ideen für eine bessere Welt zusammen, sie sprechen in Familien und der Schule in diesen Tagen viel über Gewalt und was man dagegen tun kann. „Kein Öl mehr von denen kaufen, kein Geld tauschen, dann bekommt das Land Probleme“, ist ein Vorschlag. Auch Nia und Su wünschen sich, dass der Krieg aufhört. „Ich will, dass Putin nie mehr auf solche Gedanken kommt.“ Luca erzählt von den Klitschko-Brüdern, die mutig gegen die Feinde kämpfen. Auch die Bilder von zurück bleibenden Männern und Vätern, und den flüchtenden Müttern mit Kindern bewegen die Pänz. „Die Männer müssen alle kämpfen, da können wir wenig helfen.“
Nach dem Gespräch ist es Zeit für eine Pause, Friedensarbeit mit Spaß: Die Kinder basteln einen Friedenszaun, behängen ihn an der Genter Straße mit selbst gebastelten großen Peace-Zeichen, Schriftzügen und Flaggen nicht nur in Blaugelb. Dann sehen alle: Auch die GGS ist gegen Krieg. „Ich möchte mit meinen Eltern spenden und helfen“, sagt Elyas. Alle nicken.
Ob sie sich mal als Präsident für eine „Känguru-Demokratie“ einsetzen, möchte Birke Deissler am Ende dieser besonderen Schulstunde wissen. „Präsident will ich aber nicht werden, ich will schon was anderes werden“, rufen die Kinder: Tänzerin, Sängerin, Autorin, Forscher oder Abenteurer zum Beispiel, das wär was! Liam stellt klar: „Ich werd’ nur Präsident, wenn es jemand gibt, der den Papierkram erledigt.“