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Zur VerwaltungsreformStadt Köln richtet Labor für „Design Thinking“ ein

Lesezeit 4 Minuten

Feuer frei: Henriette Reker steuert mit Hilfe von Guido Münster (r., TH Köln) den Roboter und schießt auf Stadtdirektor Keller.

Köln – Zuerst einmal hat OB Henriette Reker Stadtdirektor Stephan Keller abgeschossen – aber nur mit einem ferngesteuerten Spielzeugroboter. Der gehört zur Ausstattung des „Zukunftslabors“ der Stadt, das gestern in der dritten Etage des Bezirksrathauses Innenstadt in Betrieb genommen wurde. Den roten Knopf mit Funktechnik, der für die Übertragung des Eröffnungssignals ohne Kabel auskam, hätte Reker gerne eingepackt: „Kann der alles in Gang setzen? Er passt in meine Handtasche“, scherzte Reker, die mit dem Zukunftslabor ihre Verwaltungsreform vorantreiben will.

Der Stadtdirektor durfte zeitgleich auf einen Knopf aus dem 3D-Drucker drücken. Dieser Knopf sah zwar etwas blasser aus, wechselte aber durch das Drücken die Farbe von Rot zu Grün. Ein 3D-Drucker, mit dem auch das Stadtmodell vervielfältigt werden könnte, gehört mit zur Technikausstattung des Labors.

Expertin aus Peking zugeschaltet

Es ist 140 Quadratmeter groß, so dass 60 bis 80 Besucher zeitgleich Ideen austauschen können. Reker: „In diesem Labor kann man erproben, wie die Dienstleistung der Zukunft aussieht. Wir müssen auf jeden Fall vom Uraltbegriff ,Amtszimmer‘ weg.“ Legosteine, Würfel mit abstrakten Symbolen und Karten mit Standardthemen gehören zur Ausstattung. Sie sind dazu da, die Gedanken in neue Richtungen zu lenken. Das alles gehört zu einer wissenschaftlichen Methode, die sich „Design Thinking“ nennt. Der Fachbegriff steht für kreatives, gegenständliches Denken und vor allem dafür, Dinge überhaupt mal zu tun und nicht nur darüber zu reden. „Wir müssen dazu kommen, bei einem Entwicklungsstand von 80 Prozent bereits in die Umsetzung zu gehen“, sagte Stadtdirektor Keller: „Früher wurden Dinge in der Verwaltung mindestens bis zur 100-prozentigen Reife entwickelt, teilweise zur 130-prozentigen, und dann wurden sie doch nicht umgesetzt.“

Zur Eröffnung im Kreis von Amtsleitern war die Service-Design-Professorin Birgit Mager von der FH Köln aus Peking live zugeschaltet – per Tablet mit Kameraauge auf einem Robotergefährt, das wie ein Besenstil auf Rädern aussah. Die Wissenschaftlerin ermahnte die Nutzer: „Versuchen Sie keine Probleme zu lösen, bevor Sie sie verstanden haben. Springen Sie nicht auf die erste Lösung auf, nehmen Sie sich Zeit für Kreativität und eine Alternative, die Sie nicht alleine, sondern mit denen entwickeln sollten, für die die Lösung ist.“ Ein weiterer Rat an die Amtsleiter: „Haben Sie keine Angst vor der Zukunft, und denken Sie mit den Händen.“

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Die Ausstattung hatten Studierende der Köln International School of Design in einem semesterübergreifenden Projekt ausgetüftelt. Lina Mebus, Henrike Mißfeldt und Anastasia Bondar übergaben Teile der Ausstattung noch als Pappmodell, etwa einen Wagen mit Arbeitsmaterial. Eine Sitzgruppe bestand nur aus Limo-Kästen mit Filz- und Spanplattenabdeckung.

48 000 Euro hat sich die Stadt das Labor kosten lassen. Für den Betrieb stehen jährlich 40 000 Euro zur Verfügung. Die Amtsleiter hatten gestern zwei Stunden Zeit, das Labor und seine Möglichkeiten kennenzulernen. Sie sollen es ämterübergreifend Teams zur Suche nach Zukunftslösungen empfehlen. Auch Start-ups und Bürger sollen hier mit der Verwaltung Ideen für die Zukunft entwickeln. Alle Bürger sollen am 3. Juli, einem Mittwoch, ins Zukunftslabor schauen dürfen.

Drei Fragen an...

Markus Stiefelhagen, Bereichsleiter Innovation bei der Kreissparkasse Köln.

Warum hat Ihr Unternehmen „Design Thinking“ eingeführt?

Wir möchten in unserem „Media-Plenum“ Mitarbeitern das Thema Digitalisierung näher bringen, aber auch einen Raum bieten, in dem Arbeiten nach neuesten Methoden möglich ist.

Warum braucht man einen solchen Raum?

Wenn man sich mit Zukunft befasst, ist eine Atmosphäre hilfreich, die – anders als der gewohnte Arbeitsplatz – frei von der Vergangenheit ist. Das macht es auch einfacher, losgelöst von Hierarchien zu planen und zu arbeiten und verschiedene Blickwinkel einzunehmen.

Haben Sie damit Erfolg?

Sehr guten. Ein Beispiel: Als wir uns mit Videoberatung beschäftigten, kamen wir drei bis vier Monate nicht wirklich weiter. Es gab immer wieder rechtliche Bedenken. Wir haben dann alle eingeladen – vom Sicherheitsbeauftragten bis zum Produktdesigner und losgelöst von Hierarchien diskutiert. Binnen zwei Stunden hatten wir eine Lösung, die den Nutzer nicht überfordert und trotzdem den Vorgaben entspricht.