Köln – Corona schränkt nicht nur das öffentliche Leben ein, sondern wirkt sich massiv auf die Gründung des neuen Stadtrates aus. Am 13. und 27. September haben die Kölner das Gremium und Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) gewählt. Ab 1. November sollte der neue Rat sich in drei Sitzungen am 5., 10. und 19. November konstituieren. Laut Gesetz muss das in den sechs Wochen bis 12. Dezember passieren. Doch dieser Zeitplan ist nun passé. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wann tagt der Rat das erste Mal?
Wie geplant am kommenden Donnerstag. 90 Mitglieder hat der neue Stadtrat, an diesem Tag verpflichten sie sich auf ihre Aufgaben. Reker soll vereidigt werden, zudem wählt der Rat an diesem Tag die vier ehrenamtlichen Bürgermeister als ihre Stellvertreter. Nominiert sind von ihren Fraktionen: Andreas Wolter, Brigitta von Bülow (beide Grüne), Ralf Heinen (SPD) und Ralph Elster (CDU). Dieses Programm soll auch so bleiben.
Läuft die Sitzung wie geplant ab?
Nein. Die Sitzung soll nach Rekers Willen zwar im Ratssaal im Spanischen Bau stattfinden, aber kurz und knapp gehalten werden, die Tagesordnung verkürzt werden. In einem Schreiben an die Ratsmitglieder schreibt Reker: „Um der besonderen Situation Rechnung zu tragen, halte ich es aber für angemessen, Tagesordnung und Dauer der konstituierenden Sitzung zu reduzieren.“
Das wird Reker am Anfang der Sitzung den 90 Politikern vorschlagen. Eigentlich sollen sie an diesem Tag festlegen, wie viele Fachausschüsse es geben wird, wie sie heißen, wie viele Mitglieder sie haben und wer den Vorsitz übernimmt. Als Kriterium dient, welche Fraktion wie viele Sitze hat. Laut Gesetz sind sechs Fachausschüsse Pflicht, beispielsweise der Wahlprüfungsausschuss und der Hauptausschuss. Nur diese beiden Gremien will die Oberbürgermeisterin an diesem Tag bilden lassen.
Warum gerade diese beiden Ausschüsse?
Weil sie laut Reker die Arbeitsfähigkeit des Rates sicherstellen, vor allem der Hauptausschuss. Der könnte in einer Übergangsphase entscheiden, er hat nur 14 Mitglieder, ein Treffen wäre weniger riskant. Er diente schon in der ersten Hochphase als „Ersatzgremium“. Aufgrund der kleinen Anzahl haben aber nicht alle Fraktionen Stimmrecht, es ist rechtlich unklar, ob er die Aufgaben des Rates übernehmen kann. Er soll das erste Mal am 23. November tagen.
Was passiert mit den anderen beiden Ratssitzungen?
Sie sollen nach dem Willen der OB verschoben werden, um die „außergewöhnlichen Rahmenbedingungen“ zu berücksichtigen. Angedacht sind der 3. und 10. Dezember, „in Abhängigkeit der Infektionslage“, schreibt Reker. Diese Termine lägen noch in der Sechs-Wochen-Frist. Der Grund: Es stellt sich die Frage, ob es aktuell vorbildlich ist, den Alltag der Bürger einzuschränken, sich als Politik aber in kurzer Zeit drei Mal in einem relativ engen Ratssaal mit mehr als 130 Menschen zu versammeln.
Zusätzlich zu Politikern sitzen Teile der Stadtverwaltung, Presse und Bürger in dem Raum. Laut Corona-Schutzverordnung darf der Stadtrat sich aber treffen, zumal im Saal Schutzwände stehen – aber einige Politiker zählen zur Risikogruppe, beispielsweise ist Walter Wortmann von den Freien Wählern 72 Jahre alt. Das Durchschnittsalter des Gremiums beträgt 48,8 Jahre. Ab März hatte der Rat vier Mal in kleiner Besetzung im größeren Gürzenich getagt. Das ist offenbar keine Option.
Millionen für Flughafen und Messe?
75 Millionen Euro, um diese Summe bittet der Flughafen Köln/Bonn seine Eigentümer, also den Bund, das Land NRW, die Städte Köln und Bonn sowie den Rhein-Sieg- und den Rheinisch-Bergischen Kreis. Die Stadt Köln müsste zu dieser Eigenkapitalspritze, die gegen die Einnahmeverluste durch die Corona-Krise helfen soll, 23, 3 Millionen Euro beisteuern. Der Finanzausschuss beschäftigte sich am Freitag erstmals mit dem Hilferuf des Flughafens. Entschieden wurde aber nichts, lediglich zur Kenntnis genommen. Der neu gewählte Rat und seine Fachgremien soll sich nach seiner Konstituierung damit beschäftigen.
125 Millionen Euro, so groß ist der Verlust durch die Corona-Krise, von dem die Kölnmesse bisher ausgeht. Der müsste durch die Eigentümer ausgeglichen werden, dafür bedarf es keines Beschlusses, das ist die Pflicht der Eigentümer. Für die Stadt Köln bedeutet das einen Zuschuss von rund 100 Millionen Euro. Den Rest muss das Land übernehmen. Doch darüber hinaus möchte die Messe nun auch Geld für den Bau einer neuen Halle, der sogenannten Confex-Halle. Um den trotz Krise finanzieren zu können, sollen die Eigentümer nochmals 120 Millionen Euro zuschießen. Auch diese Entscheidung wurde an den neuen Rat übergeben. (ngo)
Was entscheidet der Rat in den beiden Sitzungen?
Dann sollen die Politiker die weiteren Fachausschüsse bilden, die aus der ersten Sitzung aufgeschoben worden sind. Und das Gremium legt fest, wer von ihnen welchem Ausschuss angehören wird. Parteien können statt Ratsmitgliedern Sachkundige Bürger als stimmberechtigte Mitglieder in Ausschüsse entsenden.
Zusätzlich können die Fraktionen und Gruppen sachkundige Einwohner ohne Stimmrecht berufen, sie beraten nur. Als Fraktion gilt, wer mindestens drei Mitglieder hat. Und es werden die teils gut dotierten Sitze in den Aufsichtsräten der städtischen Beteiligungsunternehmen verteilt, etwa der Stadtwerke. Insgesamt werden mehr als 270 Sitze in rund 35 Aufsichtsräten vergeben.
Und wann tagen die neuen Ausschüsse?
Abgesehen vom Haupt- und Wahlprüfungsausschuss: erst im neuen Jahr – wenn der Rat Rekers Vorhaben abnickt.
Was kostet die Arbeit des Stadtrates?
Das waren etwa im Vorjahr 5,85 Millionen Euro, davon sind 3,43 Millionen Euro Geld für Personal, etwa Referenten, und 2,42 Millionen Euro Aufwandsentschädigungen. Wer wie viel Geld bekommt, legt die Politik selbst fest, die Mittel richten sich je nach Anzahl der Ratsmitglieder. Doch die großen Volksparteien SPD und CDU haben massiv Sitze verloren, von 27 beziehungsweise 25 auf je 19.
Damit einhergeht der Verlust von unter anderem Büros. Nach Rundschau-Informationen überlegen Teile des neuen Rates, sich mehr zuzugestehen als bisher, um das aufzufangen – aber ob höhere Ausgaben in Zeiten einer Pandemie mit heftigen Belastungen für den Steuerzahler gut in der Öffentlichkeit ankommen?
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Die Grünen als Wahlgewinner bekommen mehr Zuwendung, weil sie sich von 18 auf 26 Sitze vergrößert haben. Auf Basis der geltenden Regel erhielten sie 16 statt zwölf Räume, statt elf Computer 14 und statt 14 Telefonen jetzt 18. Und: Als einzige Fraktion hätte sie ein Recht auf einen Dienstwagen mit Fahrer.
Doch einige Anzeichen weisen darauf hin, dass es die Wagen für einzelne Fraktionen zukünftig nicht gibt, sondern einen Fuhrpark, den die Fraktionen nutzen. Es ist aber zu hören, dass sich manch Politiker schwer tut, auf solche Gewohnheiten zu verzichten.