Es ist eine CSD-Demo der Superlative: So viele Teilnehmende wie noch nie zuvor und mit 35 Grad eine Rekordhitze. Der Kölner CSD ist eine der größten Veranstaltungen der LGBTIQ-Community in Europa.
Happy PrideHeiße CSD-Parade der Superlative
Als die Kutsche, die den CSD anführt, kurz nach 14 Uhr in der Komödienstraße eintrifft, ist der letzte Wagen in Deutz immer noch nicht gestartet. „Die Demo ist so groß und lang, das ist unfassbar“, freut sich Barbara Barth vom Vorstand des ColognePride e.V.. Ausgelassen feiern Hunderttausende Menschen an diesem Sonntag den Christopher-Street-Day. Glücksgefühle bei den Veranstaltern, Begeisterung im Zug und am Wegesrand.
Regenbögen überall
„Bei uns in Rumänien wäre das so nicht möglich. Das ist der Wahnsinn“, sagt Sergio. Zusammen mit drei weiteren Besuchern aus „Sister-Cities“ trägt er am Anfang der Parade ein Banner mit dem Motto „LGBTI-Rechte sind Menschenrechte". Im Zug dann Plakate wie: „Für Trans-Rechte" oder „Für Poly-Rechte". Und überall - ob auf Fahnen, Fächern, als Luftballon, Konfetti, Gesichtsbemalung, Haar- oder Bartfarbe - der Regenbogen. Das Zeichen der Vielfalt und der Offenheit.
„Es können gar nicht genug Menschen für die Rechte queerer Menschen auf die Straße gehen“, hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Vorfeld unterstrichen. Neben der OB sprachen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Jens Pielhau vom Vorstand des Vereins ColognePride, der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann (Grüne) und wie schon oft Staatsministerin Claudia Roth (Grüne) zur Eröffnung. „Köln schätzt die Vielfalt“, betonte Reker. „Deutschland kann von Köln lernen“, sagte Lauterbach, „Köln ist eine besondere Stadt.”
Mustafa sieht das genauso. Er ist mit seinem Freund extra aus München angereist. „Der CSD in Köln ist viel diverser und bunter als der in München. Das ist unschlagbar. München ist weißer", sagt der türkisch-stämmige Mann. Pickepackevoll ist die Innenstadt, an der Demo-Strecke jubelt eine bunte Menschenmasse. Es gibt viel nackte Haut, Glitter, Lack und Leder und ausgefallene Kostüme vom Regenbogen-Engel bis hin zum schwarzen Teufel mit Netzstrümpfen.
Wer als Drag Queen unterwegs sein möchte, muss bei der Hitze besonders leiden. „Das halte ich aus“, sagt Drag Queen Tatjana Taft, die vor dem ersten Wagen auf High Heels majestätisch daher schreitet. Ihre bunten Brüste sind Fröschen, die das Maul öffnen können nachempfunden. Wundersamerweise verschmiert ihr Makeup nicht. Auch Tom, der in Lederkluft eine acht Meter lange Regenbogenflagge hinter sich herschleppt, trotz der Hitze. „Es ist einfach nur toll", sagt er.
Fächer in Regenbogenfarben sind allerorten. Eine junge Person mit Transflagge in Rosa, Hellblau und Weiß fächert einer lächelnden Polizistin Luft zu. Ausgelassen tanzt die Menge zu den Beats, die von den Wagen schallen. Mit Konfetti-Kanonen und Kunstnebel liefert die Laserfabrik von ihrem Wagen besondere Show-Effekte.
Zuschauer kommen aus Solidarität
„Wir sind hetero, aber wir finden das hier sehr wichtig, um für Toleranz zu werben", sagen Walter und Inge. Das Kölner Paar um die 60 steht in der Menge am Heumarkt. Auf der Hohe Straße erlebt die elf Monate alte Edda auf dem Arm ihres Vaters und neben ihrer Mutter ihre erste CSD-Parade. „Mein Bruder geht mit seinem Freund auch mit", sagt der Vater.
Immer wieder erklingt: „Happy Pride!“ Bei strahlendem Sonnenschein und ist die Kölner CSD-Demo kurz vor 12 Uhr auf der Deutzer Brücke gestartet. Es ist eine CSD-Demo der Rekorde. So heiß wie heute war es wohl selten in den ganzen Jahren seit 1991, in denen der CSD in Köln gefeiert wird. 35 Grad. „Passt aufeinander auf. Trinkt genug“, warnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und verwies auf die Hitzewarnung des Deutschen Wetterdienstes.
Mit 224 Gruppen so viele wie noch niemals zuvor
Es ist die längste CSD-Demonstration jemals. 224 Gruppen haben sich angesagt. Dabei sind Vereine und Initiativen ebenso wie Firmen, Radio- und TV-Sender, die KVB und der 1. FC Köln mit den Spielern Timo Hübers und Steffen Tigges. Bei Ford fahren die ehemalige Princess Charming Irina Schlauch und ihre Freundin Ricarda Hofmann mit. In lindgrünen T-Shirts feiern junge Leute auf dem Wagen der Katholischen Landjugend im Erzbistum Köln.
Es ist eine Riesenparty. Aber eine Party mit einem sehr ernsten Anliegen. Immer noch sind queere Menschen, also jene, die nicht einer zweigeschlechtlichen oder heterosexuellen Norm entsprechen, Diffamierungen ausgesetzt. In einigen Ländern müssen sie sich vor Strafen fürchten. Das Motto „Für Menschenrechte. Viele. Gemeinsam. Stark!“ ist zwar nicht neu, aber es hat nichts von seiner Aktualität eingebüßt.
Das Straßenfest in der Altstadt musste wegen einer amtlichen Unwetterwarnung am Sonntag ab etwa 17 Uhr für rund eineinhalb Stunden unterbrochen werden. Der Demonstrationszug zog indessen weiter. Bis in den Abend hinein sind noch Wagen und Gruppen unterwegs. So lange wie noch nie zuvor.