Der Ansatz und die Methodik der Rechnungsprüfer seien ungeeignet, der Bericht daher ohne Aussagekraft, sagt die Oberbürgermeisterin.
„Methodik ungeeignet“OB Reker weist Kritik an Kölner Verwaltungsreform zurück
Die scharfe Kritik des Rechnungsprüfungsamts der Stadt Köln (RPA) an der Verwaltungsreform von Oberbürgermeisterin Henriette Reker (die Rundschau berichtete exklusiv) hat im Rathaus hohe Wellen geschlagen. Die Prüfer hatten unter anderem bemängelt, die Reform habe selbst gesetzte Einsparziele bei weitem nicht erreicht. Reker weist die Vorwürfe entschieden zurück. Ansatz und Methodik der Rechnungsprüfer seien ungeeignet, der Bericht daher ohne Aussagekraft. Fragen und Antworten.
Worum ging es bei der Reform?
2017 startete die OB in der Stadtverwaltung einen breit angelegten Reformprozess mit 229 Projekten. Er dauerte fünf Jahre. Ziel war unter anderem, Bürgerservice, Organisation und Kommunikation zu verbessern, die Digitalisierung zu beschleunigen und die Stadt als Arbeitgeberin attraktiver zu machen. Die Ausgangslage sei „ziemlich desolat“ gewesen, sagte Reker 2022. Die Erkenntnis, dass sich etwas ändern müsse, habe sie 2015 zu ihrer OB-Kandidatur veranlasst.
Was kritisieren die Rechnungsprüfer?
Sie bemängeln unter anderem, dass die jährlichen Transparenzberichte zur Reform „keine Aussagen über den Sach- und Personalaufwand sowie die erzielten Einsparungen“ enthalten. Ein Ziel der Reform sei gewesen, pro Jahr 35 Millionen Euro einzusparen. Diese geplanten Einsparungen habe die Stadt sogar in den Haushaltsplan 2016/17 aufgenommen, nur durch diesen Schritt sei damals ein Haushaltssicherungskonzept verhindert worden. Tatsächlich, so die Prüfer, habe man aber nur Einsparungen von rund 2,76 Millionen Euro ermitteln können. Die Kosten waren dagegen beträchtlich. Sie lagen laut Prüfbericht bei 38,08 Millionen Euro.
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Was sieht das die Stadtspitze?
In einer nicht-öffentlichen Stellungnahme zum Prüfbericht, die der Rundschau vorliegt, heißt es: „Der Prüfbericht kommt zu keiner Beanstandung der Kölner Verwaltungsreform.“ Die Kritik des RPA wird mit deutlichen Worten zurückgewiesen: „Aus Sicht der Verwaltung sind der Ansatz und das methodische Vorgehen des Rechnungsprüfungsamtes in keiner Weise geeignet, um auch nur annähernd zu validen und aussagefähigen Ergebnissen zu Kosten und Einsparungen der Verwaltungsreform zu gelangen.“
Wie bewertet die Verwaltung die Zahlen des RPA?
Die Erhebung der Rechnungsprüfer, dass es reformbedingte Einsparungen von lediglich 2,76 Millionen Euro gab, sei „ohne Aussagewert“, so die Stadtverwaltung. „Er spiegelt die tatsächlichen wirtschaftlichen Effekte in keiner Weise.“
Auch mit der Kostenkalkulation des RPA ist die Stadt nicht einverstanden. Das Rechnungsprüfungsamt unternehme „den Versuch, die Gesamtkosten der Verwaltungsreform durch eine Fragebogenerhebung zu ermitteln“. Dabei habe es jedoch „Standards der empirischen Methodenlehre“ verkannt. Eine klare Abgrenzung und Ermittlung des Projektaufwands sei bei einer so breiten Beteiligung von Mitarbeitenden nicht möglich. Der vom RPA ermittelte Gesamtaufwand von 38,08 Millionen Euro sei „nicht verwertbar und es kann nicht eingeschätzt werden, ob diese Zahl nah oder weit vom tatsächlichen Wert entfernt ist“. Die Kritik der Verwaltung am RPA gipfelt in dem Satz, leider führe „der durch das Rechnungsprüfungsamt verursachte Aufwand der Ämter und Dienststellen für die Prüfung nicht zu einem Nutzen“.
Wer hat Recht?
Das ist von außen schwer zu beurteilen. Interessant: Vor Abschluss des Prüfberichts gab es ein Treffen zwischen den Rechnungsprüfern und dem im OB-Büro angesiedelten Referat für Strategische Steuerung, das die Verwaltungsreform steuert. Dabei kam die vom OB-Büro bemängelte Methodik zur Sprache. Trotzdem hielt das RPA daran fest. Die Verwaltung kommentiert dies mit den Worten: „Die angeregten Schritte zur Qualifizierung des Untersuchungs- und Erhebungsdesigns wurden kaum umgesetzt.“ Das RPA habe „die Hinweise, dass der gewählte Ansatz zwangsläufig zu nicht aussagefähigen Ergebnissen führt, nicht aufgegriffen“.
Beschränkt sich die Kritik des RPA auf Finanzielles?
Nein. Unabhängig von Zahlen bemängelt das RPA etwa auch, dass viele der Projekte auch ohne die Verwaltungsreform durchgeführt worden wären. Externe Berater hätten empfohlen, externe Berater einzusetzen. 53 Prozent der befragten Mitarbeiter hätten keine spürbaren Veränderungen in ihrem Arbeitsalltag festgestellt.
Was sagt die OB zu der Kritik?
Ihr Sprecher Alexander Vogel erklärte auf Anfrage: „Es ist unbestreitbar, dass interne Prozesse verbessert worden sind, als Beispiel sei hier die digitale Baugenehmigung zu nennen. Die Verwaltungsreform hat in vielen Dienststellen zu einer Veränderung von Strukturen und Prozessen geführt, die nach und nach auch für die Bürgerinnen und Bürger zu erkennen sind, bzw. sein werden.“ Das RPA stelle bei seiner Bewertung auf zwei Kriterien ab: nachgewiesene Einsparungen von Kosten und die Auswertung der Befragung. „Das sagt aber nichts darüber aus, ob Projekte erfolgreich umgesetzt wurden.“ Reker mangelnde Transparenz vorzuwerfen, sei ungerechtfertigt, so Vogel. „Aus Sicht der OB und der Verwaltung wäre es sogar wünschenswert gewesen, die Vorlage öffentlich zu behandeln. Diese Entscheidung trifft aber das unabhängige Rechnungsprüfungsamt und der zuständige Ausschuss.“
Reaktionen aus der Politik
Im Rathaus stieß die Kritik des Rechnungsprüfungsamts auf Zustimmung und Ablehnung. Grünen-Fraktionsvize Manfred Richter sagte der Rundschau: „Die Verwaltungsreform hat wichtige Neuerungen angestoßen. Erfolg oder Misserfolg lassen sich nicht alleine am Geld festmachen. Wichtiger Teil der Reform ist auch immer gewesen, dass sich Abläufe verbessern. Erfolgreiche Teilprojekte müssen jetzt analysiert und auf andere Verwaltungsbereiche ausgeweitet werden.“
CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau erklärte auf Anfrage: „Wir haben den RPA-Bericht, der keine Beanstandungen enthält, zur Kenntnis genommen. Kernziele der Verwaltungsreform waren, die Prozesse innerhalb der Verwaltung zu optimieren und die Dienstleistungsmentalität zu steigern. Bei der Erreichung dieser Ziele ist die Reform ein gutes Stück vorangekommen. Angesichts der Größe der Stadtverwaltung braucht es verständlicherweise Zeit, bis die Reformziele alle Bereiche durchdrungen haben. Es ist wichtig, dass innerhalb der Verwaltung auch weiterhin hart daran gearbeitet wird, besser zu werden, damit die Reform auch spürbare Außenwirkungen erzielt. Ein gelungenes Beispiel ist die digitale Bauakte, mit der Verfahrensabläufe optimiert werden.“
SPD: „Peinliches“ Ergebnis für die OB
Dagegen meint Gerrit Krupp, verwaltungspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion: „Außer Spesen nichts gewesen! Das Ergebnis ist peinlich für die Oberbürgermeisterin, deren zentrales Wahlkampfversprechen sich damit als teurer Flop erweist. Profitiert haben vor allem die teuren Agenturen. Für die Bürgerinnen und Bürger gibt es aber keine spürbaren Verbesserungen, ebenso wenig für die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Hier braucht es endlich echten Wandel, statt unrealistischer Versprechen.“
Der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses, Jörg Detjen (Linke), sagte, der Ausschuss habe „beschlossen, dass eine abschließende Bewertung der Verwaltungsstrukturreform nicht möglich ist. Das Rechnungsprüfungsamt hat nicht die Verwaltungsstrukturreform geprüft, sondern die handwerkliche Arbeit der Verwaltung. Meines Erachtens war es ein Fehler, dass man die Verwaltungsstrukturreform gleich mit einer Einsparungsabsicht verbunden hat.“
Scharfe Kritik an der OB übte FDP-Ratsherr Volker Görzel: „Die Verwaltungsreform sollte ein Meilenstein für unsere Stadt werden, doch der Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamts zeigt, dass es sich um ein glattes Scheitern handelt. Diese ‚glatte Sechs‘ ist eine Ohrfeige für die Oberbürgermeisterin und ein alarmierendes Signal für die Verschwendung von Steuergeldern.“ Das führe „letztendlich zu Frust unter städtischen Mitarbeitern und Bürgern“, betonte Görzel. „Wir erwarten, dass die Oberbürgermeisterin den Bericht transparent offenzulegen und Verantwortung zu übernehmen hat.“