Angesichts steigender Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten fordert die Stadt Köln mehr Hilfe von Bund und Land.
Nur Bruchteil wird erstattetOB Reker fordert mehr Hilfe für Geflüchtete
„Köln ist eine weltoffene Metropole der Vielfalt. Wer in Köln Schutz sucht, wird ihn hier finden. Gleichzeitig befinden wir uns am Rande unserer Leistungsfähigkeit“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker der Rundschau. „Die Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten bindet Ressourcen, die wir kaum noch vorhalten können.“
Am Mittwoch verhandelten Bund und Länder beim Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt über die künftige Aufteilung der Kosten. Die Stadt Köln plant für das laufende Jahr laut Reker mit Ausgaben für Geflüchtete in Höhe von rund 213 Millionen Euro. Auf einem Großteil dieser Kosten droht Köln sitzen zu bleiben.
Kosten von 152 Millionen Euro
Wie das Sozialdezernat auf Anfrage der Rundschau mitteilte, lagen im Jahr 2022 allein die Kosten der Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten bei 152 Millionen Euro, von denen Bund und Land insgesamt nur rund 44 Millionen Euro erstattet haben – also weniger als ein Drittel. Hin zu kämen Sozialleistungen und weitere Kosten für Integration, Schule und mehr. „Die Unterstützung durch Bund und Land ist aus meiner Sicht noch unzureichend“, betonte die OB.
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Bei der Versorgung und Unterbringung schutzsuchender Menschen gebe es „Leistungen, die überhaupt nicht von Bund oder Land getragen werden. Hierzu zählen zum Beispiel sämtliche Kosten für Betreuung oder auch Gewaltschutz bei der Unterbringung. Diese Kosten tragen allein wir als Kommune.“
Köln bringt mehr Geflüchtete unter, als gefordert
Sie wünsche sich auch Bewegung beim Thema Vorhaltekosten, sagte Reker. „Denn eine Metropole wie Köln, die es geschafft hat, Turnhallenunterbringung zu vermeiden, muss die Kosten einer vorausschauenden Planung und Bereithaltung von Plätzen selber tragen.“ Angesichts schwankender und derzeit steigender Geflüchtetenzahlen (siehe Infotext am Textende) brauche es einen besseren Informationsfluss zwischen Bund und Kommunen. „Wir müssen uns für ein System starkmachen, welches auf die aktuellen Bedarfe reagieren kann. Der Bund hat seine finanziellen Mittel jedoch bisher nicht ausreichend an die tatsächlichen Zuwanderungszahlen angepasst“, so Reker.
Köln bringt schon seit längerem mehr Geflüchtete unter, als es nach der Quote tun müsste. Laut Stadt „kommen seit Wochen unerlaubt eingereiste Personen nach Köln, die untergebracht werden“. Die OB sagte, „dass Köln mit der Verteilungsgerechtigkeit von Geflüchteten innerhalb Europas, innerhalb Deutschlands und auch innerhalb NRWs nicht zufrieden sein kann. Auch hier brauchen wir dringend politische Lösungen.“
Reker forderte auch eine Verständigung über die Übernahme der Kosten für unerlaubt Eingereiste und „eine zügige Verteilung an die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes“. Die Stadt Köln sei unverändert bereit, „geflüchteten Menschen Schutz und Hilfe zu gewähren. Es gilt, gemeinsam und verstärkt dafür Sorge zu tragen, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt und die Akzeptanz für die Aufnahme von Geflüchteten in allen Teilen der Gesellschaft aufrechterhalten bleibt.“
In Köln hat die Stadt derzeit rund 2000 Geflüchtete in 40 Hotels, Apartmenthäusern und Pensionen untergebracht. Vor Beginn des Ukraine-Kriegs waren es vier Beherbergungsbetriebe. Die Kosten bewegen sich laut Stadt je nach Lage, Ausstattung und Serviceleistungen zwischen 20,00 und 51,50 Euro pro Person und Nacht. Der höchste Tarif summiert sich auf fast 1600 Euro pro Person und Monat. Das ist fast so viel wie im Falle eines Hostels in Bremen, das Schlagzeilen machte. Der Stadtstaat brachte dort 35 Geflüchtete für 60 000 Euro pro Monat unter.
Angesichts des starken Zustroms von Geflüchteten hat die Stadt Hamburg zwei Hotels angekauft, um Menschen unterzubringen. Die Stadt Köln plant dies bislang nicht. Mit der Anmietung könne man „flexibel – je nach Bedarfslage – Kapazitäten aus- oder abbauen“, hieß es.
Geflüchtete in Köln
11352 Geflüchtete bringt die Stadt Köln zurzeit insgesamt unter, darunter sind 3670 Menschen aus der Ukraine (Stand 1. Mai 2023). Hinzu kommen privat untergebrachte Menschen.
Im Februar 2022, vor Beginn des Ukraine-Kriegs, lebten 5759 Geflüchtete in städtischer Unterbringung – rund die Hälfte weniger. Seit Ende 2022 ist die Zahl der von der Stadt untergebrachten Personen um rund 500 gestiegen.
22 von derzeit 40 Hotels, in denen Geflüchtete leben, liegen im Bezirk Innenstadt. Die Stadt hat die Nutzung von Beherbergungsbetrieben verstärkt, um nicht erneut Sport- und Turnhallen in Anspruch nehmen zu müssen, was zu Lasten von Schulen und Sportvereinen gehen würde. Laut einer Statistik von Ende März 2023 lebte knapp ein Viertel der Geflüchteten in Obhut der Stadt Köln in Wohnungen (24 Prozent). Etwa 17 Prozent waren in Beherbergungsbetrieben untergebracht, 16 Prozent in Systembauten (Container) und 11 Prozent in Wohnheimen. (fu)