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AusgebremstSo steht es um den Pilotversuch mit Elektro-Taxis am Hauptbahnhof

Lesezeit 4 Minuten
Ein elektrisches London-Taxi steht in der Dompropst-Ketzer-Straße am Kölner Hauptbahnhof vor einer induktiven Ladeplatte.

Ein elektrisches London-Taxi steht in der Dompropst-Ketzer-Straße am Kölner Hauptbahnhof vor einer induktiven Ladeplatte.

2022 wurde am Hauptbahnhof ein Pilotprojekt durchgeführt, um elektrisch angetriebene Taxis induktiv zu laden, ohne Kabel. Aktuell sind nur noch zwei Autos in Betrieb. Was ist passiert?

Man kennt es von der elektrischen Zahnbürste: induktives Laden. Dabei wird der Akku nicht über elektrische Kontakte aufgeladen, sondern kabellos per Magnetfeld. Dasselbe Prinzip wurde am Kölner Hauptbahnhof mit Elektro-Taxis erprobt. Schließlich hatte sich die Stadt Köln im „Green City Masterplan“ für eine nachhaltige und emissionsfreie Mobilität schon 2018 das Ziel gesetzt, „kurz- bis mittelfristig“ ein Viertel der Kölner Taxi-Flotte auf Elektrofahrzeuge umzustellen.

Von diesem Ziel ist man noch immer weit entfernt. Die meisten der 1154 Taxis in Köln sind Verbrenner, in der Regel Diesel. Reine Stromer sind die absolute Ausnahme, die Zahl der Hybrid-Fahrzeuge schätzt Aleksandar Dragicevic, Vorstand des Taxi-Ruf Köln, immerhin auf „mindestens 150“.

E-Taxis in Köln: Euphorie war zu Beginn groß

Als am 20. Mai 2022 in der Dompropst-Ketzer-Straße am Hauptbahnhof Deutschlands erste Pilotanlage für induktives Laden eingeweiht wurde, war die Euphorie groß. „Das ist der richtige Schritt, um klimafreundliche Mobilität zu fördern“, betonte die Oberbürgermeisterin. Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Universität Duisburg-Essen hatte die Rheinenergie im Asphalt sechs Ladeplatten mit 22 Kilowatt Ladeleistung installiert. Hier können speziell dafür umgebaute E-Taxis des britischen Herstellers LEVC geladen werden, während sie auf die nächste Tour warten. Der Bund gab zwei Millionen Euro Fördermittel, die Stadt unterstützte die Anschaffung von vier E-Taxis mit jeweils 12 000 Euro.

Das Prinzip: Das Laden erfolgt kontaktlos, während das Taxi über der Ladeplatte steht. Der Fahrer muss weder aussteigen, noch ein Kabel anschließen. Sehr praktisch, wenn man oft in der Warteschlange vorziehen muss. Nacheinander können alle sechs Ladeplatten angefahren werden. So sollen die Akkus genug Saft für die nächste Fahrt erhalten. Soweit die Theorie.

Ich finde die Idee des induktiven Ladens super. Das Problem sind die Fahrzeuge.
Aleksandar Dragicevic, Vorstand Taxi-Ruf Köln

Doch in der Praxis häuften sich die Probleme. Von sechs für das Projekt umgerüsteten Taxis seien nur noch zwei im regulären Betrieb, räumt eine Stadtsprecherin auf Anfrage der Rundschau ein. „Es gibt Fahrzeuge, die ausgefallen sind.“ Zwei von 1154 Taxis in Köln, für die eine teure Pilotanlage gebaut wurde? Klingt nicht nach einer Erfolgsgeschichte. Doch woran liegt es?

„Ich finde die Idee des induktiven Ladens super. Und die von der Rheinenergie installierte Technik funktioniert einwandfrei“, betont Taxi-Ruf-Vorstand Aleksandar Dragicevic. Das Problem sei die Wartung der Fahrzeuge vom Typ London Taxi gewesen. Die seien wegen Kleinigkeiten immer wieder tage- oder sogar wochenlang ausgefallen.

Eine Erfahrung, die auch die KVB gemacht haben. Wie berichtet, wollen sie ihr On-Demand Angebot „Isi“, bei dem ebenfalls elektrische London-Taxis von LEVC im Einsatz sind, zum Jahresende einstellen – unter anderem wegen der „Reparaturanfälligkeit“ der Wagen.

Davon kann auch Dragicevic ein Lied singen. Mal sei die Heizung ausgefallen, mal sei der Motor nicht gestartet, mal habe es einen Rückruf des Herstellers gegeben. Stets habe es gedauert, bis der deutsche Kundendienst eine Lösung fand. Ersatzteile mussten aus Großbritannien beschafft werden. In der Folge standen die teuren Wagen oft mehr als sie fuhren. Und Ersatzfahrzeuge gab es nicht. „In der Taxi-Branche kann sich das niemand leisten. Zeit ist Geld“, sagt Dragicevic.

London-Taxi: Kunden sind begeistert

Dabei sei das London-Taxi eigentlich ein tolles Taxi. „Die Kunden sind begeistert von diesem Auto. Es kann sechs Personen befördern, ist barrierefrei, und man kann es als Rollstuhlfahrer bequem über eine Rampe nutzen. Wir wollten mit der Teilnahme an dem Projekt auch ein gesellschaftspolitisches Zeichen setzen. Wir haben 100 Prozent gegeben.“ Doch die Taxi-Unternehmer, die die Fahrzeuge angeschafft hatten, hätten viel zu hohe Kosten gehabt. Und seien damit allein gelassen worden, so Dragicevic. Trotz der Förderung der Stadt für den Kauf sei der Betrieb der Fahrzeuge ein Verlustgeschäft. Vom Wiederverkaufswert ganz zu schweigen.

Wenn die Stadt mehr E-Mobilität im Taxigewerbe wolle, müsse sie die Branche auch mehr unterstützen. Man sei Teil des öffentlichen Nahverkehrs, erhalte aber als einziger keine dauerhafte öffentliche Förderung. Stattdessen sei das Taxi-Gewerbe einem „gnadenlosen Preisdumping“ durch Uber ausgesetzt.

Offiziell wurde das 2019 gestartete Pilotprojekt Ende 2022 beendet – erfolgreich, wie es hieß. Die Technik funktioniere einwandfrei, sechs Taxen seien rund 600-mal geladen worden. Fakt ist jedoch, dass die Ladeplatten derzeit kaum genutzt werden. Neue kompatible Fahrzeuge sind nicht in Sicht. Außer LEVC hat bisher kein anderer Autohersteller zugelassen, induktive Ladetechnik in seine Fahrzeuge einzubauen.

„Es gibt für induktives Laden überhaupt keinen einheitlichen Standard“, sagt Mobilitätsexperte Roman Suthold vom ADAC Nordrhein. Induktives Laden sei bequem, aber es sei fraglich, ob es sich durchsetzen werde. Inzwischen gebe es E-Autos mit viel höherer Reichweite, die nicht ständig nachgeladen werden müssten. Voraussetzung dafür, künftig mehr E-Taxis zu nutzen , sei, dass die Ladeinfrastruktur ausgebaut werde – insbesondere die Schnellladesäulen.