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Stadt erwartet 23 Millionen Euro mehrHöhere Grundsteuern machen Wohnen in Köln ab 2025 teurer

Lesezeit 5 Minuten
Blick auf Wohnhäuser und Büros in Köln, im Hintergrund der Rhein.

Wohnen in Köln dürfte ab Januar für viele Mieter und Eigentümer teurer werden. Sie werden wohl mehr Grundsteuer bezahlen müssen.

Die Stadt Köln will die Hebesätze für die Grundsteuer im kommenden Jahr unverändert lassen. Trotzdem wird Wohnen dadurch für viele Mieter und Eigentümer wohl teurer werden.

Ab 1. Januar 2025 kommen auf die Kölner höhere Kosten fürs Wohnen zu. Ab diesem Tag wird die Mehrzahl der Mieter und Eigentümer voraussichtlich mehr Grundsteuer bezahlen müssen. Dieses Szenario hat sich seit Monaten angekündigt, nun wird es konkret. Denn die Stadt Köln hat am Donnerstag angekündigt, den Hebesatz für die Grundsteuer B im kommenden Jahr unverändert bei 515 Prozent belassen zu wollen. Da alle Wohnimmobilien in Deutschland im Zuge der Grundsteuerreform des Bundes neu bewertet wurden und ihr steuerlicher Wert nun meist erheblich höher angesetzt wird, führt ein gleichbleibender Hebesatz dazu, dass die meisten Mieter und Eigentümer künftig höhere Grundsteuern zahlen müssen. Dagegen wird es für Gewerbeimmobilien unterm Strich günstiger.

Mieten teurer: Kritiker haben gewarnt

Genau diesen Effekt der Grundsteuerreform hatten viele Kritiker seit langem befürchtet. Das Land NRW reagierte darauf mit einem Gesetz, dass es Kommunen erlaubt, verschiedene Hebesätze für Wohnen und Gewerbe einzuführen. Dies lehnt die Stadt Köln jedoch ab - wie auch der Städtetag NRW. Sie befürchten vor allem rechtliche Risiken und Klagen von Betroffenen. Zwei juristische Gutachten von Land und Städtetag zu diesem Thema kamen zu gegenteiligen Ergebnissen. Die Zeit drängt. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018 darf die Grundsteuer in ihrer bisherigen Form nur bis Ende 2024 erhoben werden.

Kölns Stadtkämmerin Dörte Diemert hat nun den Finanzausschuss des Stadtrats über den Vorschlag der Verwaltung informiert. Demnach soll der seit 1983 geltende Hebesatz für die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) im Jahr 2025 unverändert 165 Prozent betragen. Auch der seit 2012 geltende Hebesatz für die Grundsteuer B (alle übrigen Grundstücke) in Höhe von 515 Prozent solle beibehalten werden. Auf die Einführung differenzierter Hebesätze für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke wolle man verzichten. Der Finanzausschuss befasst sich am Freitag in einer Sondersitzung mit dem Thema. Endgültig festlegen soll der Rat die ab Januar 2025 gültigen Hebesätze am 14. November.

Laut Diemert würde die Beibehaltung der Hebesätze, Stand jetzt, zu einem Mehrertrag für die Stadt Köln in Höhe von 23 Millionen Euro pro Jahr führen. Das Geld werde angesichts der dramatischen Haushaltslage auch dringend benötigt. Nach bisherigem Recht habe die Stadt jährliche Grundsteuereinnahmen in Höhe von 236,75 Millionen Euro zu erwarten, ab 2025 seien es mit einem Hebesatz von 515 Prozent 259,75 Millionen Euro.

Eigentlich sollte die Grundsteuerreform „aufkommensneutral“ sein, den Kommunen also unterm Strich keinen Mehrertrag einbringen. Das Land hatte im Vorfeld allen Kommunen in NRW entsprechende Vorschläge für Hebesätze gemacht. Diemert erklärte: „Trotz der angespannten Haushaltslage und der dringend erforderlichen Haushaltskonsolidierung haben wir uns entschieden, die seit 2012 unverändert geltenden Hebesätze nicht anzuheben. Die Entscheidung haben wir auch mit Blick darauf getroffen, dass sich im Zuge der Neubewertungen der Grundstücke durch die Grundsteuerreform teils ohnehin Mehrbelastungen für die Bürger*innen ergeben werden.“

Grundsteuerlast auf Einfamilienhäuser in Köln mehr als verdoppelt

Die Grundsteuer wird berechnet, indem das Finanzamt zunächst den Grundsteuerwert der Immobilie berechnet. Dieser wird mit der Steuermesszahl multipliziert, sie beträgt in NRW künftig 0,31 Promille für Wohngrundstücke und 0,34 Promille für Nichtwohngrundstücke. Das Ergebnis ist der Steuermessbetrag. Im letzten Schritt multipliziert die Kommune diesen Messbetrag mit ihrem jeweiligen Hebesatz und erhält so die jährlich zu zahlende Grundsteuersumme.

Laut Finanzverwaltung NRW müsste für eine aufkommensneutrale Reform in Köln der Hebesatz für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) ab 2025 von 165 auf 274 Prozent erhöht werden. Bei der Grundsteuer B, die in Köln 99,9 Prozent des Steueraufkommens ausmacht, müsste der Hebesatz demnach von 515 auf 464 Prozent sinken.

Diemert hat durchrechnen lassen, welchen Effekt die Beibehaltung des Hebesatzes von 515 Prozent hätte. Dabei wurde der so genannte Median betrachtet. Demnach steigt die Grundsteuerlast bei Einfamilienhäusern künftig von 368 auf 751 Euro - mehr als das Doppelte (plus 104,1 Prozent). Bei Zweifamilienhäusern steigt sie von 465 auf 911 Euro (plus 95,9 Prozent), bei Wohneigentum von 216 auf 258 Euro (plus 19,4 Prozent). Bei Mietwohngrundstücken steigt die Steuerlast von 989 auf 1215 Euro (plus 22,9 Prozent). Bei Geschäftsgrundstücken sinkt sie hingegen von 1952 auf 1778 Euro (minus 8,9 Prozent). Es handelt sich hierbei um Durchschnittswerte, die den Trend beschreiben. Sie verdeutlichen, dass Wohngrundstücke sich teils stark verteuern, während Gewerbegrundstücke tendenziell geringer besteuert werden.

Mieterverein Köln nennt Steuererhöhung inakzeptabel

Der Geschäftsführer des Kölner Mietervereins, Hans Jörg Depel, sieht den Plan der Kämmerin kritisch. „Die Mieten in Köln sind doch auch so schon hoch genug. Jetzt soll es schon wieder teurer werden. Das ist für uns inakzeptabel“, sagte er der Rundschau. Die Lage auf dem Kölner Wohnungsmarkt sei ohnehin schon „katastrophal“, so Depel. Viele Mieter gäben bereits 40 bis 50 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen aus und könnten keine weiteren Kostensteigerungen verkraften. Wenn die Stadt mehr Steuereinnahmen generieren wolle, dürfe das nicht auf Kosten der sozial Schwachen geschehen. Der Mieterverein frage sich allerdings auch, wieso die Grundsteuer überhaupt auf die Mieter umgelegt werden dürfe und nicht von den Eigentümern getragen werden müsse.

Der Hauptgeschäftsführer des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins, Thomas Tewes, erklärte auf Anfrage, es dürfe unter keinen Umständen zu einer Mehrbelastung der Bevölkerung kommen. „Es ist den Bürgern dieser Stadt überhaupt nicht zu erklären, warum sie noch mehr Steuern bezahlen sollen, während sich die Stadt unfähig zeigt, allein durch das Missmanagement der vielen Großprojekte sparsam mit dem Geld der Bürger - denn das sind Steuern - umzugehen. Vor allem ist das Unverständnis umso größer, als dass es für die irrwitzig hohen Kostensteigerungen bislang keinerlei persönliche Konsequenzen gegeben hat“, so Tewes.

Die Kölner CDU hatte Kämmerin Dörte Diemert im Vorfeld aufgefordert, für Wohnen und Gewerbe unterschiedliche Hebesätze einzuführen, um eine Verteuerung des Wohnens zu vermeiden. „Das ist auch weiterhin unsere Präferenz“, sagte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau der Rundschau. Man werde den Vorschlag der Kämmerin jetzt genau prüfen und sich die beiden Gutachten zu dem Thema genau ansehen.


Hebesätze im Vergleich

515 Prozent beträgt derzeit der Hebesatz der Grundsteuer B in Köln. Unter den zehn größten deutschen Städten liegen momentan nur Frankfurt am Main (500) und Düsseldorf (440) darunter. Die höchsten Hebesätze haben Berlin (800), Bremen (695), Essen (670), Leipzig (650) und Dortmund (610). Im Kölner Umland ist der Hebesatz nur in Monheim (282), Hürth (480 Prozent), Neuss (495) und Euskirchen (496) niedriger. Die höchsten Hebesätze in der Region finden sich in Leverkusen (750), Bergisch Gladbach (731), Niederkassel (690) und Brühl (600). (fu)