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Fragen und AntwortenAuch in Köln drohen höhere Grundsteuern – was man wissen muss

Lesezeit 5 Minuten
Blick auf das linksrheinische Köln

Wohnen in Köln droht durch die Grundsteuerreform ab Januar noch teurer zu werden.

Die Diskussion um Hebesätze dauert an. Das Wohnen könnte für viele Mieter und Eigentümer bald teurer werden.

Langsam wird die Zeit knapp: In weniger als fünf Monaten, am 1. Januar 2025, soll die Grundsteuer bundesweit für alle Immobilien nach einer neuen Systematik erhoben werden. Doch in Köln und ganz NRW ist weiterhin unklar, wie das funktionieren soll und wie hoch die Steuer künftig wird. Fragen und Antworten.

Warum wird die Grundsteuer überhaupt reformiert?

Das Bundesverfassungsgericht urteilte 2018, die bisherige Besteuerung von Immobilien nach dem Einheitswert sei verfassungswidrig. Sie basiert auf Grundstückswerten von 1964 (West) und 1935 (Ost). Das führt zu steuerlichen Ungleichbehandlungen und verstößt gegen das Grundgesetz. In ihrer bisherigen Form darf die Grundsteuer nur bis 31. Dezember 2024 erhoben werden.

Wie wird in NRW künftig die Grundsteuer berechnet?

Während Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen sich für eigene Regeln entschieden haben, folgt NRW dem Bundesmodell. Die Grundsteuer wird ermittelt, indem das Finanzamt zuerst den Grundsteuerwert der Immobilie berechnet. Er wird mit der Steuermesszahl multipliziert. Sie beträgt in NRW künftig 0,31 Promille für Wohngrundstücke und 0,34 Promille für Nichtwohngrundstücke. Das Ergebnis ist der Steuermessbetrag. Zuletzt multipliziert die Kommune den Messbetrag mit ihrem Hebesatz. Daraus ergibt sich der jährliche Grundsteuerbetrag.

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Wie sieht eine Beispielrechnung aus?

Für ein Einfamilienhaus hat das Finanzamt den Grundsteuerwert auf 400.000 Euro festgesetzt. Multipliziert mit 0,00031 (Steuermesszahl) ergibt sich ein Steuermessbetrag von 124 Euro. Der aktuelle Hebesatz in Köln beträgt 515 Prozent. 124 Euro multipliziert mit 5,15 würde eine jährliche Steuerlast von 638,60 Euro ergeben. Jedoch wird sich der Hebesatz ab 2025 voraussichtlich verändern. Denn die Kommunen sind gehalten, ihre Hebesätze so anzupassen, dass die Grundsteuerreform „aufkommensneutral“ bleibt.

Was genau ist damit gemeint?

Nach der Reform sollen die Einnahmen der Kommunen aus der Grundsteuer unter dem Strich weder steigen, noch sinken. 2023 betrugen sie bundesweit 15,5 Milliarden Euro pro Jahr, in Köln sind es 234,2 Millionen Euro. Aufkommensneutral heißt aber nicht, dass jeder künftig genauso viel zahlt wie vor der Reform. Im Gegenteil. Für die einen wird es teurer, für andere billiger. Wie berichtet, drohen bei Wohngebäuden im Schnitt teils erhebliche Mehrkosten, während es bei Gewerbeimmobilien im Schnitt günstiger wird.

Wie sollen sich die Hebesätze verändern?

Im Juni gab das Land für alle 396 Kommunen in NRW die Hebesätze bekannt, mit denen die Reform angeblich aufkommensneutral wäre. Demnach müsste ab 2025 in Köln der Hebesatz für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) von 165 auf 282 Prozent steigen. Bei der Grundsteuer B (Wohn- und Geschäftsimmobilien) wären es bei einem einheitlichen Hebesatz künftig 461 statt 515 Prozent. Doch Kölns Kämmerin Dörte Diemert widersprach: Die Daten des Landes mit Stichtag 31. März seien veraltet. Mit diesen Sätzen nähme Köln jährlich 30,6 Millionen Euro weniger ein.

Welche Hebesätze sollen ab Januar 2025 in Köln gelten?

Das steht noch immer nicht fest. Die Kämmerei erklärte auf Anfrage der Rundschau, man sei „technisch und organisatorisch in der Lage“, die Reform zum 1. Januar umzusetzen. Es liefen aber noch Gespräche zwischen Land und Kommunen mit dem Ziel, „eine finale und belastbare Datengrundlage“ sicherzustellen. Das Land habe für die zweite Septemberhälfte eine neue, aktualisierte Hebesatzempfehlung angekündigt. Die wolle man abwarten und im Herbst dem Rat konkrete Hebesätze für 2025 vorschlagen.

Sind separate Hebesätze für Wohnen und Gewerbe geplant?

Das ist offen. Das Land hat sie per Gesetz ermöglicht, damit die Kommunen einer drohenden Verteuerung von Wohnraum entgegentreten können. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau fordert die Kämmerin auf, diesen Spielraum zu nutzen und differenzierte Hebesätze für Wohnen und Gewerbe anzuwenden, damit „Hausbesitzer und Mieter nicht überproportional belastet werden“. Die Grundsteuer zahlen bei Mietshäusern meist die Mieter mit den Nebenkosten. Stadtkämmerin Dörte Diemert ist wegen verfassungsrechtlicher Risiken gegen getrennte Hebesätze, sie befürchtet Klagen. Denn es wird ja bereits bei den Steuermesszahlen nach Wohnen und Gewerbe differenziert. Das Land NRW habe angekündigt, die verfassungsrechtlichen Risiken getrennter Hebesätze für Wohnen und Gewerbe begutachten zu lassen, so Diemert. Die Ergebnisse wolle man abwarten, bevor sich die Stadt festlege.

Wird die Grundsteuer in Köln erhöht?

Angesichts der Haushaltslage hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker das im Rundschau-Interview nicht ausgeschlossen. Viele Umlandgemeinden sind diesen Weg bereits gegangen. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Breite warf Diemert vor, sie wolle die Grundsteuer erhöhen. Die Kämmerin entgegnete, die Reform der Grundsteuer sei für die Bürger, die Wirtschaft und die im Haushalt finanzierten Dienstleistungen von hoher Bedeutung. Dem werde die Stadtverwaltung auch künftig gerecht, indem sie Politik und Öffentlichkeit transparent über alle Optionen informiere.

Wird Wohnen in Köln durch die Steuerreform teurer?

Das steht zu befürchten. Schuld sei die Landesregierung, meint SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Sie habe sich „in keiner Weise um eine gute Lösung für die Kommunen bemüht“. Klar sei: „Zu einer pauschalen Verteuerung des Wohnens durch die Reform der Grundsteuer darf es nicht kommen! Gerade in Köln ist Wohnen bereits heute so teuer, dass sich diese Stadt immer weniger Menschen leisten können.“

Um eine pauschale Verteuerung des Wohnens über die Grundsteuer abzuwenden, so Joisten, „muss das Land NRW endlich seine Hausaufgaben machen und den Steuermessbetrag nach Wohn- und Gewerbenutzung derart differenzieren, dass es zu keiner zusätzlichen Belastung des Faktors Wohnen kommt – so, wie es das Saarland, Berlin und Sachsen längst vorgemacht haben. Insbesondere die zur Miete wohnenden Menschen in unserer Stadt brauchen jetzt Planungssicherheit!“ Differenzierte Hebesätze böten keine Rechtssicherheit und seien abzulehnen.


Hebesätze in der Region

Mit 515 Prozent liegt der Kölner Hebesatz für die Grundsteuer B im Mittelfeld. Ein Vergleich.

  1. Bergheim 760
  2. Bergisch Gladbach 731
  3. Bonn 680
  4. Brühl 800
  5. Dormagen 595
  6. Düsseldorf 440
  7. Erftstadt 730
  8. Euskirchen 496
  9. Frechen 520
  10. Hürth 480
  11. Kerpen 800
  12. Leverkusen 750
  13. Monheim am Rhein 282
  14. Neuss 495
  15. Niederkassel 1100
  16. Overath 850
  17. Pulheim 555
  18. Rösrath 690
  19. Siegburg 790
  20. Troisdorf 555
  21. Wesseling 800