Köln – Es soll ein Werk werden, das nach vorne verweist, mit dem aber nicht ein Schlussstrich unter die Vergangenheit gezogen wird. Weihbischof Rolf Steinhäuser hat in einem Interview mit der „Kirchenzeitung“ angekündigt, dass es in kommenden Jahr einen Kunstwettbewerb gibt. Gesucht werde ein zeitgenössisches Kunstwerk „mit einer Darstellung von Juden und Christen, die unserem jetzigen Selbstverständnis entspricht“, wird er zitiert. Steinhäuser weiter: „Es soll ein großer Wurf werden. Nicht kleckern, klotzen.“
Die Dombauhütte bestätigt Steinhäusers Ankündigung: „Tatsächlich ist ein Kunstwerk im Kölner Dom zum 1700-jährigen Jubiläum der jüdischen Gemeinde in Köln geplant.“ Einzelheiten könnten aber noch nicht genannt werden. Besprochen wurde das Vorhaben schon in einem Arbeitskreis, in dem die Hohe Domkirche, das Erzbistum, die Synagogengemeinde an der Roonstraße und die Kölnische Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit vertreten sind. Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit: „Das Werk soll eine zeitgenössische Auseinandersetzung der historischen Zusammenhänge und des heutigen Miteinanders werden.“
Dass damit kein Schlussstrich unter die Vergangenheit gezogen werden kann, wurde beim Gespräch deutlich, das Weihbischof Steinhäuser bei der Kirchenzeitung führte. Zugegen war auch der Rabbiner der Synagogengemeinde, Yechiel Brukner. Er forderte laut Kirchenzeitung: „Großartig wäre, wenn man beschließen würde, ganz mutig und revolutionär: Schluss mit den antijüdischen Darstellungen im Dom! Man sollte sie abmontieren, in ein Kämmerchen stellen und sagen: Das gehört der Vergangenheit an.“ Brukner knüpft damit an eine Diskussion um antisemitische Darstellungen im Dom an, die bereits seit Jahren geführt wird.
Mehrere antijüdische Darstellungen im Dom
Antijüdische Darstellungen gibt es mehrere im Dom, unter anderem von sogenannten „Judensäuen“: So in zwei Holzreliefs im Chorgestühl und an einem Wasserspeier im Bereich der Achskapelle.
„Die aus dem frühen 14. Jahrhundert stammenden antijüdischen Bildzeugnisse sind in ihrer perfiden Polemik kaum erträglich“, so ein Sprecher des Doms. Sie zu entfernen sei aber ein zerstörerischer Eingriff in den denkmalgeschützten Bestand des Doms. „Zum zweiten stehen wir auf dem Standpunkt, dass sich Geschichte nicht ändern lässt, indem man ihre Spuren zerstört, verwischt oder ihre Zeugnisse den Blicken entzieht“, so der Sprecher.
Diese Sichtweise teilt auch Wilhelm. Es habe bereits in der Vergangenheit intensive Diskussion über den Umgang mit den Darstellungen gegeben. Man sei sich einig: „Sie zu entfernen wäre ein verkürzter Umgang mit der Geschichte.“ Es müsse vielmehr darum gehen, sich der Verantwortung zu stellen.
Wilhelm kündigt an, dass es im kommenden Jahr für die Besucher des Doms eine Informationsbroschüre geben wird, die auf die Geschichte der antisemitischen Darstellungen und auf die heutige Sichtweise eingehen werde. „Auch wird es zusätzliche Kurse für die Domführer geben, damit auch sie sich der Diskussion stellen können.“
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Der Sprecher des Doms ergänzt, dass an einem Konzept gearbeitet werde, „wie mit dieser Thematik umgegangen und dabei ein noch breiteres Publikum erreicht werden soll – insbesondere im Hinblick auf das 2021 zu begehende Jubiläum 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland und Köln.“