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Hänneschen-TheaterViel Applaus für eine sehr politische Puppensitzung - Seitenhiebe gegen die Lokalpolitik

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Als Sitzungspräsident lässt Schäl im roten Frack kein gutes Haar an seiner Knollendorfer Heimat.

Als Sitzungspräsident lässt Schäl im roten Frack kein gutes Haar an seiner Knollendorfer Heimat.

Zu den Glanzlichtern der abwechslungs- und facettenreichen dreistündigen Sitzung zählte der gepfefferte politische Rundumschlag von Präsident Schäl.

Für ihre Liebeserklärung wählt Hänneschen-Intendantin Mareike Marx die große Bühne. Nach dem umjubelten Einmarsch des Ensembles lässt sie das Premierenpublikum an ihren Gedanken zum Sessionsmotto „FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe“ teilhaben. Das Motto verbinde Träume mit Liebe, denn es sei die Liebe, die unsere größten Träume antreibe und uns Hoffnung schenke. „Lasst uns gemeinsam für Toleranz und Offenheit einstehen und uns klar gegen Hass und Hetze stellen.“

Die grandiose Puppensitzung ist ein beeindruckendes Gemeinschaftswerk: geschrieben von Alexis Berg, Silke Essert, Heike Huhmann und Almut Solzbacher. Unter der Sitzungsleitung von Schäl, assistiert von Speimanes, zündeten die jecken Knollendorfer ein Feuerwerk des kölschen Frohsinns mit knackigen Reden, kreativen Gags und rheinischen Evergreens und Bläck Fööss-Klassikern zum Mitsingen und Schunkeln. Zu den Glanzlichtern der abwechslungs- und facettenreichen dreistündigen Sitzung zählte der gepfefferte politische Rundumschlag von Präsident Schäl. Im Vorfeld der Kommmunalwahl im September durtfen natürlich gezielte Hiebe auf das baupolitische Desaster in der Domstadt nicht fehlen. „Ov Imi ov Native Colonian Krad, mer trecke zesamme üvver dä Maat. Vürbei an däm Baustellescheld von 2012, bahl fädisch de Oper, wä et wal jläuv.“

Puppensitzung in Köln: Breitseite gegen OB Reker

Viel Beifall gab es auch für die Breitseite des Sitztungspräsidenten auf Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Rat und Verwaltung: „Gebührenerhöhung bei Bildung, Kultur un Zoo, saht hürt ehr üch eijentlich selver noch zo? Dat alle es schlemm, ävver jetz weed et fies, Einsparung an Kitas un Schulle, bah sidd ehr mies.“ Trübe Aussichten hatte der scharfzüngige Redner auch auf den beginnenden Winterwahlkampf und seine Protagonisten parat. „Jeder will un stellt sich op, vun denne et hät keiner drop. Denn statt ze walte un ze lenke, deiht jeder an sich selvs nur denke“, ätzte Schäl. In diesen deprimierenden Zeiten muss endlich bessere Stimmmung her, fanden Kätt und Köbeschen als Wahlkämpferinnen der bekifften AJUJA-Partei, die wie in der Flower-Power-Woodstock-Zeit von einer friedlicheren Welt träumt. Motto: „Kiff dich frei mit der AJUJA-Partei.“

In ihrem Wahlprogram plädierten die bedampften Blumenmädchen dafür, den Osten Deutschlands zum Cannabis-Anbaugebiet zu machen. „Dann sin die Faschos vun dr Stroß un dunn jet met Senn. Pflanzt der Bauer Dope ins Feld, verdeent hä dobei och noch Jeld.“ Die Iesermaat Sissis besangen bildstark die sechs Phasen eines anderen Drogenkonsums, die des Alkohols. Am Schluss steht die völlige Orientierungslosigkeit und der Schwur auf künftige Enthaltsamkeit. Eine charmante Idee ist das Pferdeballet des Reitercorps Jan von Werth, das sein 100-jähriges Jubiläum feiert.

Neben dem Skelett Skully mausert sich die Putschblos mit ihren Kalauer-Krachern zum Publikumsliebling. Das begeisterte Publikum feierte die Premiere mit minutenlangen Standing Ovations. Unter den Gästen Ludwig Sebus, Fritz Schramma und Tommy Engel. Stellvertretend für viele lobte Ex-Fooss Erry Stoklosa: „Einfach super. Da waren so viele Glanznummern dabei. Beeindruckt hat mich aber besonders der Gesang der Iesermaat Sissis. Das war musikalisch auf hohem Niveau.“ Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn sprach hinterher von der „besten Puppensitzung seit Jahren“. Karten gibt es keine mehr.