Der massive Stellenabbau in den Ford-Werken in Niehl hat im Kölner Stadtrat zu heftigen Diskussionen geführt. Oberbürgermeisterin Henriette Reker will sich hinter die Ford-Mitarbeiter stellen.
„Adenauer würde sich im Grab umdrehen“Kölner Ratspolitiker debattieren über Job-Kahlschlag bei Ford
Bis zu 3200 Stellen will Ford im Kölner Werk abbauen – diese Schocknachricht vom 23. Januar war gestern Anlass für Solidaritätsbekundungen im Stadtrat. Bei einer Aktuellen Stunde sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker: „Wir unterstützen die Beschäftigten von Ford und setzen uns mit ihnen dafür ein, dass jede Stelle erhalten bleibt.“
Die Stadt werde alles dafür tun, einen Stellenabbau, falls er eintrete, „so gering wie möglich zu halten“. Man dürfe sich aber auch „nichts vormachen“. Eine deutsche OB werde „unternehmerische Entscheidungen, die in den USA getroffen werden, nicht beeinflussen können.“ Reker zeigte sich überzeugt, dass Ford an den geplanten Investitionen für Elektromobilität in Köln festhalte. „Ford Köln muss in Europa weiterhin führender Automobilhersteller bleiben, und dafür werde ich mich weiterhin einsetzen.“ Wer bei Ford seine Arbeit verliere, dem könne die Stadt möglicherweise eine Stelle anbieten, so Reker.
Den drohenden Kahlschlag im Kölner Entwicklungszentrum von Ford nannte Wirtschaftsdezernent Andree Haack einen „gravierenden Fehler“. Die OB habe sofort die Spitzen von Vorstand und Aufsichtsrat angeschrieben und um Gespräche gebeten, sagte er. Bisher habe man aber keine Antwort aus den USA.
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„Stadtspitze blutarm und leidenschaftslos“
Christiane Martin (Grüne) warnte: „Köln würde neben attraktiven Arbeitsplätzen auch seine Bedeutung als wichtiger Standort für zukunftsweisende Antriebstechnologien verlieren.“ Man stehe an der Seite der Beschäftigten. Sie kritisierte die Konzernspitze in den USA. „Der Fokus auf die großen, in Amerika beliebten Modelle wird unserem Markt nicht gerecht. Zum Glück stehen hier nämlich nur wenige Menschen auf aufgepumpte Pick-ups und fette SUVs.“ Die Grünen wollten klimafreundliche Technologien wie die E-Mobilität, „auf die nun endlich, leider viel zu spät, auch Ford sein Augenmerk gelegt hat“.
Bernd Petelkau (CDU) erinnerte daran, dass Konrad Adenauer (CDU) Ford 1930 nach Köln geholt hatte. Der Vorteil hier seien die sehr gut ausgebildeten Menschen. Er warnte: Ohne ein Entwicklungszentrum in Köln sei das Risiko groß, dass in zehn Jahren in Köln keine Autos mehr gebaut würden.
Lisa Steinmann (SPD) warf der Ratsmehrheit von Grünen, CDU und Volt vor, sie habe verhindert, dass Ford-Betriebsratschef Benjamin Gruschka im Rat sprechen durfte, und damit die Chance verpasst, „ein starkes Signal“ an die Fordler zu senden. Der drohende Stellenabbau könne nicht hingenommen werden, das treffe Köln „ins Mark“.
Volker Görzel (FDP) griff Reker und Haack scharf an. „Adenauer würde sich im Grabe umdrehen, wenn er erleben würde, wie blutarm, wie leidenschaftslos die Stadtspitze sich hier vor Ford stellt.“ Haack habe sein Statement „ohne Emotion, ohne Feuer“ vorgelesen, das zeige, er habe „den Ernst der Lage nicht begriffen“.
Dem Bündnis warf er vor, „Krokodilstränen“ zu vergießen, da es mit seiner autofeindlichen Politik Köln als Autostandort unattraktiv mache. Die Fordler bewege es nicht, so Görzel „ob in der woken Innenstadt Lastenräder gefördert werden, die wollen ihre Jobs behalten“. Man müsse sich jetzt „wie eine Löwin vor das Werkstor stellen“ und für die Jobs kämpfen.
Beschlüsse des Stadtrats
Einige Beschlüsse, die der Stadtrat am Donnerstag gefasst hat: Der schadstoffbelastete Altbau der Kita Berrischstraße in Roggendorf/Thenhoven wird abgerissen und neu gebaut. Die bisherigen Sanierungsversuche haben 6,8 Millionen Euro gekostet. Vier Einfahrten von U-Bahntunneln erhalten bis 2028 für 26,6 Millionen Euro Hochwasserschutztore. Der Rat genehmigte auch, den Drogenkonsumraum im Gesundheitsamt ab März länger zu öffnen, und zwar montags bis samstags von 8:00 bis 23:00 Uhr.
Die Entscheidung zur Erarbeitung eines Masterplans Stadtgrün, der die Funktionen von Grün- und Freiflächen darstellen soll, war vertagt worden. Ein Antrag zum Erhalt der Märkte am Autokino Porz wurde in den Stadtentwicklungsausschuss und in die Bezirksvertretung Porz verwiesen. (fu)