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Das war 2021Neun Monate Grün-Schwarz-Lila: Stadtrat in der Selbstfindung

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Wappen der Stadt Köln

Köln – SPD oder CDU – diese beiden Parteien gaben jahrzehntelang in Köln den Ton an. Ab 2003 mischten die Grünen mit, regierten mal mit der CDU, mal mit der SPD. 2021 wird alles anders. Die Grünen werden erstmals stärkste Kraft im Stadtrat, ihnen kommt die Führungsrolle zu.Eine ungewohnte Position, mit der die Partei erst mal klar kommen muss, zumal 16 der 26 Grünen neu im Rat sind.

Auch die CDU, die vom Senior- zum Juniorpartner geschrumpft ist, muss sich neu orientieren.Selbstfindung ist angesagt, nachdem Grüne, CDU und Volt – neu im Rat und dritter Partner im Bunde – am 8. März ihren Kooperationsvertrag unterzeichnet haben. Fünf Tage später starten sie ihre erste politische Initiative: An Silvester soll es in der City ein öffentliches Feuerwerk geben, privates Böllern aber verboten werden. Ein Rohrkrepierer, wie sich später herausstellt: Die Rechtslage gibt flächendeckende Böllerverbote nicht her.

Danach dauert es bis zur letzten Ratssitzung am 14. Dezember, ehe das Bündnis einen wegweisenden Beschluss fasst: Für Klimaschutz und eine Solaroffensive stellt die Stadt künftig 20 Millionen Euro pro Jahr bereit.

Plan zur Zukunft des Grüngürtels soll erarbeitet werden

Sonst haben die drei Partner in den ersten neun Monaten des Bündnisses zwar viele Aufträge verteilt, aber nicht viel Handfestes vorzuweisen außer neuen Radwegen, die schon vor Jahren geplant wurden. Nun soll die Stadtverwaltung einen Masterplan Grün zur Zukunft des Grüngürtels erarbeiten und ein Konzept zur Müllvermeidung, sie soll ein Straßen-Grundnetz definieren und das Parken in der Stadt so neu ordnen, dass es teurer wird und Tausende Parkplätze zu Gunsten von Fußgängern und Radfahrern wegfallen.

Letzteres ist eines von vielen Beispielen, bei denen die CDU im Bündnis bis an die Schmerzgrenze und darüber hinaus gehen muss. Zu Beginn gibt es bei den Grünen parteiintern viel Kritik, man habe sich von der CDU bei der Vergabe der Dezernentenposten über den Tisch ziehen lassen und der Union viel zu viel Einfluss eingeräumt. Später ist es eher die CDU, die sich fragen muss, wo ihre Handschrift noch zu erkennen ist. Ihr Dilemma zeigt sich zuletzt auch bei dem Beschluss, den geplanten Großmarkt in Marsdorf zu verkleinern und die freiwerdende Fläche dem FC für sein Leistungszentrum anzubieten, was weder die Händler noch der FC wollen.

2020 hatte die CDU im Rat noch für einen FC-Ausbau im Grüngürtel gestimmt, jetzt macht sie eine Kehrtwende und folgt der Linie der Grünen. Ende offen – die Frage, wo der FC hin soll, bleibt vorerst ungeregelt.

Kölner CDU-Partei-und Fraktionschef Bernd Petelkau in der Kritik

Während Neuling Volt sich in vieles erst einarbeiten muss und mitunter Bedenkzeit fordert, wie beim letztlich gescheiterten Bebauungsplanverfahren Belgisches Viertel, beschäftigt sich die CDU zunehmend mit sich selbst. Anfangs kann Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau „vor Kraft kaum laufen“, wie man im Rathaus scherzt, weil er der CDU trotz des schlechten Wahlergebnisses Einfluss gesichert hat.

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Doch bald gerät er wegen seines Führungsstils, seiner Ämterhäufung und der von vielen in der Partei beklagten wachsenden Profillosigkeit der Kölner CDU immer stärker unter Druck. Ex-Rheinenergie-Vorstand Thomas Breuer macht ihm den Parteivorsitz streitig, am Ende kann sich Petelkau auf einem Kreisparteitag mit 52 Prozent nur knapp behaupten.

Personalthemen wie die gescheiterte Berufung von Niklas Kienitz belasten nicht nur die CDU, auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker gerät unter Druck. Das Verfahren zur Wahl des neuen Kulturdezernenten Stefan Charles, wird von der Bezirksregierung Köln als rechtswidrig bezeichnet.Die SPD als Oppositionsführerin im Rat agiert derweil oft, als sei ihr Findungsprozess längst nicht abgeschlossen. Fundamentalkritik und konstruktive Mitarbeit wechseln sich ab.