Köln – Dass der Stadtrat drei neue Beigeordnete an einem Tag wählt, kommt nicht gerade häufig vor. Am Donnerstag war es soweit: Um 14.37 Uhr wurde Ascan Egerer (52), Technischer Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Karlsruhe, mit breiter Mehrheit zum neuen Verkehrsdezernenten berufen. Per Handheben, wie üblich. Nur die FDP stimmte mit Nein, Linke und AfD enthielten sich. „Ja, ich nehme die Wahl sehr gerne an und bedanke mich ganz herzlich für Ihr Vertrauen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit“, sagte Egerer nach seiner Wahl im großen Saal des Gürzenichs.
Dann wurde es kompliziert. Für die beiden neu geschaffenen Dezernate beantragte die AfD geheime Abstimmung. Die Verwaltung war vorbereitet, sie ließ die 89 anwesenden Ratsmitglieder und Oberbürgermeisterin Henriette Reker in einem Nebensaal einzeln schriftlich abstimmen. Eine Stunde später verkündete die OB die Ergebnisse. Ihr Büroleiter William Wolfgramm (43) wird Dezernent für Umwelt, Klima und Liegenschaften. Er bekam 70 Ja- und 12 Nein-Stimmen bei 8 Enthaltungen.
39 Gegenstimmen für Kienitz
Weniger rund lief es für den Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Niklas Kienitz (45). Bei der Wahl zum Beigeordneten für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit erhielt er lediglich 50 Ja-Stimmen, 39 Ratsmitglieder votierten mit Nein. Das entspricht 56,2 Prozent Zustimmung – ein schwaches Ergebnis. Dass bei einer Beigeordnetenwahl überhaupt mit Nein gestimmt wird, ist eher selten, in der Regel enthalten sich die Parteien, die mit einem Bewerber nicht einverstanden sind.
Das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt verfügt gemeinsam mit der OB über 50 Stimmen im Rat. Da Kienitz bei seiner eigenen Wahl nicht mitstimmen durfte, waren es in diesem Fall 49 Stimmen. Demnach dürfte er eine Stimme aus dem Oppositionslager bekommen haben und ist dort ansonsten überall auf Ablehnung gestoßen. SPD-Fraktionschef Christian Joisten begründete das Nein seiner Fraktion mit Kienitz´ Rolle in der Stadtwerke-Affäre 2018. Die habe die CDU – anders als die SPD – nicht aufgearbeitet. Wie kürzlich bekannt wurde, hatte Kienitz 2018 eine gemeinsame Vereinbarung von SPD, CDU und Grünen unterschrieben, in der die Verteilung diverser Posten bei den Stadtwerken geregelt war. Teil des Deals war die am Ende gescheiterte Berufung von Martin Börschel (SPD) zum hauptamtlichen Geschäftsführer der Stadtwerke.
Joisten erklärte, bei der CDU sei man offensichtlich nicht bereit, aus der Affäre „entsprechende Konsequenzen zu ziehen“, deshalb lehne man Kienitz’ Wahl ab. „Wir bedauern sehr, dass diese für Köln so wichtige Position nun mit dieser Hypothek belastet ist.“ Die Linke fordert den Rücktritt von Kienitz und CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. Sein schwaches Abschneiden kommentierte Kienitz mit den Worten, er sei gewählt, jetzt beginne ein neuer Abschnitt. Wann die Neuen ihr Amt antreten, ist offen. Für die Nachfolge von Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach, deren Amtszeit im Agust endet, ist noch niemand gefunden. Angesichts von sechs Männern im Stadtvorstand müsste es nach den Zielen der Stadt eine Frau werden.