- Straßenmusikanten in Köln: Bei Touristen oft beliebt, die Anwohner aber sind meistens nur genervt.
- Seit 2018 sind bereits keine elektronischen Verstärker in den Fußgängerzonen erlaubt, jetzt gibt es eine weitere Maßnahme der Stadt.
- Es soll sozusagen ein „Dezibel-Blitzer“ eingeführt werden.
Köln – Was dem einen sein Uhl, ist dem andern sein Nachtigall: Mögen die zahlreichen Straßenmusikanten in Köln bei Passanten und Touristen durchaus gut ankommen, den Anwohnern klingeln die Ohren. Seit Jahren schwelt der Streit darüber, wie mit den mal mehr, mal weniger talentierten, mal lauteren, mal leiseren fahrenden Musikanten umzugehen ist. Den Stecker hat die Stadtverwaltung einigen von ihnen schon gezogen. Verstärker sind seit 2018 nicht mehr erlaubt.
Aber wofür braucht eine fünfköpfige Balkan-Kombo schon elektronische Unterstützung, wenn sie zum Advent mit Schlagzeug und Bläsersatz ihre swingenden Weihnachtsklassiker in den Fußgängerzonen kraftvoll intoniert? Die machen auch so ordentlich Druck. Darum will die Stadt nach Karneval, bevor die Hochsaison der Straßenmusiker wieder beginnt, zum ultimativen Schlag ausholen. Mit Hightech. Es soll sozusagen ein „Dezibel-Blitzer“ eingeführt werden.
Straßenmusiker am Dom: Ein lukratives Geschäft
Geboren wurde die Idee im Team von Wilhelm Belke. Sein offizieller Titel: Leiter der Stabstelle Stadtbau im Quartier. Kurz: Der Domkümmerer. Im März 2018 wurde er von Oberbürgermeisterin Henriette Reker berufen, um Ordnung zu schaffen im Domumfeld. Damit es rund um das weltberühmte Wahrzeichen, das jährlich Millionen Touristen anlockt, ein bisschen würdiger zugeht.
Eine der vielen Mammutaufgaben dabei: Die Straßenmusiker. Belke hat mit ihnen Gespräche geführt. Ein lukratives Geschäft sei es, im Schatten des Weltkulturerbes in die Klampfe zu greifen oder die Flöte zu blasen. „Da kommen am Tag gerne mal mehrere hundert Euro zusammen“, weiß der Domkümmerer. Darum gibt es in der Branche viele Handelsreisende. Mal Köln, mal Düsseldorf, mal irgendwo.
Straßenmusiker nicht vertreiben, nur den Pegel regulieren
Es hat schon viele Ansätze gegeben, um das teils wilde Treiben in geregelte Bahnen zu lenken. Ein Ansatzpunkt: Die Qualität. Die Überlegungen reichten hin bis zum städtischen Casting für lustige Musikanten. Aber wer will schon Dieter Bohlen gleich den Daumen senken oder heben, wenn die Schönheit der Musik doch letztlich im Ohr des Lauschers liegt? Das Verstärkerverbot war ein Versuch, die Lautstärke zu regeln. Doch da es – wie gesagt – auch Musikgruppen gibt, die fast schon im Bigband-Format aufspielen, verpufft auch dieses Instrument etwas.
Regeln für Straßenmusik
- Nur die ersten 30 Minuten einer vollen Stunde sind erlaubt (35-150 EUR Bußgeld)
- Die Lautstärke darf Unbeteiligte nicht erheblich stören (100-200 EUR)
- Lautsprecher und elektrische Verstärker sind verboten (55-150 EUR)
- Zwischen 22 und 10 Uhr ist Straßenmusik verboten (35-150 EUR)
- Standortwechsel nach 30 Minuten (300 Meter entfernt) (35-100 EUR)
- Jeder Künstler darf einen Standort nur einmal am Tag bespielen (35-100 EUR)
Also soll es nun direkt an den Kern der Sache gehen. So, wie es ein betroffener Anwohner im Sommer 2018 zur Rundschau sagte: „Wir wollen die Straßenmusiker nicht vertreiben, aber es muss in einer vernünftigen Lautstärke ablaufen.“ Und eine vernünftige Lautstärke wollen nun Belke und sein Team ultimativ einpegeln. „Wir haben uns dafür mit einem Kölner Startup-Unternehmen zusammengetan“, erklärt der Domkümmerer.
Musikern werden Plätze zugewiesen
Das bietet eine Software, über die die Lautstärke gemessen und beim Überschreiten eines Pegels ein „Alarm“ ausgelöst wird. Der läuft dann ohne Umschweife beim Ordnungsamt auf. Die Mitarbeiter rücken aus, und verweisen die „Krawallkombo“ in ihre Schranken. Bei der Dezibel-Grenze hat sich Belke noch nicht auf eine Zahl festgelegt. Nur so viel: „Die wird sich nach den Richtlinien richten.“ Die sehen beispielsweise für die Lärmbelastung an einem Arbeitsplatz keine längere Beschallung von mehr als 80 Dezibel vor.
Das könnte Sie auch interessieren:
Voraussetzung für das System: Die Musiker dürfen nur noch an festgelegten und zugewiesenen Plätzen spielen, in deren Umfeld die neue Technik installiert wird. „Das mit dem Plätze zuweisen ist nicht neu, dass gibt es auch in anderen Städten“, weiß Belke. Doch das mit der Mess- und Alarmtechnik sei ein Novum in der deutschen Straßenmusikszene. „Das gibt es andernorts noch nicht“, sagt der Domkümmerer nicht ohne Stolz.
Die Idee liegt auf dem Tisch, und sie ist umsetzungsfähig. Jetzt braucht es noch den Willen der Politik. „Wir bereiten eine Vorlage für die Sitzungen der zuständigen Gremien ab März vor“, erklärt der Domkümmerer den weiteren Verlauf. Wird die Vorlage beschlossen, kann die neue Technik zur warmen Jahreszeit an den Start gehen – für den gepflegten Hörgenuss.