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Debatte im DomforumMuezzinruf in Köln-Ehrenfeld sorgt für Diskussionen

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An der Zentralmoschee in Ehrenfeld ist der Muezzinruf geplant.

Die Überraschung war groß, als die Verwaltung am 7. Oktober bekannt gab, dass Moschee-Gemeinden künftig zum Freitagsgebet rufen dürfen. „Wenn wir in unserer Stadt neben dem Kirchengeläut auch den Ruf des Muezzins hören, zeigt das, dass in Köln Vielfalt geschätzt und gelebt wird“, erklärte Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Damit trat sie eine Debatte los, die das Katholische Bildungswerk, die Melanchthon-Akademie und der Katholikenausschuss jetzt zum Anlass nahmen für eine offene Gesprächsrunde im Domforum.

Eigentlich war schnell alles gesagt, nachdem der Professor für Öffentliches Recht und Religionsrecht, Stefan Muckel, verdeutlicht hatte: „Der Muezzinruf ist ein Glaubensbekenntnis, steht somit unter dem Schutz des Grundgesetzes, das der Staat nicht ohne Weiteres einschränken kann – ob einem das passt oder nicht.“ Bettina Baum, die demnächst das Amt für Integration und Vielfalt leitet, ergänzte, die Stadt könne aber die Rahmenbedingungen schaffen, um Interessen auszugleichen, beispielsweise zum Schutz von Anwohnern vor übermäßiger Lautstärke und zu Zeiten, die den Schlaf stören.

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Doch der Verweis auf die Freiheit der Moscheegemeinden in Köln beschwichtigt die emotional geführte Debatte nicht. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Lale Akgün behauptete, die meisten der etwa 2000 Gemeinden in Deutschland seien „mehr oder weniger an dem politisierten Islam der Türkei“ ausgerichtet. Und der verfolge Andersdenkende wie die Ex-Muslima Mina Ahadi, die nach einem Protest gegen den Muezzinruf vor der Ditib-Moschee in Ehrenfeld unter Polizeischutz gestellt werden musste.

Ditib informiert

Den Antrag für den öffentlichen Gebetsruf an der Zentralmoschee in Ehrenfeld hat die Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) gestellt. Die Dauer des Verfahrens sei laut Ditib „nicht abzusehen“.

Vorbereitet werde derzeit ein „Info-Flyer“ für interessierte Bürger. Ebenso seien Gespräche mit der Nachbarschaft wegen des öffentlichen Gebetsrufes in der Vorbereitung. Dies teilte die Ditib am Mittwoch mit. (tho)

Mehrere Besucher, die aus ihrem muslimisch geprägten Land geflohen waren, meldeten sich zu Wort. Sie berichteten, dass sie sich Gebetszeilen anhören mussten, während sie gepeinigt wurden. Muezzinrufe empfänden sie als Erinnerung an das Trauma. Abdassamad El Yazidi, Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland, warnte davor, die Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen auf die Religion zu schieben. Pfarrerin Dorothee Schaper schlug vor, Foren zu schaffen, in denen Menschen zu Wort kommen sollen, die durch Religionsmissbrauch verletzt wurden. Der Blick ging auch nach Düren, wo der Muezzinruf längst zur Stadt gehört.