Rheinkassel – Seit Beginn des Schuljahres protestieren der Bürgerverein Rheinkassel-Langel-Kasselberg und die Eltern der betroffenen Schüler gegen die Verlegung der dritten Klasse vom Schulgebäude in der Amandusstraße an den Hauptstandort der Gemeinschaftsgrundschule Spoerkelhof in Merkenich. Kurz vor den Sommerferien des vergangenen Jahres hatte die kommissarische Schulleitung bekannt gegeben, die dritten Klassen beider Standorte zusammenzulegen, da die Anzahl der Schüler der dritten Klasse am Rheinkasseler Standort der Grundschule durch die Umzüge zweier Schüler die kritische Mindestgröße unterschritt.
Aus Sicht der Eltern ein nicht hinnehmbarer Eingriff in die Schulgemeinschaft vor Ort, der in Rheinkassel außerdem den Verdacht aufkommen ließ, es handele sich um einen ersten Schritt die Dorfschule ganz aufzugeben.
Nachdem sich das Schulamt für die Stadt Köln der Bezirksregierung Köln hinter die Entscheidung der Schulleitung gestellt und diese bekräftigt hatte, haben die Elternvertreter nun ihrerseits Rückenwind von der Justiz bekommen: So hat das Verwaltungsgericht Köln im Dezember 2021 festgestellt, dass die Entscheidung der Schulleitung rechtswidrig war, da sie zu dieser nicht befugt gewesen sei – schulplanerische Maßnahmen dieser Art oblägen dem Schulträger, also der Stadt Köln.
Streit um Dorfschule in Köln-Rheinkassel: Formale Rechtswidrigkeit festgestellt
Die Feststellung des Gerichts findet sich in der Antwort auf einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, die Zusammenlegung zurückzunehmen, den der Düsseldorfer Anwalt Janbernd Wolfering im Auftrag von Elternvertretern gestellt hatte. „Der Antrag wurde letztlich vom Gericht zwar abgelehnt“, so Wolfering, „aber nur deswegen, weil das Gericht die Zuständigkeit bei der Stadt Köln sieht und diese als eigentliche Entscheidungsträgerin eben noch keine Entscheidung getroffen hat.“ Die Verantwortung sieht das Gericht beim Schulträger, weil es die Verlegung der Klasse als eine Teilauflösung des Teilstandortes der Merkenicher Grundschule wertet. Denn mit der Entscheidung der Verlegung sei „eine Veränderung der Zügigkeit in der dritten Jahrgangsstufe am Teilstandort verbunden und damit ein wesentliches Merkmal der Schule betroffen“.
Festlegung der Zügigkeit
Die Festlegung der Zügigkeit sei eine schulplanerische Aufgabe, die dem Schulträger zukomme, so das Gericht in seiner Begründung. In der Rheinkasseler Dorfgemeinschaft fühlt man sich durch die Einschätzung des Gerichts bestätigt. „Das Gericht ist im Grunde dem gefolgt, was wir von Anfang an gesagt haben“, so eine Vertreterin des Bürgervereins, die ungenannt bleiben möchte. „Es betrifft eben nicht nur diese eine Klasse, sondern die ganze Schule, und letztlich den ganzen Ort.“ Mit neuem Elan wandten sich die Rheinkasseler Ende Dezember 2021 in einem offenen Brief erneut an den Schuldezernenten Robert Voigtsberger und Oberbürgermeisterin Henriette Reker, und forderten diese auf, den rechtswidrigen Zustand zu beenden und die Zusammenlegung der Klassen nach den Weihnachtsferien rückgängig zu machen. Eine Reaktion blieb bisher jedoch aus.
Wer entscheidet über Zusammenlegung?
Auch wenn sich politische Gremien wie der Schulausschuss und die Bezirksvertretung Chorweiler auf die Seite der Dorfgemeinschaft und die Seite der Elternvertreter gestellt haben – „nach den Signalen, die ich bekomme, ist die Kölner Verwaltung der Auffassung, dass das Verwaltungsgericht falsch liegt und die Entscheidung der Zusammenlegung von der Schulleitung zu treffen war“, sagt Wolfering. „Hier stehen sich Politik und Verwaltung in ihren Auffassungen ein wenig gegenüber.“ Die Schulleitung und das Schulamt für die Stadt Köln als Schulaufsichtsbehörde beharren ebenfalls auf der Zusammenlegung, wie aus den Gerichtsunterlagen hervorgeht. So argumentierten diese bei einem gerichtlichen Erörterungstermin, dass eine erneute Aufteilung des neu entstandenen Klassenverbandes pädagogisch nicht wünschenswert sei, da sich die Rheinkasseler Schüler inzwischen gut am Hauptstandort eingelebt und integriert hätten.
Dass die Bezirksregierung Köln als Vertreterin der NRW-Landesregierung auf ihrer Einschätzung beharrt, ist für Wolfering nicht verwunderlich. „Auf Landesebene ist das ein Politikum“, meint er. „Denn im ganzen Land gibt es Grundschulen, die auf mehrere Teilstandorte verteilt sind, weil es kaum Personal für die Schulleitung gibt. Wenn nun diese Schulleitungen nicht mehr die Entscheidung treffen dürfte, Klassen über Standorte hinweg zusammenzulegen, hätte das Land ein Problem.“
Seiner Einschätzung nach hat man schlicht nicht mit der heftigen Gegenwehr der Rheinkasseler Dorfgemeinschaft gerechnet. „Die Eltern haben sich sehr gut organisiert und ihr Anliegen politisch klug nach vorne gebracht“, lobt er. In weiteren Briefen hat sich Wolfering nun an die Mitglieder des Schulausschusses und das Amt für Schulentwicklung gewandt und diese erneut aufgefordert, den rechtswidrigen Zustand zu beenden und die Zusammenlegung zurückzunehmen. In der kommenden Sitzung des Schulausschusses am 17. Januar soll das Thema zur Sprache kommen – sollte dabei keine Entscheidung im Sinne seiner Auftraggeber fallen, plant Wolfering nach Ablauf einer Frist am 20. Januar erneut einen Eilantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen: „Dieses Mal gegen die Stadt Köln.“