Am 26. September wird der 20. Deutsche Bundestag gewählt. In loser Folge stellen wir die Ausgangslage in den vier Kölner Wahlkreisen dar.
Den Anfang macht der Wahlkreis 101 Leverkusen/Köln-Mülheim.
Köln – Wer derzeit in Mülheim unterwegs ist, kommt an Karl Lauterbach nicht vorbei. Das Konterfei des SPD-Gesundheitsexperten (58) prangt auf unzähligen Wahlplakaten im Stadtbezirk, gepaart mit dem Slogan „Für Ihre Gesundheit in den Bundestag“. Der Harvard-Absolvent, der seit Corona Dauergast in sämtlichen Talkshows ist, will es noch mal wissen. Zum fünften Mal in Folge möchte der Arbeitersohn aus dem Kreis Düren den gemeinsamen Wahlkreis 101 Leverkusen/Köln-Mülheim direkt gewinnen. Er sitzt seit 2005 im Bundestag, hat seinen Wahlkreis 2017 klar gegen CDU-Bewerber Helmut Nowak verteidigt (siehe Grafik).
Doch diesmal schickt die CDU eine prominente Frau gegen Lauterbach ins Rennen, der man ebenfalls auf zahllosen Plakaten begegnet: Serap Güler (41), Staatssekretärin für Integration im Familienministerium NRW und stellvertretende Kölner CDU-Vorsitzende, soll als Musterbeispiel für gelungene Integration und Vertreterin einer modernen, weltoffenen CDU in dem traditionell rot gefärbten Wahlkreis punkten. Ihre Eltern kamen aus der Türkei nach Deutschland, ihr Vater malochte als Bergmann unter Tage – Gülers Biographie scheint geeignet, in dem von Industrie und Migration geprägten Wahlkreis Stimmen für die CDU zu sammeln.
Ob sie Lauterbach bei der Bundestagswahl am 26. September schlagen kann, wird sich zeigen. Ob sie ohne ein Direktmandat erstmals ins Parlament einziehen kann, ist fraglich. Güler steht auf Platz 8 der NRW-Landesliste ihrer Partei. Der galt vor ein paar Monaten noch als relativ sicher, doch angesichts der stark gesunkenen Umfragewerte der CDU reicht diese Platzierung womöglich nicht mehr aus. 2017, als die CDU viele Direktmandate gewann und 32,9 Prozent holte, zog die CDU-Liste bis Platz 10. Auch für Lauterbach ist Siegen Pflicht, wenn er seinen Sitz im Bundestag sicher behalten will. Er steht auf Platz 23 der SPD-Landesliste, die 2017 nur bis Platz 17 gezogen hat. Holt die SPD diesmal mehr Direktmandate, reicht Platz 23 womöglich auch bei einem deutlich verbesserten Zweitstimmenergebnis nicht aus.
Grüne hatten hier bislang wenig Chancen
Für die Grünen war der Wahlkreis 101 bisher ein aussichtsloses Pflaster, bei den letzten beiden Wahlen ist ihr Erststimmenanteil sogar gesunken. Dennoch hofft Kandidatin Nyke Slawik (27), in das Rennen zwischen Lauterbach und Güler eingreifen zu können. Zumindest bei der Europawahl 2019 war es den Grünen gelungen, in Köln-Mülheim und in Leverkusen deutlich an der SPD vorbeizuziehen. Bei der Kommunalwahl 2020 lagen die Grünen in der Chemiestadt jedoch mit 18,2 Prozent sieben Prozentpunkte hinter den Genossen und 9,6 Punkte hinter der CDU. In Mülheim holten sie mit 24,8 Prozent den zweiten Platz hinter der SPD (26,6 Prozent).
Konsequenter Klimaschutz und Verkehrswende in dem von viel befahrenen Straßen durchgezogenen Wahlkreis sind Slawiks Themen, außerdem gleiche Rechte für alle Menschen unabhängig von der sexuellen Orientierung. Auch ohne einen direkten Sieg hat sie gute Chancen, dem nächsten Bundestag anzugehören – als erste transidente Frau überhaupt. Slawik, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin für zwei grüne Landtagsabgeordnete arbeitet, hat den recht aussichtsreichen Platz 11 auf der Landesliste der NRW-Grünen. Die zog 2017 bis Platz 12.
Acht weitere Direktkandidierende bewerben sich im Wahlkreis, darunter Christer Cremer (39), der für die AfD im Kölner Stadtrat sitzt und mit Listenplatz 15 eventuell in den nächsten Bundestag gewählt werden könnte. 2017 zog die AfD-Liste bis Platz 15. Für die FDP tritt Cornelia Besser (24) an, sie hat mit Listenplatz 32 aber nur marginale Chancen. Für die Linke geht Beate-Hane Knoll (59), Betriebsrätin der Kliniken Köln, ins Rennen. Weitere Kandidierende: Frauke Petzold (Die Partei), Stephan Heintze (Freie Wähler), Jonathan Meier (MLPD), Dirk Sattelmeier (Die Basis) und Jacqueline Blum (Klimaliste).