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Die „Schulzeit“ ist vorbeiStephan Keller über Ellenbogen, Angst und was Köln braucht

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Stephan Keller wird CDU-Oberbürgermeister in seiner Heimatstadt Düsseldorf.

  1. Am Freitag in einer Woche ist nach knapp vier Jahren Schluss für Stadtdirektor Stephan Keller, 50.
  2. Montags ist er schon CDU-Oberbürgermeister in seiner Heimatstadt Düsseldorf.
  3. Keller sagt: „Köln ist größer als Düsseldorf, die Politik ist noch mal ,politischer’, das war auf jeden Fall eine gute Schule.“

Köln – Düsseldorfs neuer Oberbürgermeister ist, wenn man so will, gerade auf den letzten Metern seiner Kölner „Schulkarriere“. Er folgt auf Thomas Geisel (SPD), den er per Stichwahl hinter sich gelassen hat. Aber, um im Bild zu bleiben, hat Keller einen guten Schulabschluss hingelegt? Was bleibt von einem Mann, der als Stadtdirektor unter anderem für Berufsfeuerwehr, Personal, Ordnungsdienst und Bürgerdienste zuständig war und der Stellvertreter von Oberbürgermeisterin Henriette Reker war?Keller selbst ist „im Großen und Ganzen zufrieden“, er nennt unter anderem die Neuaufstellung der zerstrittenen Feuerwehr oder den Vergleich mit den Baufirmen der Nord-Süd-U-Bahn über die Kosten des Archiveinsturzes. 600 Millionen Euro zahlen sie als Schadenersatz, das ist gut die Hälfte der 1,07 Milliarden Euro plus Zinsen, die die Stadt mal angesetzt hatte. Keller ist stolz darauf. Einige Ratspolitiker aber glauben, dass ein Vergleich nach all den Jahren einfach reif war. Keller sagt: „Das war ein hartes Stück Arbeit und ganz bestimmt keine reife Frucht, die uns in den Schoß gefallen ist. Das Ergebnis ist daher auch keine Selbstverständlichkeit.“ Laut Keller ging es darum, eine gewisse Härte zu zeigen.

„Er kann auch die Ellenbogen ausfahren“

Es ist eine Härte, die ihm manch einer nachsagt, „er ist kein Teamplayer“, sagt einer aus dem Rathaus, „er kann auch die Ellenbogen ausfahren“. Keller ist davon überrascht, er sagt: „Echt? Das wäre mir neu. Ich stehe dafür, Interessen im Konsens und ganz bestimmt nicht rücksichtslos durchzusetzen.“

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Keller hat Ämter neu geordnet, zugeschnitten und auch frühere Amtsleiter versetzt, wenn er unzufrieden mit der Leistung der Betroffenen war. Ein bislang wohl eher ungewöhnlicher Vorgang. Auch ein politisch anders tickender Mensch wie Linken-Fraktionschef Jörg Detjen lobt ihn als sehr „kompetenten Verwaltungsmanager“.

Zweifel an Kellers OB-Tauglichkeit

Als Malus gilt der Umgang mit der dunklen Westpassage am Ebertplatz, dort sind seit 2017 zwei Menschen tödlich verletzt worden. Keller wollte den Bereich anheben, doch das wäre das Aus für Künstler und Galerien gewesen. Reker fing ihn ein, der Rat ebenfalls. Keller sagt: „Ich bin mir sicher, diese Unterführung wird es nach der Umgestaltung nicht mehr geben. Also ist die Anhebung an dieser Stelle das richtige Mittel.“ Soll wohl heißen: Seht her, eigentlich habe ich Recht gehabt.In Köln haben immer wieder Mitglieder der so genannten Stadtgesellschaft an Kellers OB-Tauglichkeit gezweifelt. Kann der nüchtern wirkende Keller Wahlkampf, kann Keller mitreißen? Keller hat diese Skepsis damals archiviert, heute sagt er: „Einige haben mir zunächst das Politische und die Fähigkeit, Menschen zu begeistern, abgesprochen. Da habe ich gedacht: Ich werde Euch schon davon überzeugen, dass ich das kann! Und das habe ich ja auch.“

Beim Aus für den Kalkberg wird Keller sauer

Doch Keller lässt in Köln Aufgaben unerledigt zurück, etwa die Rettungshubschrauberstation auf dem Kalkberg. Obwohl schon rund 30 Millionen Euro verbaut sind, hat der Stadtrat, angetrieben von den Grünen, das Aus kurz vor der Wahl beschlossen, als Keller für den Wahlkampf Urlaub genommen hatte. Eine Alternative zum Interimsstandort am Flughafen Köln/Bonn fehlt. Bei dem Thema entwickelt sich Kellers Stirn zum Fall für jede ambitionierte Yoga-Lehrerin, er ist sauer. „Da war ich wirklich erschüttert, dass der Stadtrat diese Entscheidung so kurz vor der Wahl so getroffen hat. Vielleicht war es kein Wunder, dass die Entscheidung in meiner Abwesenheit getroffen wurde, denn ich hätte dagegen gekämpft.“Wer ihm nachfolgt, ist unklar, ziemlich sicher dürfen die Grünen als stärkste Fraktion den Stadtdirektor vorschlagen. Keller hat damit nichts mehr am Hut, ab November ist er im weiteren Sinne Berufspolitiker. Reker hat erfahren, was das heißen kann, sie hat ihre politischen Ambitionen bei einem rechtsextremen Attentat 2015 fast mit dem Leben bezahlt. Keller denkt manchmal darüber nach, will sich aber nicht beeinträchtigen lassen: „Angst habe ich nicht.“