Eigentlich sollte es eine ruhige und langsame Trennung werden. Doch nun hat es richtig gekracht bei den KVB. Der Aufsichtsrat will den sofortigen Bruch mit einem Vorstandsmitglied.
Ärger bei den KVBDieses Vorstandsmitglied soll so schnell wie möglich gehen
Harmonisch war das Verhältnis schon lange nicht mehr. Und nun kommt es wohl endgültig zur Trennung. Die Wege der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) und ihres Finanzvorstandes Thomas Schaffer werden sich nach Informationen der Rundschau trennen. Der Aufsichtsrat der KVB wird in einer Sondersitzung am kommenden Freitag darüber grundlegend entscheiden. Die Trennung an sich steht dabei außer Frage, es geht im Grunde nur noch um den Zeitpunkt. Und der soll nach dem Willen einer Mehrheit des Aufsichtsrates so nah wie möglich liegen. Gewünscht ist demnach eine unmittelbare Freistellung. Sollte das einvernehmlich nicht möglich sein, steht sogar im Raum, Schaffer das Vertrauen zu entziehen, was sein sofortiges Ausscheiden aus dem Vorstand zu Folge hätte.
Haussegen hängt schon lange schief
Haussegen hängt schon lange schief auf der Vorstandsetage der KVB. Selbst ein Mediationsverfahren für das vierköpfige Führungsteam des Verkehrsbetriebs konnte daran nichts grundlegend ändern. 2020 war Schaffer von der DB kommend in der Chefetage der KVB eingezogen. Die Hoffnung, die mit seinem Einstieg verbunden war: Er sollte frischen Wind in den oft behäbig agierenden Betrieb bringen. Doch dabei ging er wohl zu stürmisch vor. Mit einer sogenannten Dienstwagen-Affäre (siehe Infotext am Seitenende) verspielte er dann auch das Vertrauen bei den Aufsichtsratsmitgliedern. Damit stand intern fest, sein Vertrag mit einer Laufzeit bis Ende 2025 wird nicht verlängert werden. Im Gegenteil: Mit Schaffer wurden Verhandlungen über einen Auflösungsvertrag geführt. Angestrebt war ein Ausscheiden zum Jahresbeginn 2025. Offen war wohl nur noch die Frage des Geldes, sprich die Höhe der Abfindung.
Abgang in Ruhrgebiet
Doch was hat nun eine solche Schärfe in das Verfahren gebracht, dass die sofortige Trennung im Raum steht? Wie der Kölner Stadt-Anzeiger zuerst berichtete und wie der Rundschau aus den Reihen des Aufsichtsrates bestätigt wird, soll sich Schaffer mit der Bogestra handelseinig sein, dem Straßenbahnbetrieb für Bochum und Gelsenkirchen. Dort wird er demnach im Spätsommer dieses Jahres in den Vorstand einsteigen. Doch über die Personalie wurde im Ruhrgebiet Stillschweigen vereinbart – obwohl die Würfel schon gefallen sein sollen. Ein Sprecher des Straßenbahnbetriebs aus dem Ruhrgebiet antwortet auf Anfrage der Rundschau: „Andreas Kerber ist am 30. April 2024 als Vorstand bei der Bogestra mit Ende seines Vertrages ausgeschieden. Über eine Person und den Zeitpunkt einer Nachfolge können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage treffen.“ Ein klares Nein auf die Frage, ob Schaffer dort einen Vertrag gezeichnet hat, klingt anders. Schaffer selbst antwortet auf die selbe Frage: „Das möchte ich zurzeit nicht beantworten.“
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Aufsichtsräte sehen Vertrauensbruch
Für große Teile des Aufsichtsrates ist dieses Vorgehen des KVB-Vorstandes nichts weniger als ein „Vertrauensbruch“. Dass Schaffer sich mit dem Wissen um sein absehbares Ende bei der KVB nach einem neuen Job umschaut, wirft ihm keiner vor. Dass er aber den Verkehrs-Betrieb und seine Gremien nicht offiziell und schriftlich über einen bevorstehenden Wechsel informiert, wird ihm als ein Versuch ausgelegt, maximalen Gewinn aus seinem Abgang zu schlagen. Sprich, mit einer ansehnlichen Abfindung aus Köln zu scheiden, um kurz darauf in Bochum den neuen Vorstandsposten zu bekleiden.
Darum wollen große Teile des Aufsichtsrates ihrem Vorsitzenden in der Sondersitzung am kommenden Freitag den Auftrag erteilen, mit Schaffer über eine sofortige Freistellung zu verhandeln. Die noch härtere Tour wurde alternativ über die Hauptversammlung des Verkehrs-Betriebes führen. Der soll im Zweifelsfall mit der Rückendeckung des Aufsichtsrates Schaffer mit sofortiger Wirkung das Vertrauen entziehen.
Vorstand seht vor Umbau
Welcher Variante letztlich zur Ausführung kommt, die Personalie ebnet den Weg zu einer anstehenden Reform des KVB-Vorstandes. Der wird zurzeit von einer Unternehmensberatung begleitet. Die Berater sollen dem noch vierköpfigen Führungsriege Empfehlungen aussprechen, wie die Ressorts besser zu verteilen und zu bündeln sind, um zu mehr Effizienz zu gelangen. Was im Falle der KVB bedeutet: Erfüllung des Fahrplans und pünktliche Bahnen. Das vier hochdotierte Vorstände, die zusammengenommen über drei Millionen Euro im Jahr beziehen – dafür Beratung benötigen, sagt viel aus über die Zustände auf der Teppichetage des Verkehrs-Betriebs.
Die Stadtratsfraktionen wollen deshalb über ihre entsandten Mitglieder im Aufsichtsrat eine Neustrukturierung des Betriebs einleiten. Unter anderem steht auch eine Verschlankung des Führungsteams zur Debatte. Doch weil die Vorstandsposten gerne auch nach Parteienproporz besetzt werden, um Einfluss auf die verkehrspolitischen Entscheidungen nehmen zu können, regt sich schon Widerstand gegen diesen Gedanken.
Die Dienstwagenaffäre der KVB in Köln
Vier Vorstände hat die KVB, und jedem Vorstand steht vertraglich ein Dienstwagen zu. So wurde es auch mit Thomas Schaffer vereinbart, als er im Jahr 2020 den vakanten Posten des Finanzvorstandes bei den KVB einnahm.
Durch Recherchen der Rundschau wurde öffentlich, dass es jedoch intern Kritik an der Nutzung des Dienstwagens durch Schaffer gab. Der Stadtwerkekonzern, zu dem die KVB gehört, hatte eine Rechtsanwaltskanzlei damit beauftragt, die Nutzung zu untersuchen. Die Untersuchung ergab, dass der Dienstwagen weitestgehend von seiner Frau und Frankfurt genutzt würde und für dienstliche Belange faktisch nicht zur Verfügung stünde. Der Stadtwerkekonzern signalisierte daraufhin, er würde einen Vertrauensentzug gegenüber Schaffer mittragen. Doch der Aufsichtsrat ordnete nochmals eine Untersuchung der Dienstwagennutzung unter der Federführung der Compliance-Beauftragten des Stadtwerkekonzerns an. Das Gutachten bescheinigte Schaffer, nicht gegen geltendes Vertragsrecht verstoßen zu haben. Jedoch blieb ein moralischer Makel zurück. Vor allem in der Belegschaft hatte der Finanzvorstand damit Kredit verspielt. Die KVB-Leitung entschied, ob er Causa Schaffer, die Verträge ihrer Vorstandsmitglieder „nachzubessern“.
Schaffer reagierte, indem er seinen Dienstwagen zurückgab und sich bei der Belegschaft für sein Verhalten entschuldigte: „Mir ist klar geworden, dass es in meiner persönlichen Situation viel konsequenter von mir gewesen wäre, wenn ich ganz einfach auf den Dienstwagen verzichtet hätte“, schrieb er in einer Erklärung. (ngo)