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OberbergWillibert Pauels über die Chancen, den Karneval auf seine Wurzeln zu führen

Lesezeit 3 Minuten

„Bei uns zu Hause wird gesungen und geschunkelt“, kündigt Willbert Pauels an, mahnt aber gleichzeitig, diejenigen nicht zu vergessen, denen es in der aktuellen Situation nicht so gut geht: „Die Solidarität ist eine der wichtigsten Kräfte, die es gibt.“

Wipperfürth – „Nix es esu schlääch, dat et et net irjendwie für jet joot es.“ Nichts ist so schlecht, das es nicht für irgendwas gut ist. Willibert Pauels, Büttenredner und Diakon aus Wipperfürth, sagt es im schönsten Platt und voller Überzeugung.

Der „Bergische Jung“, der viele Jahre lang mit 200 bis 300 Auftritten in der Session zwischen dem Elften im Elften und Rosenmontag die Säle und Festzelte zum Lachen brachte, glaubt gerade im Jahr des Coronakarnevals an das kölsche Sprichwort, für ihn ist es viel mehr als eine Durchhalteparole.

Engagement in den vergangenen Jahren heruntergefahren

Natürlich, die Situation sei für all die Kollegen, die verzweifelt um ihre Existenz kämpfen, weil Sitzungen und alle anderen Veranstaltungen ausfallen, sehr schlecht, ja: verheerend. „Damit verglichen geht es mir gut als Rentner.“ In den vergangenen beiden Jahren hat der Bergische Jung sein Engagement heruntergefahren auf rund 20 ausgewählte Auftritte. So erlebe er in diesem Jahr „kein schmerzhaftes Vakuum“, sagt er.

Naja, da ist die Knieoperation, an deren Folgen er seit acht Wochen laboriert, aber „Hauptsache kein Corona.“ Und dann der Karneval. Pauels sinniert: Ob bei der Mädchensitzung im leeren Gürzenich kostümierte Pappkameraden wie im Fußballstadion mit Tonaufnahmen von Alaaf und Gesang aus vergangenen Jahren unterlegt werden, um Stimmung zu simulieren? Das fände er „eigenartig“.

Auf die Perspektiven kommt es an

Dennoch: Nicht auf die Dinge, sondern auf die Perspektive komme es an, zitiert er einen griechischen Philosophen. Und so versucht er, der gegenwärtigen Situation etwas abzugewinnen. Ein Fünf-Minuten-Video für die Kölner Altstädter hat er aufgenommen, im heimischen Wohnzimmer statt in der Bütt und mit einem corona- kompatiblen Witz mit Klopapier in der Hauptrolle: „Lachen, auch über sich selbst lachen können, das ist das Gegenprogramm zu Diktaturen und Krisen.“

So hat er die Pappnas auch jetzt nicht ganz an den Nagel gehängt, lässt es sich nicht nehmen, mit Brings und Wolfgang Bosbach, Henriette Reker und Cat Ballou an einer digitalen Benefizaktion teilzunehmen zugunsten der Ärmsten im Karneval, die zur Zeit ganz große Probleme haben, wie zum Beispiel die Roadies. Ihn beeindruckt, wie aus der der schlimmen Situation positive Energien entstehen. „Die Solidarität ist eine der wichtigsten Kräfte, die es gibt.“

Jung, rank und schlank: Willibert Pauels anno 1993 bei der Prunksitzung der Narrenzunft Neye.

Damit ist er wieder bei der guten Seite, die alles Schlechte hat. Selbst die Coronasession. Hatte der Karneval nicht seinen Charme verloren, wenn er „ballermann-mäßig in gigantische Events ausartete?“ Ihm selbst haben die Pfarrsitzungen immer am besten gefallen, schwärmt Pauels, mit „der tollsten Stimmung, so echt, so authentisch, weil alles selbst gemacht ist. Der Mütterkaffee in Engelskirchen ist herrlicher als jeder professionelle Karneval in Köln!“

Könnte man nicht die Situation in diesem Jahr nutzen, um ähnlich wie zu Weihnachten auch im Karneval die Perspektive zu wechseln? Inne zu halten und sich demütig einzugestehen, dass wir nicht alles im Griff haben? Das heiße keineswegs, auf Karneval zu verzichten! „Nein!“, wehrt er heftig ab. Aber die Chance zu ergreifen: Zurück zu den Wurzeln! Für sich selbst zu feiern und Spaß zu haben, und mit den Liebsten.

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So wie er selbst: Am Rosenmontag wird bei Pauels im Wipperfürthers Dörfchen Hamböcken das Wohnzimmer mit Luftschlangen geschmückt, da läuft den ganzen Tag laute Karnevalsmusik im Radio, „es wird gesungen und geschunkelt!“ Wenn es nicht anders geht, nur mit seiner Frau. Wenn die Situation und die Vorschriften es erlauben, mit den Nachbarn in seinem „bergischen Bullerbü“.

Auch wenn Oberberg „ karnevalsmäßig kurz vor Sibirien liegt“ – der Blick von Willibert Pauels geht zum Rhein. Und dann singt der Bergische Jung ganz höösch für sich selbst: „Wir lassen uns den Karneval nicht verbieten ...“