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Historischer SiegEin Abend voller besonderer Geschichten für die Kölner Haie

Lesezeit 4 Minuten

Entscheidende Torschützen: Justin Schütz (vorne) wird nach seinem 3:2-Siegtreffer von Gregor MacLeod verfolgt, der mit seinem Tor zum 2:2 die Verlängerung erzwungen hatte.

Haie-Torjäger Justin Schütz beendete ausgerechnet mit dem Siegtreffer gegen den ERC Ingolstadt seine lange Durststrecke. Die am Ende entscheidende Geschichte war aber nur eine von vielen.

Justin Schütz platzte vor Stolz. Nicht etwa, weil er darauf angesprochen wurde, dass nach zwölf Spielen nun auch bei ihm so etwas wie ein Playoff-Bart zu erkennen war, sondern weil sich sein Knoten genau im richtigen Moment gelöst hatte. 69:04 Minuten waren gespielt, als der Stürmer der Kölner Haie das sechste Halbfinalspiel gegen den ERC Ingolstadt mit seinem ersten Playoff-Treffer dieser Saison zum 3:2 (1:2, 0:0, 1:0, 1:0) nach Verlängerung beendete und den Startschuss für eine ohrenbetäubende Party in der mit 18.600 Zuschauern ausverkauften Lanxess-Arena gab.

Der achtfache deutsche Eishockey-Meister gewann die „Best-of-Seven“-Serie gegen die favorisierten Schanzer mit 4:2 und steht erstmals seit 2014 wieder in einem Finale. Dort wartet ab Gründonnerstag mit den Eisbären Berlin nicht nur der Titelverteidiger, sondern auch das seit Jahren beste Eishockey-Team des Landes. „Ich habe Tränen in den Augen gehabt. Ich muss sagen, ich habe mir zu viel Druck gemacht und wollte es zu sehr in den letzten Spielen“, gab Justin Schütz nach dem erlösenden Siegtreffer Einblick in sein Leben als Torjäger.

Für mich war es dann ein Wahrscheinlichkeitsspiel. Wenn ich weiter so viel schieße, fällt irgendwann auch einer rein.
Justin Schütz, Haie-Siegtorschütze

36 Drittel und insgesamt 729:04 Minuten war er als bester Haie-Schütze der beiden vergangenen Jahre ohne Erfolgserlebnis geblieben. „Ich habe in zwei Saisons 50, 60 Tore geschossen. Wenn ich dann die Chancen habe und sie nicht reinmache, fange ich natürlich an, darüber nachzudenken. Das macht doch jeder“, sagte Schütz, der im Sommer bekanntlich zu Adler Mannheim wechseln wird. Der 24-Jährige hatte nach dem 0:3 in Spiel fünf in Ingolstadt das Gespräch mit seinen Trainern gesucht. „Die Gespräche waren sehr gut und haben mir etwas von dem Druck genommen. Ich bin extrem froh, dass es endlich geklappt hat und dass es ausgerechnet noch das Tor zum Finale war.“

Schütz hatte auch in Spiel sechs alles versucht, zwang Morgan Ellis beim wichtigen 1:2 von Moritz Müller in einen Zweikampf, der das Schlittschuh-Eigentor des ERC-Verteidigers entscheidend beeinflusste, und rieb sich in unzähligen Duellen auf. In der Verlängerung war der unbedingte Drang des Nationalspielers zu spüren, das Spiel entscheiden zu wollen. Er traf zunächst aber nur die Latte (66.) und musste sich von Athletiktrainer Arne Greskowiak aufbauen lassen.

„Ich rede viel mit Arne. Er hat auch mitbekommen, wie viel Druck ich mir mache und mir Methoden gezeigt, wie ich das verhindern kann. Nach dem Lattenschuss hat er gesagt: Denk daran. Alles gut. Der nächste ist es. Für mich war es dann ein Wahrscheinlichkeitsspiel. Wenn ich weiter so viel schieße, fällt irgendwann auch einer rein.“ Nach einem Müller-Pass war es soweit. Schütz tunnelte Panther-Goalie Christian Heljanko und hüpfte danach wie Rumpelstilzchen über das Eis, bis ihn seine Teamkameraden am anderen Ende des Spielfelds einfingen und in einer Jubeltraube verschwinden ließen.

Wir wollen den Cup nach Hause bringen.
Julius Hudacek, Haie-Torwart

Die besondere Geschichte von Justin Schütz passte zu diesem emotionalen und dramatischen Eishockey-Abend in der Kölner Arena. Sie war die am Ende entscheidende, aber doch nur eine von vielen. Eine andere erzählte vom aufopferungsvollen Kapitän Moritz Müller (siehe unten). Und dann gab es auch noch die vom überraschenden Comeback von Louis-Marc Aubry, der am Montag zwar unauffällig blieb, aber für die anstehende Finalserie gegen Berlin ein ganz wichtiger Faktor werden kann. Nicht zu vergessen ist Julius Hudacek. Der Haie-Goalie wehrte wieder 37 Ingolstädter Schüsse ab, war der Fels in der Brandung und wandte sich nach dem Spiel und seiner obligatorischen „Huda-Show“ mit emotionalen Worten an die Fans: „Ich war mit der slowakischen Nationalmannschaft einige Male in dieser Arena und habe nichts gewonnen. Ich habe mir immer gesagt, ich komme wieder und verspreche euch nun: Wir wollen den Cup nach Hause bringen.“

Dann war da noch Gregor MacLeod, bei dem eine seiner beiden Kufen im ersten Drittel den Geist aufgeben hatte. Es dauerte einige Minuten, bis Ersatz montiert war, mit dem der Kanadier in der 46. Minute nach 0:2-Rückstand den Ausgleich in einer Art und Weise erzielte und die Verlängerung gegen einen bärenstarken Gegner erzwang, als gäbe es nichts Leichteres in einem sechsten Playoff-Halbfinalspiel. Bleibt ein Wort zu Kari Jalonen, dem es nach dem 0:3 in Spiel fünf wieder einmal gelungen war, mit seinem Team eine Antwort zu finden und die kleinen Dinge besser zu machen. „Daran arbeiten wir die ganze Zeit und daran sind wir in den Playoffs weiter gewachsen. Der Glaube ans Gewinnen ist immer da, der Teamspirit und die Liebe um dieses Team herum sind unglaublich“, lobte der finnische Coach und gab die Parole für die nächste Serie an seine Spieler aus: „Bleibt hungrig!“