Köln – Das Lied vom Europapokal gehört seit einer gefühlten Ewigkeit zum festen Repertoire der Anhänger des 1. FC Köln. Auch am Samstag hallte der Gesang wieder einmal durch Müngersdorf, doch selten war der Moment passender als an diesem Abend. Der Gast hieß schließlich AC Mailand, und die Hauptstadt der Lombardei ist eines der Traumziele, von denen in dem Chanson geschwärmt wird. Das Testspiel gegen den italienischen Meister vor 48.200 Zuschauern im stimmungsvollen und nahezu ausverkauften Rhein-Energie-Stadion gab zumindest einen kleinen Vorgeschmack auf jene Magie, auf die sich der Fußball-Bundesligist im Falle der Qualifikation für die Gruppenphase der Conference League in der anstehenden Saison freuen darf. Auch das Sportliche stimmte. Die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart zeigte einen beherzten Auftritt, unterlag der abgezockten Rossoneri aber mit 1:2 (0:2) und kassierte damit im vierten Vorbereitungsspiel die erste Niederlage. „Wir haben das Spiel gemacht und können zufrieden sein“, befand FC-Torwart Marvin Schwäbe.
Die erst vor einer Woche ins Training eingestiegenen Mailänder waren mit einer B-Elf nach Köln gereist. Neben dem verletzten Superstar Zlatan Ibrahimovic waren mehrere Nationalspieler – unter anderem Linksverteidiger Theo Hernández und Techniker Rafael Leao – zu Hause geblieben. Dennoch war das in Müngersdorf vorspielende Ensemble noch immer mehr als 100 Millionen Euro wert. Baumgart bot wiederum eine Startelf auf, die in weiten Teilen so auch in zwei Wochen beim DFB-Pokalspiel in Regensburg aussehen dürfte.
Von den sechs Neuzugängen waren zwei von Beginn an dabei. Während Kristian Pedersen hinten links den Vorzug vor dem zuletzt verletzten Kapitän Jonas Hector erhielt, gab Sargis Adamyan im Angriff sein Debüt im FC-Trikot an der Seite von Anthony Modeste. Sturm-Sorgenkind Sebastian Andersson stand dagegen nicht mal im 24-Mann-Aufgebot. Ein deutlicher Fingerzeig, dass der Schwede in Baumgarts Planungen keine Rolle mehr spielt. Andersson muss sich mit einem Einsatz am Sonntag (15.30 Uhr) im zweiten Test des Wochenendes bei Regionalligist Kickers Offenbach begnügen.
Kopfballchancen für Anthony Modeste
Es ging gleich munter los. Der umtriebige Modeste verbuchte nach Vorlagen von Dejan Ljubicic und des ansonsten noch recht unauffälligen Adamyan direkt zu Beginn zwei Kopfballchancen (2., 4.). In der 13. Minute wurde der Torjäger im letzten Moment geblockt; die folgende Ecke köpfte Timo Hübers drüber. Auf der Gegenseite setzte Olivier Giroud aus der Distanz ein erstes Warnzeichen (3.). Köln hatte in der Anfangsphase mehr vom Spiel, in Führung ging aber der AC. Nach einem Ballverlust von Ellyes Skhiri am Mailänder Strafraum gegen den ehemaligen Frankfurter Bundesliga-Star Ante Rebic schalteten die Italiener blitzschnell um. Am Ende des Lehrbuchs-Konters legte Rebic mit der Hacke quer zum freistehenden Giroud, der die Kugel über den niederknieenden Schwäbe lupfte (16.). Das Publikum quittierte das Kabinettstückchen mit einem lauten Raunen.
Es blieb nicht die einzige Szene, in der die Geißböcke vor der Pause Anfälligkeiten in der Absicherung nach hinten offenbarten. Ein weiterer Mailänder Konter ließ die zu naiven Gastgeber in der 36. Minute denn auch mit 0:2 ins Hintertreffen geraten. Und erneut bewies Giroud ein ganz feines Füßchen. Diesmal zauberte der französische Weltmeister den Ball vom rechten Strafraumreck ins lange Eck. Jeff Chabot hatte keinen Druck auf den Doppeltorschützen bekommen. Zwischen beiden Treffern hatte Ljubicic nach einem Kopftreffer benommen aufgeben müssen (28.). Der nicht in den Griff zu bekommende Giroud vergab noch vor dem Seitenwechsel das mögliche 0:3. Schwäbe war mit den Fäusten zur Stelle (39.). Doch das wäre auch des Guten zu viel gewesen.
Kurz nach Wiederbeginn hätte neue Spannung aufkommen können. Nach einem missglückten Rückpass von Pierre Kalulu steuerte der eingewechselte Tim Lemperle über die linke Seite in den Strafraum. Mailands Innenverteidiger setzte zu einer Grätsche an; Lemperle, der den Ball nicht auf das Gehäuse bekam, forderte Elfmeter. Doch die Pfeife von Sascha Stegemann blieb stumm. Fortan plätscherte die Parte längere Zeit vor sich hin. Die Italiener taten nur noch das Nötigste und begannen nach einer Stunde mit der großen Wechselei. Baumgart schickte rund zehn Minuten später sechs frische Spieler aufs Feld; unter anderem Jonas Hector, der nach auskurierter Muskelverletzung sein Comeback feierte. Der FC mühte sich um den Anschluss, den Mark Uth per Direktabnahme noch verpasste (71.). Vier Minuten vor Schluss gelang dann doch noch das verdiente 1:2. Linton Maina schlug einen Eckball an den Fünfmeterraum. Bright Arrey-Mbi schraubte sich hoch und köpfte auf das Quergestänge. Den Abpraller nahm Hector aus der Drehung, U21-Stürmer Florian Dietz streichelte die Kugel mit dem Kopf ins Netz. Doch die Siegertrophäe des „Telekom Cups“ stemmten die Italiener unter lila-weißem Lametta-Regen in den Kölner Abendhimmel.
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Rund um das mit einjährigem Vorlauf geplante „Innovation Game“ von FC-Technologiepartner Telekom waren 20 Neuerungen getestet worden, die das Fußball-Erlebnis in Zukunft bereichern könnten. Timo Hübers, Tim Lemperle sowie Schiedsrichter Sascha Stegemann trugen eine Bodycam, die die den Zuschauern neue Blickwinkel eröffneten. Mark Uth war verkabelt, um während der Partie Stimmen des Kölner Offensivspielers einzufangen. Abseits des Rasens wurde im Stadionumlauf eine Technologie zur Steuerung des Besucherstroms an den Verkaufsständen ausprobiert.
1. FC Köln: Schwäbe; Schmitz (46. Ehizibue), Hübers (61. Kilian), Chabot (72. Arrey-Mbi), Petersen (72. Hector); Skhiri (72. Martel); Ljubicic (28. Schinder, 72. Thielmann), Uth (72. Olesen), Kainz (72. Maina); Adamyan (46. Lemperle), Modeste (78. Dietz). – Startelf AC Mailand: Tatarusanu; Florenzi, Kalulu, Gabbia, Ballo-Touré; Bakayoko, Pobega; Messias, Diaz, Rebic; Giroud. - SR.: Sascha Stegemann (Niederkassel). – Zuschauer: 48.200. – Tore: 0:1, 0:2 Giroud (16., 36.), 1:2 Dietz (86.).