Augsburg/Köln – Als der 1. FC Köln kurz vor Saisonbeginn Ondrej Duda als Neuverpflichtung vorstellte, brauchte es ein gewisses Maß an Vorstellungskraft. Immerhin war der etwas schüchtern wirkende Slowake trotz höchster Veranlagung bei Hertha BSC Berlin gescheitert und fand auch als Leihspieler bei Norwich City nicht in die Spur zurück. Dann kostete der 26-Jährige den finanziell nicht gerade auf Rosen gebetteten FC auch noch sieben Millionen Euro. Kritiker hoben den Finger und mahnten an, dass Duda nur den Weg nach Köln gefunden habe, damit der FC Jhon Cordoba für viel Geld zur Hertha abgegeben konnte. Sozusagen ein Verrechnungsdeal, bei dem die Kölner mit Sportchef Horst Heldt an der Spitze auf ihrer Suche nach einem Ersatz für Mark Uth unter dem Motto „friss oder stirb“ gar nicht anders konnten, als Duda zu nehmen.
Spätestens seit dem 3:2-Sieg der Geißböcke in Augsburg und dem nächsten Lebenszeichen im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga ist klar, dass sich der Deal für Heldt und seine Geißböcke auf dem Rasen rechnet. Ondrej Duda erzielte mit seiner überbordenden Eleganz nicht nur zwei wunderbare Tore und war an der Entstehung des 2:0 von Florian Kainz entscheidend beteiligt, er fügte seiner fußballerischen Klasse auch den nötigen Kampfgeist hinzu. 13,1 Kilometer spulte Duda am Freitag ab. Mehr als jeder andere Spieler. Sogar mehr als Teamkollege Ellyes Skhiri, der laufstärkster Spieler der Liga ist. Beim FC liegt Duda als offensiver Mittelfeldspieler in den Disziplinen Laufdistanz und gewonnene Zweikämpfe in der Saisonbilanz jeweils auf Platz zwei hinter Sechser Skhiri.
Kommentar – Gute Physis und ein besseres Gefühl
Martin Sauerborn zum Trainereffekt beim 1. FC Köln Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn ein Trainerwechsel den gewünschten Effekt erzielt. Zum einen, weil sich die Hoffnungen auf Besserung erfüllen. Zum anderen, weil sich zeigt, dass eine Mannschaft über die nötigen Qualitäten verfügt, um wie der 1. FC Köln im sich zuspitzenden Kampf um den Klassenerhalt bestehen zu können. Funkel hat eine physisch intakte Mannschaft von seinem Vorgänger übernommen. Der 67-Jährige betont dies bei jeder Gelegenheit und ungefragt.
Ein dickes Lob also für Markus Gisdol, der seinem Nachfolger auch in puncto Ruhe, Gelassenheit und Erfahrung nahezu auf Augenhöhe begegnen könnte. In Funkels Lob steckt aber auch ein unausgesprochener Tadel. Gisdol ist es offenbar nur in ausgesuchten Partien gelungen, seiner Mannschaft genug Selbstvertrauen und Glauben mit auf den Weg zu geben, um sich für die harte Arbeit auch mit Punkten zu belohnen. Mal abgesehen von den personellen Schwierigkeiten, die Gisdol verfolgt haben, muss der entscheidende Unterschied zwischen ihm und Funkel auf mentaler Ebene liegen.
Wo Gisdol manchmal zu stur und ängstlich war, ist Funkel locker und mutig. Der Routinier hat nichts zu verlieren und muss auch nichts gewinnen. Diese Art von Unabhängigkeit spürt eine Mannschaft sehr schnell. Sie setzt das wohltuende Gefühl in Energien um, weil es nur etwas mit dem 1. FC Köln und seinen Zielen zu tun hat. Energien, die zusammen mit dem nötigen Spielglück und der Rückkehr von Stammkräften wie Hector, Kainz und Andersson, dazu geführt haben, dass der FC weiter lebt. Und mit dem einen entscheidenden Prozent an Glauben mehr, Funkels heikle Rettungsmission erfolgreich ins Ziel führen können.
Die Mischung macht den Slowaken aus: Mit sieben Saisontoren und sechs Vorlagen ist der Slowake bester Scorer seines Teams, mit sechs Gelben und einer Gelb-roten Karte aber auch der am häufigsten verwarnte Akteur. So gehörte zu Dudas Gala in Augsburg neben seinem Traumtor zum 1:0 die Art und Weise, wie er gemeinsam mit Marius Wolf nach dem 2:3-Anschlusstreffer der Gastgeber und Skhiris großartiger Kopfball-Rettungstat mit gewonnenen Zweikämpfen und Ruhe am Ball das wilde FC-Spiel wieder beruhigte. So geriet der lebensnotwendige Dreier in der Schlussviertelstunde nicht mehr wirklich in Gefahr.
Dudas Auftritt lieferte zudem Rückschlüsse, wie sich das Spiel der Kölner mit der Rückkehr von Kapitän Jonas Hector und Torjäger Sebastian Andersson unter dem neuen Trainer Friedhelm Funkel verändert hat. Unter Funkel-Vorgänger Markus Gisdol musste sich Duda in Abwesenheit von Hector und Andersson oft als „Falsche Neun“ aufreiben, weite Wege gehen und sich am besten noch selbst den Ball zuspielen, um Torgefahr zu generieren. Eine Aufgabe, die manchmal wie beim 2:1 in Dortmund funktionierte, meistens aber die effektive Eleganz des Slowaken verschenkte. Mit Hector neben sich und Andersson ganz vorne hat Duda das Spiel vor sich und es so besser im Blick. Er kann aus dem Rückraum agieren wie bei seinen beiden Treffern in Augsburg oder der Vorarbeit für Hectors Siegtreffer gegen Leipzig.
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Als wäre seine Leistung auf dem Platz nicht schon grandios genug gewesen, lieferte Duda auch nach dem Spiel zünftig ab. „Ich würde sagen, der Spielverlauf war typisch für uns. Ich bin glücklich über den Sieg, aber wir sind noch lange nicht durch. Wir stehen nicht im Mittelfeld der Tabelle, wir sind nicht gesichert. Ich bin glücklich über die erste Halbzeit, das war unglaublich. Wir haben guten Fußball gespielt. Aber wir müssen aus der zweiten Halbzeit lernen. Es kann nicht sein, dass es dann nach 65 Minuten 2:3 steht“, sagte Duda.
Eine Warnung, die auch Friedhelm Funkel mit auf den Weg in die 16-tägige Pause bis zum nächsten Spiel gegen den SC Freiburg mitnahm. „Wir haben eine richtig geile Truppe und wir haben fantastische Tore geschossen“, lobte der Trainer sein Team für die erste Hälfte. Nach dem Wechsel sah Funkel aber Dinge, die ihm nicht gefallen haben dürften und über die er im ersten Moment nur aufgrund des Sieges hinwegsah: „Wir haben uns zu weit zurückgezogen und uns das Selbstbewusstsein nehmen lassen. Das werden wir kritisch analysieren und mit dem Team drüber sprechen.“ Im Vordergrund standen aber die drei wichtigen Punkte, die beim Blick auf die Tabelle die Hoffnungen auf den Klassenerhalt schürten. „Köln lebt“, sagte Florian Kainz stellvertretend für alle vor den letzten drei Spieltagen.