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Derbysieg in GladbachDer 1. FC Köln setzt sich die Krone auf

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Die Kölner Mannschaft feiert den Sieg.

Mönchengladbach – Demonstration der Macht im Rheinland: Der 1. FC Köln hat sich am Samstagabend in beeindruckender Manier die Derbykrone in der Bundesliga-Saison 2021/22 aufgesetzt und den Erzrivalen Borussia Mönchengladbach nach dem 4:1-Heimsieg im Hinspiel auch im Rückspiel mit einem hochverdienten 3:1 (0:0) im ausverkauften Borussia-Park die Grenzen aufgezeigt. Weil die Geißböcke auch gegen Bayer 04 Leverkusen bei einem Remis und einem Sieg ungeschlagen blieben, wiederholten sie das Kunststück aus der Saison 1989/90, als sie unter Trainer Christoph Daum ebenfalls drei Siege und ein Unentschieden in den vier Derby einer Saison einfuhren. In den historischen Rahmen des Abends passte, dass der FC zum ersten Mal seit 30 Jahren wieder drei Derbys in Folge gegen Gladbach gewinnen konnte. „Wir waren die ganze Woche heiß und haben uns alle riesig auf das Spiel gefreut“, sagte Florian Kainz, der ein Tor erzielte und die beiden anderen Treffer von Anthony Modeste und Dejan Ljubicic vorbereitete.

Zwei Jahre, einen Monat und fünf Tage nach dem ersten Geisterspiel der Bundesliga-Historie am 11. März 2020 ging das Derby im Borussia-Park erstmals seit August 2017 wieder vor ausverkauften Rängen über die Bühne. Alle Befürchtungen, es könnte zu Krawallen kommen, bewahrheiteten sich nicht. Im Stadion blieb es friedlich, die rivalisierenden Fan-Lager sorgten an diesem wunderbaren Aprilabend vielmehr für eine großartige Atmosphäre

Beste Besetzung am Start

FC-Trainer Steffen Baumgart hatte bis auf Stürmer Sebastian Andersson (krank) seit langem mal wieder seine beste Besetzung am Start. Der 50-Jährige änderte auch deshalb im Vergleich zum 3:2-Comebacksieg gegen Mainz 05 seine Anfangsformation auf drei Positionen. Mittelfeldmotor Salih Özcan (Corona-Infektion) kehrte ebenso in die erste Elf zurück wie Innenverteidiger Timo Hübers (Gelbsperre). Zudem ersetzte Mainz-Torschütze Dejan Ljubicic Ondrej Duda im rechten offensiven Mittelfeld. Der Slowake musste wie Jeff Chabot und Jannes Horn wieder auf der Bank Platz nehmen.

Die Kölner sahen sich zunächst dem Druck ihrer Gastgeber ausgesetzt, verteidigten die Borussia-Angriff aber in aller Seelenruhe mit gutem Stellungsspiel und gewonnenen Zweikämpfen in den wichtigen Momenten. Die Anfangsoffensive der Fohlen dauerte keine fünf Minuten, dann setzte der FC das erste Ausrufezeichen. Kapitän Jonas Hector setzte Mark Uth mit einem genialen 40-Meter-Pass aus der eigenen Hälfte in Szene. Uth nahm Florian Kainz auf links mit und dessen flache Hereingabe verwertete Anthony Modeste aus sieben Metern direkt mit links ins rechte untere Eck. Nach sechs Spielen ohne Treffer schraubte der Franzose sein Tor-Konto in der Saison 2021/22 damit auf 16.

„Wir wollen Euch kämpfen sehen“

Der Treffer entfaltete sofort seine Wirkung. Während die Brust der ohnehin selbstbewussten Kölner weiter anschwoll, machte sich bei den Gladbachern zunehmend Verunsicherung breit. Uth (10./17.), Kainz (17.) und Ljubicic (19.) hätten aus den vielen perfekten Umschaltmomenten heraus schon erhöhen können. In der 20. Minute war es dann soweit. Kainz eroberte im Mittelfeld den Ball gegen zögerliche Borussen. Über Derby-Spezialist Özcan, der auch in seinem fünften Karriere-Duell mit Gladbach als Sieger das Feld verließ, Ljubicic und Uth kam der Ball wie am Schnürchen zurück zu Kainz, der im Rücken der Abwehr aus fünf Metern sein viertes Saisontor erzielte.

Die Gladbacher Fans waren geschockt, empört und intonierten „wir wollen Euch kämpfen sehen“. Nachdem Jonas Hofmann tatsächlich eine sehr gute Chance für die Borussia vergab (28.), brachte der FC die heimischen Anhängern aber sogar komplett zum Schweigen. Der bärenstarke Kainz kam an der Mittellinie vor Matthias Ginter an den Ball und fand Mark Uth. Der Kölner Spielmacher entdeckte auf rechts den völlig freien Ljubicic. Der Österreicher blieb cool und erzielte wie beim 4:1 im Hinspiel sein Derbytor (34.). Der Treffer hielt auch der Video-Kontrolle durch Schiedsrichter Deniz Aytekin stand, der ein mögliches Foul von Kainz an Ginter überprüfte. Der FC führte zur Pause 3:0. Das war nach einer brillanten ersten Hälfte gegen hilf- und wehrlose Gladbacher nicht nur hochverdient sondern auch der höchste Halbzeitvorsprung einer Kölner Mannschaft in 47 Bundesliga-Auswärtsspielen beim Erzrivalen.

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Ein Vorsprung, den die Geißböcke nach dem Wechsel nur verwalten mussten. Borussia-Coach Adi Hütter wechselte zur Pause zwar doppelt, seine Mannschaft blieb aber harmlos und spielte zur tiefen Enttäuschung ihrer Anhänger weitgehend leidenschaftslos. Die einzig gute Chance hatte wieder Hofmann. Legte er vor der Pause den Ball von rechts knapp links vorbei, wiederholte er das Kunststück nach genau einer Stunde und zielte von links aus kurzer Distanz etwas zu weit nach rechts. Ansonsten hatte das Team von Steffen Baumgart wenig Mühe. Die Kölner hätten durch Modestes Volleyabnahme (67.) und Skhiri (77.) erhöhen können und agierten trotz des 1:3 von Breel Embolo (85.) und Tim Lemperles vergebener Groß-Doppelchance (90.+3) bis zum Schlusspfiff im Stil eines etablierten Bundesliga-Spitzenteams. Passend zu den von Baumgart am Donnerstag ausgerufenen Europapokal-Ambitionen, denn mit dem Derbysieg sprang der FC mit nun schon 46 Punkten über Nacht auf Platz sechs. Während die Gladbacher ihre Lieblinge mit einem gellenden Pfeifkonzert in die Kabine schickten, feierte die FC-Fans ihre Mannschaft in der Südkurve als „Derbysieger“, skandierten „die Nummer eins am Rhein sind wir“ und stimmten das kölsche Europapokal-Lied „Eines Tages wird es geschehen“ an. „Wir werden angreifen. Wir haben uns ein neues Ziel gesetzt und haben im Derby heute den ersten Schritt gemacht“, erklärte Florian Kainz. Sein Trainer ließ sich nach der Mannschaft noch einmal allein von den FC-Fans feiern und genoss den Augenblick, beide Derbys in einer Saison gewonnen zu haben: „Im Moment ist es in Köln schön, in die Kurve zu gehen. Wir haben jetzt ein neues Ziel und noch vier schwere Spiele. Es gilt jetzt, immer wieder neu und intensiv an diesem Ziel zu arbeiten.“