Mönchengladbach – Der 1. FC Köln hat seine Fans in dieser Woche so verärgert und gereizt, dass es eigentlich nur noch einen Ausweg gab. Die Geißböcke konnten sich allein mit einem Sieg im Derby beim ewigen Erzrivalen Borussia Mönchengladbach für das Pokal-Aus in Regensburg und das „Spacken-Video“ entschuldigen. Und die Mannschaft von Trainer Markus Gisdol schaffte das Unmögliche und versöhnte sich mit ihren Anhängern am Samstagabend durch einen verdienten 2:1 (1:1)-Erfolg im Borussia-Park auf die schönste und wohltuendste aller Arten.
Zum Helden avancierte Elvis Rexhbecaj, der beide Kölner Tore erzielte und dafür nach 95 langen Minuten an der Eckfahne mit seinen überglücklichen Teamkameraden laut brüllend den Derbysieg feierte. „Diese Antwort, auf das was vorher passiert ist, ist aller Ehren wert. Dieser Derbysieg tut ganz Köln gut“, freute sich FC-Kapitän Timo Horn über den Dreier, der auch im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga Gold wert ist.
Die Aufregung um das Mannschaftsbus-Video wirkte sich von Beginn positiv auf die Leistung der Kölner aus. Wie ein „Hallo-Wach“, denn die FC-Profis gingen das Derby konzentriert und diszipliniert an. Trainer Markus Gisdol musste neben den weiter angeschlagenen Sebastiaan Bornauw, Jonas Hector auch Marius Wolf ersetzen. Für die BVB-Leihgabe rückte Kingsley Ehizibue in die Startelf und leitete gleich mal die Führung ein. Seinen präzisen Pass in die Tiefe leitete Salih Özcan auf Ondrej Duda weiter. Der Slowake sah den durchstartenden Elvis Rexhbecaj und schickte ihn traumhaft durch die Gasse in den Gladbacher Strafraum Ein Haken, ein von Stefan Lainer leicht abgefälschter Schuss und die Geißböcke hatten einen perfekten Start hingelegt (3.). Wer noch nach einer offensiven Spielidee beim FC fahndet, sollte sich dieses Tor mal in Dauerschleife anschauen.
Meré organisiert die Dreierkette
Die 2021 noch ungeschlagenen Gladbacher waren beeindruckt und ließen erst einmal ihre Pressing-Flügel hängen. Der FC kombinierte ein paar Mal ansehnlich durch die eigenen Reihen und stand sicher in der Defensive. Gisdol hatte Jorge Meré in die Dreierkette mit Youngster Sava Cestic rechts und Rafael Czichos links beordert. Eine gute Entscheidung, denn der Spanier organisierte gut und benutzte seine feine Technik und Passsicherheit für die Spieleröffnung.
Einmal allerdings und dann entscheidet begab sich der 23-Jährige ins Unglück. Borussia-Kapitän Lars Stindl durfte ungehindert vor dem Strafraum Florian Neuhaus anspielen. Der Jung-Nationalspieler zog ab und traf das Bein von Salih Özcan. Von dort tunnelte der Ball Ellyes Skhiri, sprang gegen Meré Fuß und schließlich zum 1:1 an FC-Keeper Timo Horn vorbei ins Netz (16.). Ein maximal unglücklicher Treffer, ohne den die durchweg aufmerksamen Kölner ein 1:0 mit in die Pause genommen hätten. Eine weitere Torchance für den Champions League-Teilnehmer erlaubte die Gisdol-Elf nämlich nicht. Allerdings blieb es auch in der FC-Offensive bei Ansätzen durch Ismail Jakobs (31.) oder Ehizibue (37.).
Das Spiel veränderte sich auch mit dem einsetzenden Eisregen nicht. Der FC stand mit Meré, dem jungen Sava Cestic und Rafael Czichos ganz sicher und hatte in Elvis Rexhbecaj den Mann des Abends in seinen Reihen. Die Leihgabe aus Wolfsburg hatte neben seinem 1:0 bis zur Pause 100 Prozent seiner Zweikämpfe gewonnen und trotzdem immer wieder die Kraft für lange Wege. Wie vor dem 2:1, als Ismail Jakobs nach einem weiten Abschlag von Timo Horn den gerade eingewechselten Christoph Kramer unter Druck setzte. Der Weltmeister passte in seiner Not zu Stefan Lainer, der den Ball in Rexhbecajs Beine spielte.
Rexhbecaj macht sich unsterblich
King Elvis erkannte seine Chance und tunnelte Borussen-Keeper Yann Sommer ganz frech aus spitzen Winkel (55.). Es war Rexhbecajs erster Doppelpack im 60. Bundesligaspiel und einer, mit dem er sich in Köln unsterblich gemacht hat. Mit fünf Toren ist er außerdem aktuell bester FC-Torschütze dieser Saison. „Wichtig sind die drei Punkte. Wir wollten kompakt stehen und Wiedergutmachung für das Pokal-Aus betreiben“, gab sich der Matchwinner bescheiden.
Für den Derbysieg brauchte es auch mehr als nur einen überragenden Elvis Rexhbecaj, nämlich eine ganze Mannschaft die funktioniert. Die Kölner blieben auf ihrer disziplinierten Linie und leisteten sich wie schon in Dortmund (2:1) und Leipzig (0:0) keine Schwankungen gegen einen favorisierten Champions League-Starter. Zwar warf Mönchengladbachs Trainer Marco Rose angesichts des drohenden Rückschlag im Kampf um die vorderen Tabellenplätze und der ersten Niederlage des Jahres in der zweiten Hälfte mit Alassane Plea, Marcus Thuram, Jonas Hofmann und Rami Bensebaini seine erste Garde aufs Feld, doch außer einer Chance für Lars Stindl (78.) erlaubte der fehlerlose FC nichts. Auf der anderen Seite hätte Ondrej Duda sogar auf 3:1 stellen können, scheiterte aber an Sommer (61.).
Am Ende war es egal, denn nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Christian Dingert brachen beim FC nach einer schlimmen Woche für den Club alle Dämme. Bevor es zur Eckfahne ging, tanzten die Kölner im Kreis. Szenen und ein Sieg, die die FC-Fans die Bilder und Töne vom Video aus dem Mannschaftsbus vergessen lassen sollten. Trainer Markus Gisdol hat jedenfalls schon seinen Frieden mit dem FC gemacht und gestand dem Club seine Liebe: „Dieser Club ist verrückt, aber ich liebe ihn.“
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M`gladbach: Sommer; Lainer, Ginter, Jantschke, Wendt (72. Bensebaini); Zakaria (47. Kramer), Neuhaus; Herrmann (58. Hofmann), Stindl, Wolf (58. Thuram); Embolo (58. Plea). – 1. FC Köln: T. Horn; Cestic, Meré, Czichos; Ehizibue (82. Schmitz), Jakobs (90.+3 Arokodare); Skhiri, Rexhbecaj; Özcan, Duda (90.+3 J. Horn); Dennis (58. Thielmann). – SR.: Dingert (Gries). – Tore: 0:1 Rexhbecaj (3.), Neuhaus (16.), 1:2 Rexhbecaj (55.). – Gelbe Karten: Stindl, Herrmann, Jantschke, Neuhaus; Rexhbecaj, Ehizibue.